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Jetzt sagte er eisig:

«Die Bemerkung hättest du dir sparen können, Cedric.»

«Warum denn? Die Frau lag schließlich in unserer Scheune. Was hatte sie da zu suchen?»

Mr. Wimborne hüstelte und sagte:

«Nun, vielleicht ein – ähm – Rendezvous. Meines Wissens ist allgemein bekannt, dass der Schlüssel draußen an einem Nagel hängt.»

Seiner Stimme war die Entrüstung angesichts solcher Leichtfertigkeit anzuhören. So deutlich, dass sich Emma rechtfertigen wollte.

«Das ist im Krieg eingeführt worden. Für die Luftschutzwarte. Damals stand dort ein Spirituskocher, auf dem sie sich Kakao gekocht haben. Und da eigentlich nichts in der Scheune ist, was irgendjemanden interessieren könnte, haben wir den Schlüssel später einfach hängen gelassen. Für die Leute vom Women’s Institute ist das am bequemsten. Würden wir den Schlüssel im Haus aufbewahren, würde das nur Umstände machen – wenn beispielsweise niemand zu Hause ist, um ihn für die Vorbereitung von Veranstaltungen herauszugeben. Wir hatten doch immer nur Zugehfrauen und keine Festangestellten…»

Ihre Stimme verlor sich. Sie hatte ausdrucks- und teilnahmslos eine weitschweifige Erklärung abgegeben, war in Gedanken aber offenbar ganz woanders.

Cedric warf ihr einen verwunderten Blick zu.

«Du klingst besorgt, Schwesterherz. Ist was?»

Harold sagte ärgerlich:

«Wie kannst du da noch fragen, Cedric!»

«Ja, warum denn nicht? Gut, eine unbekannte junge Frau hat sich in der Scheune von Rutherford Hall umbringen lassen (klingt wie ein viktorianisches Melodram); gut, es hat Emma einen Schock versetzt – aber Emma war immer ein vernünftiges Mädchen – ich verstehe nicht, warum sie weiterhin besorgt sein sollte. Heiliger Strohsack, der Mensch gewöhnt sich an alles.»

«Manche Menschen gewöhnen sich an Morde vielleicht etwas langsamer als du», sagte Harold beißend. «Ich könnte mir denken, bei euch bekommt man Morde im Dutzend billiger; auf Mallorca ist –»

«Ibiza, nicht Mallorca.»

«Gehupft wie gesprungen.»

«Keineswegs – das sind verschiedene Inseln.»

Harold fuhr fort:

«Ich will damit sagen, dass ein Mord für dich gang und gäbe sein mag, schließlich lebst du unter südländischen Hitzköpfen. Wir in England hingegen pflegen das etwas ernster zu nehmen.» Zunehmend gereizt fügte er hinzu: «Und um alles in der Welt, Cedric, wie kannst du nur bei einer öffentlichen gerichtlichen Untersuchung in diesem Aufzug erscheinen –»

«Was ist denn an meiner Kleidung auszusetzen? Sie ist bequem.»

«Sie ist deplatziert.»

«Tut mir Leid, das ist nun mal die einzige Kleidung, die ich dabeihabe. Ich hatte keine Zeit, einen Schrankkoffer zu packen, bevor ich nach Hause eilte, um meinen teuren Geschwistern bei dieser Sache zur Seite zu stehen. Ich bin Maler, und Maler fühlen sich in ihrer Kleidung gern wohl.»

«Aha, du versuchst also immer noch zu malen?»

«Pass auf, Harold, wenn du damit andeuten möchtest –»

Mr. Wimborne räusperte sich Respekt heischend.

«Diese Diskussion führt uns nicht weiter», sagte er tadelnd. «Ich hoffe, meine liebe Emma, Sie können mir sagen, ob ich Ihnen noch behilflich sein kann, bevor ich in die Stadt zurückfahre.»

Der Tadel erreichte seinen Zweck. Emma Crackenthorpe versicherte ihm hastig:

«Es war sehr gütig von Ihnen, zu uns herauszukommen.»

