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»Du mußt dich sofort in eine Pflanze verwandeln!« drängte der Preis.

»Aber das kann ich nicht!«

»Das kannst du nicht? Dann befindest du dich in der Tat in einer sehr ernsten Lage. Laß mal überlegen, du kannst nicht fliegen oder dir eine Höhle graben, und ich wette zehn zu eins, daß er schneller läuft als du. Hmm, das scheint eine schwierige Sache zu werden.«

»Was mach ich denn nun?«

»Tja, unter diesen Umständen würde ich dir raten, du nimmst die Sache am besten ganz stoisch auf. Ich könnte dir auch ein wenig Epikur zitieren, oder wir können zusammen eine Hymne singen.«

»Zum Teufel mit den Hymnen! Ich will hier heil raus!«

Die Flöte hatte bereits begonnen >Näher, mein Gott, zu dir< zu spielen. Carmody ballte die Fäuste. Der Tyrannosaurus stand jetzt direkt vor ihm, ein riesiges Ungeheuer ganz wie von Rex Harrishausen. Es öffnete sein furchtbares Maul.

XIX

»Guten Tag«, sagte der Tyrannosaurus. »Ich heiße Emmi, und ich bin sechs Jahre alt. Wie heißt du?«

»Carmody«, sagte Carmody.

»Und ich bin sein Preis«, sagte der Preis.

»Ja, also, ihr beide seht schon etwas komisch aus«, sagte Emmi. »Ihr seht ganz anders aus als alle Leute, die ich bis jetzt gesehen habe. Und ich habe schon ein Dimetrodon und einen Struthiomimus getroffen, und sogar einen Socolosaurus und viele andere. Ganz viele. Seid ihr hier aus der Gegend?«

»Irgendwie schon«, antwortete Carmody. Dann fiel ihm aber die ganze Dimensionsgeschichte ein, und er fügte hinzu. »Aber eigentlich nicht wirklich.«

»Oh«, sagte Emmi. Nach Kinderart starrte er sie einfach an und schwieg lange. Carmody starrte zurück, fasziniert von dem riesigen, grimmigen Echsenkopf und den nadelspitzen Zähnen, mit denen man einen Mähdrescher hätte bestücken können. Wirklich furchterregend! Nur die Augen - rund, sanft, blau und vertrauensvoll - standen im Widerspruch zu der bedrohlichen Erscheinung.

»Ja, dann«, sagte Emmi schließlich, »was macht ihr denn dann hier im Park?«

»Ist das ein Park hier?« fragte Carmody.

»Sicher ist das ein Park!« erwiderte Emmi. »Es ist ein Park für Kinder, zum Spielen, und ich glaube nicht, daß ihr Kinder seid, auch wenn ihr so klein ausseht.«

»Du hast recht, ich bin kein Kind«, sagte Carmody. »Ich bin aus Versehen in deinen Park geraten. Ich glaube, ich sollte mal mit deinem Vater reden.«

»Das machst du mal besser«, sagte Emmi. »Kletter auf meinen Rücken, dann bringe ich dich zu ihm. Und vergiß nicht, daß ich euch gefunden habe. Und nimm deinen Freund mit. Der ist wirklich komisch!«

Carmody steckte die Flöte ein und bestieg den Saurier. Mit den Händen suchte er in den Rissen und Spalten von Emmis eisenhartem Panzer Halt. Sobald er in Emmis Nacken einen halbwegs sicheren Sitzplatz gefunden hatte, machte der Saurier kehrt und eilte in weiten Schritten nach Südwesten.

»Wohin sind wir unterwegs?« fragte Carmody.

»Zu meinem Vater, natürlich«, antwortete Emmi.

»Ja, aber wo ist dein Vater?«

»Er ist in der Stadt, im Büro. Wo sollte er sonst sein?«

»Ja, klar, wo sollte er sonst sein«, bestätigte Carmody dumpf und suchte sich einen festeren Halt, als Emmi in den Galopp überging.

Aus Carmodys Hosentasche sagte der Preis mit gedämpfter Stimme: »Das ist alles äußerst merkwürdig.«

»Du bist hier das merkwürdige«, erinnerte Carmody ihn etwas unwirsch. Dann machte er es sich bequem, um den Ritt zu genießen.

Sie nannten es zwar nicht Saurierhausen, aber Carmody konnte sich keinen besseren Namen dafür vorstellen. Es lag etwa zehn Meilen vom Park entfernt. Zuerst kamen sie auf eine Straße, einen breiten Pfad, wenn man es genau nahm, den unzählige Saurierfuße festgestampft hatten. Sie folgten ihm und kamen an vielen Hadrosauriern vorbei, die unter großen Weidenbäumen dösten und sich gelegentlich mit weichen, .harmonischen Stimmen etwas vorsangen. Carmody fragte nach ihnen, aber Emmi wollte dazu nur sagen, daß sein Vater sie für ein echtes Problem hielt.

