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Die Erde war der erste Testfall für meine neue Verkaufsstrategie, und deshalb werde ich mich immer an sie erinnern.

Ein großer, bärtiger Alter mit stechenden Augen war zu mir gekommen und hatte einen Planeten bestellt. (So fing das mit Ihrem Planeten an, Carmody.) Na, ich habe schnelle Arbeit geliefert, sechs Tage brauchte ich nur, glaube ich. Ich dachte, damit wäre die Sache erledigt gewesen. Es war wieder einer von diesen Budget-Planeten, und ich hatte hier und da etwas abzwacken müssen, um mit den Mitteln hinzukommen. Aber wenn man sich danach den Besitzer angehört hat, hätte man meinen können, ich hätte ihm die Haare vom Kopf geklaut.

»Warum gibt es da so viele Tornados?« wollte er wissen. »Das ist ein Teil des Atmosphären Zirkulations-Systems«, erklärte ich. (Tatsächlich war ich in Eile gewesen und hatte dabei ein Luftzirkulationsüberdruckventil vergessen.)

»Drei Viertel von der Welt sind Wasser!« jammerte er. »Und ich hatte eindeutig ein Verhältnis zwischen Land und Wasser von vier zu eins bestellt.«

»Tja, das ließ sich leider so nicht hinkriegen«, erzählte ich ihm. (Ich hatte irgendwann seine lächerlichen Spezifikationsunterlagen verlegt. Bei diesen absurden kleinen Ein-Planeten-Projekten konnte ich nie richtig bei der Sache bleiben.)

»Und das bißchen Land, was ich bekommen habe, ist mit Wüsten, Sümpfen, Dschungeln und Gebirgen überfüllt.«

»Das sind landschaftliche Schönheiten«, versuchte ich ihm klarzumachen.    '

»Landschaftliche Schönheit interessiert mich nicht«, donnerte er da los. »Oh, sicher, ein Ozean, ein Dutzend Seen, ein paar Flüsse, zwei oder drei Gebirgsketten, das wäre ganz nett gewesen. Aber den ganzen Planeten voll damit, das ist doch meschugge!«

»Es gibt einen guten Grund dafür«, versicherte ich. (Tatsache war, daß wir bei dem Auftrag nur Gewinn rausholen konnten, indem wir vorgefertigte Hochgebirge nahmen, jede Menge Flüsse und Meere als Lückenbüßer und ein halbes Dutzend Großwüsten, die ich mir billig von Urie dem Planetentrödler besorgt hatte. Aber ich hatte nicht vor, ihm das zu erzählen.)

»Einen Grund!« schrie er. »Was werde ich meinem Volk erzählen können? Ich will eine ganze Rasse auf diesen Planeten setzen, vielleicht auch zwei oder drei. Sie werden Menschen sein nach meinem Bilde, und Menschen sind notorische Nörgler, genau wie ich. Was, stellen Sie sich vor, soll ich denen erzählen?«

Na, ich hätte schon gewußt, was er denen am besten erzählt hätte. Aber ich wollte nicht beleidigend werden, das ist nicht gut fürs Geschäft. Also tat ich so, als würde ich eine Weile über die Sache nachdenken. Und so merkwürdig das heute klingen mag, ich geriet dabei wirklich ins Denken. Und heraus kam dabei der eine Kunstgriff des Planetenverkaufs, der heute allgemeine Geschäftsgrundlage geworden ist.

»Sie erzählen ihnen einfach die reine wissenschaftliche Wahrheit«, sagte ich. »Sie erzählen ihnen, daß alles, wissenschaftlich gesehen, das ist, auch so sein muß.«

»He?« sagte er.

»Das ist Determinismus«, sagte ich. Der Namen fiel mir gerade so dafür ein. »Es ist ganz einfach, wenn es auch ein bißchen esoterisch klingt. Um es kurz zu machen: Funktion ist Form. Wissenschaft ist invariabel, also ist alles, was nicht invariabel ist, auch nicht Wissenschaft. Und schließlich muß man beachten, daß alles festen Gesetzen gehorcht, den Naturgesetzen. Man kann nicht immer genau herauskriegen, wie diese Gesetze im einzelnen lauten, aber man kann sicher sein, daß es sie für alles gibt. Daher liegt es auf der Hand, daß niemand zu fragen hat, warum dies anstelle von jenem? Statt-dessen gehört es sich so, daß alle fragen, wie funktioniert das?«

Na, er stellte mir ein paar ganz schön knifflige Fragen dazu, und er war ein cleverer alter Bursche, das mußte man ihm lassen. Aber er wußte verdammt wenig über die Arbeit eines Ingenieurs. Sein Gebiet war Ethik und Moral und Religion und dieses ganze übernatürliche Zeug. Deshalb kam er natürlich nicht auf wirklich schwer zu widerlegende Einwände. Er gehörte zu diesen Typen, die auf Abstraktionen stehen, und bald fing er an zu wiederholen: »Alles, das ist, muß auch so sein. Hmmm. Eine sehr faszinierende Formel und nicht ohne eine gewisse Patina von Stoizismus. Ich sollte einiges davon in die Lektionen aufnehmen, die ich meinem Volk erteilen werde . . . Aber sagen Sie mir eins: Wie kann ich denn diese indeterminierte Fatalität der Wissenschaft mit dem freien Willen in Einklang bringen, den ich meinem Volk geben möchte?«

Na, da hatte der alte Knabe mich fast drangekriegt. Ich lächelte und holte tief Luft, um erst mal Zeit zum Denken zu gewinnen, und dann antwortete ich: »Die Antwort liegt auf der Hand!« Was immer eine gute Antwort ist, soweit einem noch nichts besseres eingefallen ist.

