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»Hmm, ich verstehe«, sagte Carmody. (Mehr als drei Minuten konnten bestimmt nicht mehr übrig sein!) »Warum werden Sie kein Eroberer?«

»Es besteht keine Notwendigkeit für mich, etwas zu erobern, das ich bereits besitze«, meinte Melichrone. »Und andere Welten, nach denen habe ich nun wirklich kein besonderes Verlangen. Meine besonderen Qualitäten sind ja milieuabhängig, und mein angestammtes Milieu besteht aus diesem Planeten hier. Der Besitz anderer Welten würde mich nur zu meinem Wesen völlig fremden, unnatürlichen Handlungen treiben. Und mal ganz abgesehen davon - was hätte ich schon von irgendwelchen anderen Welten, wenn ich schon mit meiner eigenen nichts anzufangen weiß.«

»Ich sehe, daß Sie sich mit der Sache wirklich sehr intensiv auseinandergesetzt haben«, sagte Carmody, dessen Verzweiflung langsam in Hoffnungslosigkeit überging.

»Natürlich habe ich das. Ich habe einige Millionen Jahre lang an kaum etwas anderes gedacht. Ich habe nach einem Sinn meiner Existenz gesucht, der zugleich außerhalb derselben begründet und doch essentiel mit ihr verbunden ist. Ich suchte überall nach einer Handlungsanweisung, meiner ureigenen kosmischen Direktive, aber ich fand nur immer wieder mich selbst.«

Carmody hätte echtes Mitgefühl für den Gott Melichrone empfunden, wenn seine eigene Lage nicht so verzweifelt gewesen wäre, daß ihm für solche Gefühle nicht mehr viel Leidensfähigkeit übrig blieb. Was er tatsächlich empfand, war ziemliche Verwirrung. Er spürte, wie die Zeit ihm zwischen den Fingern zerrann, und seine Ängste mischten sich auf absurde Weise mit seinem Gefühl für die Leiden dieses unerfüllten Gottes.

Dann hatte er eine Inspiration. Sie war einfach, folgerichtig und löste beide Probleme, sein eigenes und das von Melichrone - was ein glaubwürdiges Zeichen für eine wirklich gute Inspiration ist. Ob Melichrone sie akzeptieren würde, stand auf einem anderen Blatt. Aber mehr als versuchen, konnte Carmody es nicht.

»Melichrone«, ließ er kühn vernehmen, »ich habe die Lösung für dein Problem gefunden.«

»Oh, haben Sie wirklich?« fragte Melichrone gespannt. »Ich meine wirklich wirklich. Also, ich meine, Sie sagen das jetzt nicht nur, weil Sie in siebenunddreißig Sekunden von Ihrem Schicksal ereilt werden, wenn Sie mein Problem nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst haben? Diese Aussicht hat Sie doch nicht etwa zu leichtfertigen Schlußfolgerungen verführt?«

»Ich habe dem mir drohenden Schicksal nur erlaubt«, verkündete Carmody majestätisch, »mich soweit zu beeinflussen, wie ein solcher Einfluß der Lösung Ihres Problemes forderlich ist.«

»Ach so, das ist in Ordnung. Dann schnell, erzählen Sie es mir, ich bin so aufgeregt.«

»Das würde ich gern tun«, sagte Carmody, »aber ich kann nicht - es ist mir einfach physikalisch unmöglich alles zu erzählen - wenn Sie mich in siebzig oder sechzig Sekunden umbringen.«

»Ich? Ich habe doch nicht vor, Sie umzubringen! Gütiger Himmel, halten Sie mich wirklich für so blutrünstig? Nein, Ihr Tod ist ein äußeres Ereignis, ganz ohne jeden Bezug zu meiner Person. Bei dieser Gelegenheit, Sie haben nur noch zwölf Sekunden.«

»Das reicht nicht«, stöhnte Carmody.

»Natürlich reicht das! Das hier ist meine Welt, wissen Sie, und ich kontrolliere alles in dieser Welt einschließlich der Dauer der Zeit. Ich habe gerade das örtliche Raum-Zeit-Kontinuum im Zehn-Sekunden-Bereich geändert. Für einen Gott ist das keine schwierige Sache, auch wenn man nachher eine Menge saubermachen muß. Dementsprechend dauern Ihre zehn Sekunden jetzt etwa 25 Jahre meiner örtlichen Zeit. Reicht das?«

»Das ist mehr als ausreichend«, versicherte Carmody. »Und es ist sehr nett von Ihnen.«

»Keine Ursache«, wehrte Melichrone ab. »Aber jetzt lassen Sie mich bitte Ihre Lösung hören.«

»Tja«, sagte Carmody und atmete tief durch, »die Lösung Ihres Problems ergibt sich zwangsläufig aus der Betrachtungsweise, mit der Sie an Ihr Problem herangehen. Sie ist der Betrachtungsweise sozusagen immanent. Anders kann es gar nicht sein. Jedes Problem trägt in sich selbst immer auch den Samen seiner Lösung.«

»Trägt es?« erkundigte Melichrone sich interessiert.

