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Das waren aber natürlich nicht die einzigen Probleme. Überbevölkerte Städte waren das Symptom für eine Geburtenexplosion. In vielen Teilen der Welt lebten Saurier am Rande des Existenzminimums. Hungersnöte waren an der Tagesordnung. Krankheiten und Kriege dezimierten die Bevölkerung, aber keineswegs im ausreichenden Maße.

»Wir haben diese und viele andere Probleme«, sagte Borg. »Einige unserer größten Denker haben bereits verzweifelt, aber ich sehe die Dinge etwas gelassener. Wir Reptilien haben schon früher schwere Zeiten erlebt, und wir haben uns hindurchgearbeitet. Wir werden diese Probleme lösen, wie wir unsere Probleme bisher immer gelöst haben. Selbst wenn es einmal zu den drastischen Klimaschwankungen kommen sollte, die unsere Wissenschaftler ständig prophezeien. Wissen Sie, ich habe immer an unserer Rasse eine innere Größe erkannt, einen Funken des kosmischen Bewußtseins, eine Unzwingbarkeit des Geistes. Ich kann nicht glauben, daß dieses Feuer einmal erlöschen wird.«

Carmody nickte und sagte: »Ihr Volk wird fortdauern.« Es blieb ihm wirklich nichts anderes übrig, als zu lügen wie ein Gentleman.

»Ich wußte es«, sagte Borg. »Trotzdem ist es gut, einmal eine Bestätigung für den eigenen Glauben zu erhalten. Ich danke Ihnen dafür. Und nun, nehme ich an, möchten Sie sich gerne mit Ihren Freunden unterhalten.«

»Welchen Freunden?« fragte Carmody.

»Ich meine das Säugetier, das gerade direkt hinter Ihnen erschienen ist«, erklärte Borg.

Carmody wandte sich um und sah einen kleinen, dicken Mann mit Brille in einem dunklen Geschäftsanzug, einem Schirm unter dem Arm und einem Aktenkoffer in der Hand. »Mr. Carmody?« fragte der Mann.

»Ja, ich bin Carmody«, sagte Carmody.

»Ich bin Mr. Surtees von der Steuerfahndung. Sie haben uns ganz schön in Atem gehalten, Mr. Carmody, aber die Steuer hat noch jeden erwischt.«

Borg sagte: »Das geht mich wohl nichts an.« Er ging und machte dabei für einen so großen Tyrannosaurus sehr wenig Lärm. Richtig leise war er.

»Sie haben ungewöhnliche Bekannte«, sagte Mr. Surtees und warf dem verschwindenden Borg einen scharfen Blick nach. »Aber das geht mich nichts an, auch wenn ich vermute, daß das FBI sich dafür interessieren dürfte. Ich bin hier einzig und allein wegen Ihrer Einkommenssteuererklärungen von 1965 und 1966. Ich habe in meiner Aktentasche eine außerordentliche Nacherklärung bei mir, die Sie in Ordnung finden dürften. Meine Zeitmaschine steht gleich dort hinter dem Baum. Ich würde vorschlagen, daß Sie, ohne Aufsehen zu erregen, mit mir kommen.«

»Nein«, sagte Carmody.

»Ich bitte Sie, das noch einmal zu überlegen«, drängte der Steuerfahnder. »Die Sache gegen Sie kann zur beiderseitigen Zufriedenheit beigelegt werden, wenn Sie unsere Ihnen gegenüber sehr großzügige Nachschätzung anerkennen. Aber dazu müssen Sie jetzt sofort mit mir kommen. Eine Steuerbehörde der Vereinigten Staaten läßt man nicht warten. Wenn Sie sich aber einer vernünftigen Lösung widersetzen sollten, bin ich vom Bundesgerichtshof bevollmächtigt -«

»Ich sagte bereits nein!« beharrte Carmody. »Sie können verschwinden. Ich weiß, wer Sie sind!«

Denn dies war ganz ohne jeden Zweifel der Jäger. Seine Tarnung als Steuerfahnder war unglaublich schlecht. Die Aktentasche und der Schirm hingen beide direkt aus dem rechten Arm. Das Gesicht wirkte zwar recht gelungen, aber es fehlte das rechte Ohr. Und, das schlimmste von allem, die Knie waren falschherum eingesetzt.

Carmody drehte sich um und ging davon. Der Jäger stand da, folgte ihm nicht, war offenbar gar nicht in der Lage ihm zu folgen. Er gab einen einzigen Schrei des Hungers und der Wut von sich. Dann war er verschwunden.

Carmody hatte wenig Zeit, sich selbst zu gratulieren, denn einen Augenblick später verschwand er selbst ebenfalls.