»Das mag wohl so sein«, sagte er, »aber ich komm trotzdem nicht drauf.«

»Sehen Sie«, sagte ich, »dieser freie Wille, den Sie Ihrem Volk geben wollen, ist das nicht auch etwas sehr fatales?«

»Man könnte es so betrachten. Aber der Unterschied -«

»Und abgesehen davon«, unterbrach ich ihn schnell, »seit wann sind freier Wille und Fatalität unvereinbar?«

»Sie scheinen ganz sicher unvereinbar zu sein«, meinte er.

»Das scheint Ihnen nur so, weil Sie nicht verstehen, was Wissenschaft bedeutet«, machte ich ihm klar, und dann legte ich richtig los. »Sehen Sie, mein lieber Herr, eines der grundlegenden Gesetze der Wissenschaft ist, daß es überall einen beständigen Wechsel gibt. Alles verändert sich. Und Veränderlichkeit, werden Sie sicher wissen, ist das mathematische Äquivalent zu freiem Willen.«

»Aber was Sie da sagen, ist doch widersprüchlich in sich selbst«, erklärte er mir.

»Das kann auch gar nicht anders sein«, erwiderte ich. »Widersprüchlichkeit gehört zu den fundamentalen Gesetzen dieses Universums. Widersprüchlichkeit bringt Streit hervor, ohne den der Kosmos längst ein Stadium finaler Entropie erreicht haben müßte. Deshalb könnten wir gar keinen Planet und kein Universum haben, wenn die Dinge nicht durch einen scheinbar beständigen Zustand des Widerspruchs in Bewegung und auseinander gehalten würden.«

»Scheinbar?« fiel er mir blitzschnell ins Wort.

»Sonnenklar«, sagte ich. »Widersprüchlichkeit, die wir vorläufig einmal als die Existenz von in der Realität bestehenden Gegenteilen definieren wollen, ist nicht das letzte Wort in dieser Sache. Nehmen wir uns zum Beispiel eine einzelne isolierte Tendenz vor. Was passiert, wenn man eine Tendenz bis ins Äußerste vorantreibt?«

»Ich habe nicht die geringste Vorstellung«, gab der alte Knabe zu. »Das Fehlen jeden praktischen Bezugs in dieser Diskussion -«

»Was passiert«, sagte ich ihm, »ist, daß die Tendenz in ihr Gegenteil umschlägt.«

»Tut sie das wirklich?« fragte er richtig eingeschüchtert. Diese religiösen Typen sind schon eine Nummer, wenn sie sich mit der Wissenschaft befassen.

»Das tut sie«, versicherte ich ihm. »Ich habe entsprechende Versuche in meinem Laboratorium gemacht, die ich Ihnen gerne vorführe, auch wenn solche Demonstrationen meist einen sehr üblen Geruch -«

»Aber bitte, Ihr Wort reicht mir völlig«, sagte er schnell. »Wir haben ja schließlich einen Bund geschlossen.«

Dieses Wort benutzte er immer anstelle von >Vertrags Es bedeutete das gleiche, aber es klang wohl besser, und für Pathos hatte er viel über.

»Beständiger Widerspruch«, überlegte er. »Determinismus. Dinge, die zu ihrem Gegenteil werden. Das ist alles ein wenig verwirrend, fürchte ich.«

»Und außerdem sehr ästhetisch«, sagte ich. »Aber ich war noch nicht mit der Transformation der Extreme fertig.«

»Würden Sie dann freundlicherweise fortfahren«, bat er mich artig.

»Vielen Dank. Nun, wir haben also die Entropie, was bedeutet, daß sich die Dinge in zunehmender Bewegung befinden, solange es keinen äußeren Einfluß gibt. (Manchmal auch, wenn es einen äußeren Einfluß gibt, meiner Erfahrung nach jedenfalls.) Die Entropie treibt also die Dinge beständig soweit, bis sie in ihr Gegenteil umschlagen. Wenn eine Sache zu ihrem Gegenteil getrieben wird, dann werden alle Sachen zu ihrem Gegenteil getrieben, weil die Wissenschaft konsistent ist in ihren Gesetzen. Begreifen Sie jetzt, wie es um uns aussieht? Wir haben all diese Gegenteile, die nichts besseres zu tun haben, als sich wie verrückt ständig in ihre Gegenteile zu transformieren. Auf einem höheren Niveau der kosmischen Organisation haben wir Gruppen von Gegenteilen, die sich genauso verhalten. Das setzt sich höher und höher hinauf fort. Soweit, so gut?«