Die Straße wand sich an Farnen, Ahorn und Stechpalmen vorbei, die alle sorgfältig zu kleinen Hainen gruppiert waren. Jeder Hain hatte ein Dutzend oder mehr Saurier, die sich geschickt zwischen den Stämmen umherbewegten, am Boden gruben und Abfall aufräumten. Carmody fragte, was sie taten.

»Sie machen sauber«, sagte Emmi angewidert. »Mütter müssen immer aufräumen, den ganzen Tag.«

Sie näherten sich schließlich einem erhöhten Plateau. Der letzte einzelne Hain blieb hinter ihnen zurück und hier oben kamen sie abrupt in einen dichten großen Wald.

Sofort fiel auf, daß es sich um eine sorgfältig angelegte Bepflanzung handelte. Zunächst passierten sie einen dichten Ring aus Affenbrot-, Haselnuß- und Walnußbäumen. Dahinter kamen einige Reihen lichter, weiträumig verteilter Gingkos, alle gut gepflegt und beschnitten. Und noch weiter innen gab es nur noch geometrisch angeordnete Koniferenarten.

Während sie immer tiefer in den Wald vordrangen, kamen sie in immer dichter von Sauriern bevölkerte i Gegenden. Die meisten von ihnen waren Theropoden - fleischfressende, aufrecht gehende Saurier wie Emmi. Aber der Preis machte auch einige Ornithopoden aus, und daneben stießen sie hin und wieder auf große Herden von Triceratops. Fast alle bewegten sich im zügigen Trab zwischen den Bäumen umher. Der Boden bebte unter ihren Füßen, die Bäume zitterten, und die Luft war von Staubwolken erfüllt. Immer wieder knirschte Panzer gegen Panzer, wenn eine Kollision gerade noch durch ein geschicktes Ausweichmanöver vermieden worden war, und zwei der Giganten aneinander vorbei schrammten. Es gab plötzliche Stops und abrupte Beschleunigungen. Von überall her dröhnte ein Gebrüll nach Platz da! Und Vorsicht! Der Anblick von mehreren Tausend, durcheinander wimmelnder Saurier war fast so furchtbar wie der Gestank, den sie dabei ausströmten.

»Da sind wir«, sagte Emmi und hielt so schnell an, daß Carmody fast abgeworfen worden wäre. »Da arbeitet mein Vati.«

Carmody sah sich um und bemerkte, daß Emmi ihn zu einem kleineren Sequoia-Hain gebracht hatte. Die großen Stämme formten eine Art geschützter Oase in der Mitte des Waldes. Zwei oder drei Saurier wanderten mit bedächtigen Schritten zwischen den Bäumen umher und ignorierten das Gedränge, das sich ringsum im Abstand von kaum fünfzig Metern nach allen Richtungen ausbreitete. Carmody entschied, daß er hier riskieren konnte abzusteigen ohne gleich in den Boden getrampelt zu werden. Erschöpft glitt er von Emmis Nacken herunter.

»Vati!« rief Emmi. »He, Vati, guck doch mal, was ich gefunden habe, Vati!«

Einer der Saurier sah auf. Es war ein Tyrannosaurus, ein wenig größer als Emmi, mit weißen Streifen auf seinem blauen Rückenpanzer. Seine Augen waren grau und blutunterlaufen. Er wandte sich mit schwerfälliger Anstrengung herum.

»Wie oft habe ich dir schon gesagt«, dröhnte er, »du sollst hier nicht so angerannt kommen?«

»Es tut mir leid, Vati, aber guck mal, ich habe . . .«

»Es tut dir immer >leid<«, sagte der alte Tyrannosaurus, »aber du entschließt dich trotzdem nie, dein Verhalten entsprechend zu ändern. Dir fehlt es am Willen, mein Sohn. Ich habe mit deiner Mutter darüber gesprochen, Emmi, und wir sind uns beide darüber einig, daß in dieser Sache etwas geschehen muß. Keiner von uns möchte einen unhöflichen, rumbrüllenden Urwaldtrampier großziehen, der nicht einmal das Benehmen eines Brontosaurus besitzt. Ich liebe dich, mein Sohn, aber trotzdem mußt du lernen . . .«

»Vati! Warte doch bitte mit der Schimpfe bis gleich und schau einmal, bitte nur einmal, was ich hier gefunden habe!«

Der alte Tyrannosaurus verzog das Maul und wedelte bedrohlich mit dem Schwanz, während sich seine Nüstern ungeduldig blähten. Aber er senkte den Kopf, folgte mit den Augen der Richtung, in die Emmis Vordertatze wies, und sah Carmody.