Выбрать главу

Das war das ultimative Grauen, der Höhepunkt des Schrek-kens. Das, und die Beobachtung, daß die Wände und die Decke des Raumschiffes (oder was immer es sein mochte) eine tropfnasse, fleischige Röte angenommen hatten und sich langsam zusammenzogen, um ihn zu verschlingen.

Es gab kein Entkommen. Carmody war hilflos, unfähig sich zu bewegen oder zu schreien, unfähig überhaupt irgend etwas anderes zu tun, als das Bewußtsein zu verlieren.

XVI

Wie aus weiter Entfernung hörte Carmody eine Stimme sagen: »Was meinen Sie, Doktor? Können Sie ihm irgendwie helfen?«

Er erkannte die Stimme, es war der Preis.

»Ich komme für alle Kosten auf«, sagte eine andere Stimme. Er erkannte sie als die von Maudsley. »Glauben Sie, man kann noch etwas für ihn tun?«

»Er kann gerettet werden«, sagte eine dritte Stimme, vermutlich die des Arztes. »Die Medizin erkennt keine Grenzen des Machbaren an, nur die Grenzen des Erträglichen, und das sind bekanntlich die Grenzen des Patienten, nicht die unseren.«

Carmody kämpfte, die Augen zu öffnen oder den Mund, aber er mußte feststellen, daß er völlig gelähmt dalag.

»Scheint also doch was Ernstes zu sein, nicht?« fragte der Preis.

»Es ist schwierig auf eine solche Frage, eine präzise Antwort zu geben«, sagte der Arzt. »Zunächst einmal, um damit anzufangen, muß ich darauf hinweisen, daß es einen Unterschied zwischen medizinischer Wissenschaft und medizinischer Ethik gibt. Wir, als Angehöriger des Galaktischen Ärztebundes, haben unseren Eid geschworen, das Leben zu erhalten. Man erwartet von uns, daß wir im besten Interesse der jeweiligen Lebensform handeln, die wir behandeln. Aber was sollen wir tun, wenn diese beiden Grundsätze ärztlichen Handelns miteinander in Widerspruch geraten? Da sind zum Beispiel die Uiichi von Devin V, die einen Arzt aufsuchen, um sich von ihm von der Krankheit des Lebens heilen zu lassen, damit sie endlich ihre ersehnte Erfüllung im Tod finden. Damit werden wir vor ein verdammt verzwicktes Problem gestellt, will ich ganz offen zugeben. Die ganze Sache ist sowieso nur möglich, wenn ein Uiichi alt und kraftlos geworden ist, denn sonst sind die Burschen zum Sterben einfach zu zäh, nicht todzukriegen. Und was sagt nun die Ethik zu dieser seltsamen Verkehrung des Patientenwunsches? Sollen wir tun, was die Uiichi von uns verlangen, und was in fast jeder anderen Ecke der Galaxis völlig verwerflich ist? Oder sollen wir nach den Grundsätzen unserer eigenen Ethik handeln und die armen Uiichi so zu einem Schicksal verurteilen, das im wahrsten Sinne des Wortes schlimmer als der Tod ist?«

»Was hat das alles denn mit Carmody zu tun?« wollte Maudsley wissen.

»Nicht sehr viel«, gab der Doktor zu. »Aber ich dachte, Sie würden es interessant finden und es würde Ihnen helfen zu verstehen, warum wir solche hohen Honorare verlangen müssen.«

»Ist sein Zustand ernst?« forschte der Preis eindringlich.

»Nur der Tod kann als wirklich ernster Zustand betrachtet werden«, stellte der Doktor fest. »Und selbst da gibt es Ausnahmen. Pentathanaluna, zum Beispiel, vom Laien auch oft einfach der Fünf-Tage-Tod genannt, ist tatsächlich nicht schlimmer als ein Schnupfen, auch wenn man sich im Volksmund schreckliche Dinge darüber erzählt.«

»Aber was ist nun mit Carmody?« fragte Maudsley.

»Er ist definitiv nicht tot«, sagte der Doktor beruhigend. »Er befindet sich vielmehr in einem Zustand - oder einer Phase -tiefen Schocks, der Katalepsie nicht unähnlich, aber doch von oberflächlicherer Beschaffenheit. Um es einmal etwas einfacher auszudrücken, er ist, wie der Volksmund zu sagen pflegt, in Ohnmacht gefallen.«

»Können Sie ihn da rauskriegen?« erkundigte sich der Preis drängend.