»Es trägt«, verkündete Carmody fest.

»In Ordnung. Für den Augenblick will ich das als Prämisse akzeptieren. Nur weiter!«

»Betrachten Sie also Ihre Situation«, sagte Carmody. »Betrachten Sie die internen und die externen Aspekte dieser Situation. Sie sind der Gott dieses Planeten; aber nur dieses Planeten. Sie sind allwissend und allmächtig, aber nur hier. Sie haben beeindruckende intellektuelle Möglichkeiten, und Sie fühlen sich berufen, einer Sache zu dienen, die außerhalb Ihrer selbst liegt, einer externen Aufgabe. Aber Ihre großen Talente wären an jedem anderen Ort verschwendet, weil sie nur hier richtig zum Tragen kommen, und hier sind nur Sie.«

»Ja, ja, genau das ist meine Situation!« schrie Melichrone. »Aber Sie haben mir noch immer nicht gesagt, was ich tun kann, um sie zu ändern!«

Carmody holte tief Luft und atmete langsam aus. »Was Sie tun müssen«, verkündete er, »ist, all Ihre großartigen Gaben zu nutzen, und zwar hier auf Ihrem eigenen Planeten, wo diese Gaben den größten Effekt erzielen können; und Sie müssen diese Gaben für den Dienst an einem anderen nutzen, denn genau dies ist Ihr tiefstes Verlangen.«

»Im Dienst eines anderen?« fragte Melichrone.

»So sieht es aus«, erklärte Carmody. »Selbst die oberflächlichste Betrachtung Ihres Problems deutet schon in diese Richtung. Sie sind allein in einem multiplexen Universum, aber um eine äußere Tat zu vollbringen muß es eine Außenwelt geben, während Sie hier nur Innenwelt haben. Ihr ureigenstes Wesen hindert Sie daran, die Außenwelt aufzusuchen. Deshalb muß die Außenwelt zu Ihnen kommen. Wenn sie kommt, die Außenwelt, welche Beziehung kann sich dann nur zwischen Ihnen und der Außenwelt entwickeln? Das ist völlig klar. Da Sie auf Ihrer eigenen Welt allmächtig sind, kann man Ihnen nicht helfen oder Sie unterstützen, aber Sie können anderen helfen und sie unterstützen. Das ist die einzige natürliche sinnvolle Beziehung zwischen Ihnen und dem Rest des Universums.«

Melichrone dachte darüber nach und meinte dann: »Ihr Vorschlag ist beachtlich. Er ist überzeugend, das muß ich zugeben. Aber es gibt doch einige Schwierigkeiten. Zum Beispiel kommt die Außenwelt sehr selten bei mir vorbei. Sie sind der erste Besucher, den ich seit zweieinhalb galaktischen Revolutionen habe.«

»Es ist eine Arbeit, die Geduld verlangt«, räumte Carmody ein. »Aber Geduld ist etwas wirklich erstrebenswertes. Zudem dürfte sie Ihnen leicht fallen, da Sie die Zeit manipulieren können. Und was die Zahl der Besucher angeht - zu allererst muß gesagt werden, daß Quantität keinen Einfluß auf Qualität hat. Es liegt kein besonderer Wert in der großen Zahl allein. Ein Mann oder ein Gott macht seine Arbeit, das ist alles, was zählt.

Ob diese Arbeit nun ein oder eine Million Transaktionen verlangt, macht keinen Unterschied.«

»Aber ich bin doch genau so schlecht daran, wie vorher, wenn ich eine Arbeit habe, aber niemanden für den ich sie tun kann.«

»Mit aller Bescheidenheit möchte ich doch darauf hinweisen«, sagte Carmody, »daß Sie mich haben. Ich bin aus der Außenwelt zu Ihnen gekommen. Ich habe ein Problem; nein, ich habe sogar mehrere Probleme. Für mich sind diese Probleme unlösbar. Für Sie - nun, ich weiß nicht. Aber ich vermute, daß es eine Aufgabe ist, die Ihren überragenden Fähigkeiten das Äußerste abverlangen wird.«

Melichrone dachte sehr lange still darüber nach. Carmody s Nase begann zu jucken, aber er widerstand dem quälenden Verlangen, daran zu kratzen. Er wartete, und der ganze Planet wartete mit ihm, während Melichrone sich die Sache durch den Kopf gehen ließ.