«Gern geschehen. An der gerichtlichen Untersuchung sollte tunlichst ein Außenstehender teilnehmen, der das Verfahren gleichwohl im Interesse der Familie verfolgt. Ich habe mit dem Inspector ein Treffen in Rutherford Hall ausgemacht. So betrüblich das alles für Sie ist, wird sich der Fall doch zweifelsohne bald aufklären. Wenn Sie mich fragen, besteht kaum ein Zweifel an den Geschehnissen. Wie Emma uns eben mitgeteilt hat, war allgemein bekannt, dass der Schlüssel zur Großen Scheune draußen neben der Tür hing. Höchstwahrscheinlich nutzten Pärchen aus der Gegend die Scheune in den Wintermonaten für ihre Tête-à-têtes. Zweifellos kam es zum Streit, und ein junger Mann hat die Nerven verloren. Als ihm voller Entsetzen aufging, was er getan hatte, fiel sein Blick auf den Sarkophag, und er erkannte, dass dieser ein exzellentes Versteck abgeben würde.»

Lucy dachte, stimmt, klingt plausibel. Genau das könnte man denken.

Cedric sagte: «Ein Pärchen aus der Gegend, sagen Sie – aber niemand aus der Gegend konnte das Mädchen identifizieren.»

«Die Untersuchung steht noch ganz am Anfang. Ohne Zweifel wird die Leiche binnen kurzem identifiziert werden. Und natürlich ist nicht auszuschließen, dass der fragliche Mann von hier ist, während das Mädchen von außerhalb stammte oder aus einem anderen Stadtteil von Brackhampton. Brackhampton ist eine große Stadt – sie ist in den letzten zwanzig Jahren enorm gewachsen.»

«Wenn ich ein Mädchen wäre und mich mit meinem Liebhaber treffen wollte, würde ich mich bedanken, wenn ich erst meilenweit zu einer eiskalten Scheune reisen sollte», wandte Cedric ein. «Ich wäre ja eher für Händchenhalten im Kino, Sie nicht auch, Miss Eyelesbarrow?»

«Können wir nicht das Thema wechseln?», fragte Harold mit gequälter Stimme.

Bei diesem Satz hielt der Wagen vor dem Portal von Rutherford Hall, und alle stiegen aus.

Achtes Kapitel

I

Als Mr. Wimborne die Bibliothek betrat, blinzelte er, und seine schlauen alten Augen wanderten über den ihm bereits bekannten Inspector Bacon zu dem blonden gut aussehenden Mann hinter ihm.

Inspector Bacon stellte sie vor.

«Das ist Detective-Inspector Craddock von New Scotland Yard», sagte er.

«New Scotland Yard – aha.» Mr. Wimborne zog die Augenbrauen hoch.

Dermot Craddock hatte ein einnehmendes Wesen und zog Wimborne zwanglos ins Gespräch.

«Man hat uns bei diesem Fall zu Rate gezogen, Mr. Wimborne», sagte er. «Da Sie die Familie Crackenthorpe vertreten, ist es, glaube ich, das Beste, wenn ich Sie in einige vertrauliche Einzelheiten einweihe.»

Niemand verstand es besser als Inspector Craddock, einen Splitter der Wahrheit zu zeigen und ihn als die ganze Wahrheit auszugeben.

«Inspector Bacon hat nichts dagegen, nehme ich an?», fügte er hinzu und sah seinen Kollegen an.

Inspector Bacon verneinte mit allem gebotenen Ernst und mitnichten, als sei das Ganze abgesprochen.

«Es geht um Folgendes», sagte Craddock. «Wir haben infolge gewisser Beweisstücke Grund zu der Annahme, dass die Tote keine Einheimische, sondern erst kürzlich aus dem Ausland nach England gekommen und aus London hergereist war. Wahrscheinlich (aber da sind wir uns noch nicht ganz sicher) kam sie aus Frankreich.»

Wieder zog Mr. Wimborne die Augenbrauen hoch.

«Aha», machte er. «Aha?»

«Aufgrund dieser Wahrscheinlichkeit», erläuterte Inspector Bacon, «fand der Chief Constable, dass die Ermittlung eher ins Ressort des Yard fiele.»

«Ich kann nur hoffen, dass dieser Fall umgehend abgeschlossen wird», sagte Mr. Wimborne. «Wie Sie sich zweifellos denken werden, bereitet die ganze Angelegenheit der Familie große Sorgen. Obwohl niemand persönlich betroffen ist, ist es doch –»

Er stockte kurz, aber Inspector Craddock führte den Satz für ihn zu Ende.