»Ihre Art, sich auszudrücken, ist unklar«, erklärte der Arzt. »Meine Arbeit ist auch schon so schwer genug, ohne daß . . .«

»Ich wollte damit sagen, können Sie ihn wieder in seinen normalen Zustand zurückversetzen?« faßte der Preis schnell nach.

»Also! Das ist nun ein ziemlicher Aufwand, den Sie da wünschen. Ich vermute, Sie sind sich nicht darüber im klaren, was Sie von mir verlangen, Was war, bitte, sein normaler Zustand? Weiß einer von Ihnen das? Würde er selbst das wissen, wenn man ihn, wunderbarerweise, zu seiner eigenen Behandlung befragen könnte? Wie sollen wir wissen, welche von den Millionen subtilen Veränderungen der Persönlichkeit, von denen manche nur kaum einen Herzschlag dauert, welche von diesen unzähligen Carmody-Zuständen sein ganz charakteristischer eigener war? Ist eine verlorene Persönlichkeit nicht so etwas wie eine verlorene Sekunde - etwas, daß wir annähernd aber eben niemals wirklich wiederholen können? Dies sind Fragen, meine Herren, schwere Fragen, denen wir uns zunächst zu stellen haben.«

»Verdammt schwere«, knurrte Maudsley. »Schlage vor, Sie bringen ihn einfach in einen Zustand zurück, der seinem früheren am nächsten kommt. Wäre das möglich?«

»Für mich schon«, verkündete der Doktor. »Ich habe schon beträchtliche Zeit in diesem schweren Beruf gearbeitet und meine Erfahrungen gesammelt. Ich bin an die gräßlichen Anblicke gewöhnt und an die furchtbarsten Behandlungsweisen. Das soll natürlich nicht heißen, daß ich etwas gleichgültig geworden wäre. Ich habe lediglich gelernt, mich der traurigen Notwendigkeit zu beugen, mein Herz vor den schrecklichen Dingen zu verschließen, die meine ärztliche Pflicht von mir verlangt, und nicht aus falsch verstandenem Mitleid vor unangenehmen Behandlungsmethoden zurückzuschrecken.

»Oh, Mann!« stöhnte der Preis. »Doktor, was harn' se mit meinem armen Kumpel vor?«

»Ich muß operieren«, erklärte der Arzt. »Es ist der einzige erfolgversprechende Weg. Ich werde an Carmody eine Dissektion vornehmen (etwas laienhaft ausgedrückt) und seine Glieder und Organe zunächst einmal in Konservierungsflüssigkeit legen. Dann werde ich ihn in meiner hochprozentigen K-5-Lösung ein wenig aufweichen. Mit Hilfe besonderer Instrumente werde ich anschließend seine Nervenfasern und sein Gehirn aus Kopf und Rumpf lösen. Der weitere Fortgang sieht vor Hirn und Nervensystem an einen Simulator anzuschließen, über den die Synapsen mit diversen heftigen Reizungen beschickt werden. Durch diese, salopp >Befeuerung< genannte Verfahrensweise können wir feststellen, ob es im Nervensy-stem irgendwelche Unterbrechungen, Knoten, Schwachstellen oder ähnliches gibt. Davon ausgehend, es wird nichts Schwerwiegendes gefunden, kommen wir sodann zur Sektion des Hirns selbst, das bis auf den Nervenknoten, der die Verbindung zum Körper herstellt, abgetragen wird. Wenn bis dahin alles in Ordnung ist, wird der Knoten geöffnet, auf Schäden untersucht und die einzelnen Bewußtseinsebenen ausgebreitet und durchgecheckt. Um es anzuregen, das Gesamtbewußtsein meine ich, da es sich in dieser Phase zumeist recht unansprechbar zeigt, stimulieren wir mit heftigen Energieschocks, die bisher immer zur vollständigen Wiederbelebung der Denkvorgänge geführt haben. Danach werden alle Teile des Körpers wieder zusammengesetzt und der Patient kann nach einer kurzen Rekonvaleszenz noch im Simulator wiederbelebt werden, woran sich eine mehrjährige Rehabilitationsbehandlung anschließt. Das wäre im Großen und Ganzen alles.«

»Uaaahhh«, keuchte der Preis. »So würde ich nicht mal einen Hund behandeln.«

»Ich auch nicht«, versicherte der Arzt, »solange sich diese Gattung nicht weiter entwickelt hat. Wollen Sie, daß ich die beschriebene Operation vornehme?«

»Ja, wissen Sie . . .«, meinte der Preis vorsichtig. »Ich nehm doch an, man kann ihn hier nich' weiter einfach so rumliegen lassen. Was meinen Sie, Mr. Maudsley?«