XXI

»So kommen Sie doch herein, nur herein mit Ihnen.«

Carmody blinzelte. Er tauschte nicht länger Ansichten mit einem Dinosaurier in der Kreidezeit aus. Er stand in einem kleinen, zugigen Zimmer. Durch die Schuhsohlen spürte er die Kälte des Steinbodens. Die Fenster waren rußgeschwärzt. Hohe Kerzen brannten mit unsicherem Flackern in einem runden Wandleuchter.

Ein Mann saß hinter einem hohen Jalousie-Schreibtisch. Aus einem langen, knochigen Gesicht ragte eine traurige, gebogene Riesennase. Die Augen darüber lagen tief in den Höhlen. Auf der linken Wange hatte er eine große, haarige Warze. Seine Lippen waren dünn und blutleer.

Der Mann sagte: »Ich darf mich als den ehrenwerten Clyde Beedle Seethwright vorstellen. Und Sie sind natürlich jener Mr. Carmody, der mir von Mr. Maudsley in seinem Schreiben so nachdrücklich anempfohlen wurde. Nehmen Sie doch bitte Platz, Sir. Ich will doch sehr vermuten, daß die Reise von Mr. Maudsleys Planet aus recht angenehm war und es Ihnen an nichts fehlt?«

»Es war ganz nett«, sagte Carmody und setzte sich. Er wußte, daß er es an taktvollem Benehmen mangeln ließ, aber die abrupten Transitionen begannen an seinen Nerven zu zehren.

»Und Mr. Maudsley ist wohlauf?« erkundigte sich Seethwright und hüstelte leise.

»Es geht ihm gut«, sagte Carmody. »Wo bin ich hier?«

»Sagte Ihnen denn das der Sekretär nicht, der Sie hereingeführt hat?«

»Ich habe keinen Sekretär gesehen. Ich habe mich nicht mal selbst reinkommen gesehen.«

»Na, na«, sagte Seethwright und schüttelte mild den Kopf. »Da wird doch wohl nicht wieder das Empfangszimmer aus der Phase gefallen sein. Ich habe es schon dutzendmal neu eingestellt, aber es desynchronisiert sich immer von selbst. Wie unangenehm für meine Klienten! Aber, denken Sie nur, für meinen armen Sekretär ist es noch viel schlimmer. Er fällt jedesmal mit aus der Phase und kann manchmal so für über eine Woche nicht nach Hause zu seiner Familie gehen.«

»Das ist ja wirklich böse«, sagte Carmody, der deutlich spürte, daß er dicht vor einem hysterischen Anfall stand. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht«, fuhr er fort, seine Stimme gewaltsam unter Kontrolle haltend, »dann erzählen Sie mir doch bitte einfach, was dieser Ort hier sein soll, und wie ich von hier nach Hause komme.«

»Beruhigen Sie sich doch bitte, lieber Mr. Carmody«, sagte Mr. Seethwright. »Darf ich Ihnen vielleicht eine Tasse Tee anbieten? Nein? Dieser >Ort<, wie Sie es zu bezeichnen belieben, ist das Galaktische Seinsbestimmungsbüro. Unsere Geschäftsbedingungen finden Sie dort eingerahmt an der Wand, wenn Sie einen Blick darauf werfen möchten.«

»Wie bin ich hierher gekommen?« wollte Carmody wissen.

Mr. Seethwright lächelte und legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Sehr einfach, Sir. Nachdem wir Mr. Maudsleys Brief erhalten hatten, ordnete ich unverzüglich eine Suche an. Einer meiner Angestellten fand Sie auf Erde B3444123C22. Dies war ganz offensichtlich nicht der richtige Platz für Sie. Ich möchte damit sagen, daß Mr. Maudsley wirklich sein bestes für Sie getan hat, aber er ist eben nicht das Galaktische Seinsbestimmungsbüro. Deshalb nahm ich mir die Freiheit, Sie hierher transportieren zu lassen. Sollten Sie allerdings wünschen, auf die vorgenannte Erde zurückzukehren -«

»Nein, nein«, sagte Carmody. »Ich habe mich nur gerade darüber gewundert . . . Ich meine, Sie sagten dies ist ein galaktisches Seinsbestimmungsbüro, richtig?«

»Das Galaktische Seinsbestimmungsbüro«, korrigierte Seethwright freundlich.

»Okay! Dann bin ich also nicht auf der Erde.«

»Das sind Sie in der Tat mitnichten. Oder, um es noch deutlicher zu erläutern, Sie befinden sich auf keiner der möglichen, wahrscheinlichen, potentiellen und temporalen Welten der Konfiguration Erde.«