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Er lächelte großherzig.

Lucy sagte nüchtern:

«Vielen Dank, Mr. Crackenthorpe, ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.»

«Lassen Sie sich nicht zu viel Zeit. Eine solche Gelegenheit sollte sich eine junge Frau, die es in der Welt zu etwas bringen möchte, nicht entgehen lassen.»

Wieder blitzten seine Zähne auf.

«Gute Nacht, Miss Eyelesbarrow, schlafen Sie gut.»

«Na», sagte sich Lucy, «also… das ist ja alles sehr interessant…»

Als sie sich zurückziehen wollte, begegnete sie Cedric auf der Treppe.

«Ach, Lucy, ich wollte Sie noch etwas fragen.»

«Wollen Sie mich heiraten, und soll ich mit Ihnen nach Ibiza gehen und hinter Ihnen herräumen?»

Cedric fiel aus allen Wolken, wirkte sogar etwas erschrocken.

«Das würde mir nicht im Traum einfallen.»

«Entschuldigung. Mein Fehler.»

«Ich wollte Sie bloß fragen, ob es im Haus einen Fahrplan gibt.»

«Ist das alles? Auf dem Tischchen in der Halle liegt einer.»

«Hören Sie», sagte Cedric tadelnd, «Sie sollten nicht glauben, alle Welt wolle Sie heiraten. Sie sehen gut aus, aber so gut nun auch wieder nicht. Man kennt das doch – so etwas nistet sich ein und wird irgendwann zur fixen Idee. Übrigens sind Sie die Letzte, die ich heiraten würde. Die Letzte.»

«Ach ja?», sagte Lucy. «Sie brauchen nicht darauf herumzureiten. Wäre ich Ihnen als Stiefmutter lieber?»

«Wie bitte?» Cedric starrte sie entgeistert an.

«Sie haben mich schon verstanden», sagte Lucy, ging in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Vierzehntes Kapitel

I

Dermot Craddock war mit Armand Dessin von der Pariser Präfektur locker befreundet. Die beiden Männer waren sich schon ein paarmal begegnet und kamen gut miteinander aus. Da Craddock fließend Französisch sprach, unterhielten sie sich meist in dieser Sprache.

«Es ist nur eine Idee», warnte Dessin ihn, «ich habe hier eine Fotografie vom Corps de Ballet – das hier ist sie, die Vierte von links – sagt Ihnen das etwas?»

Inspector Craddock bedauerte. Eine erdrosselte junge Frau war nicht leicht zu erkennen, und die jungen Frauen auf der Fotografie waren aufwendig geschminkt und trugen alle einen extravaganten Kopfputz aus Federn.

«Es könnte sein», sagte er. «Weiter würde ich nicht gehen. Wer war sie? Was wissen Sie über sie?»

«So gut wie gar nichts», sagte der andere vergnügt. «Schauen Sie, sie war ein kleines Licht. Und das Ballet Maritski ist ebenfalls ein kleines Licht. Es tritt in Vorstadttheatern auf und tingelt durch die Lande – aber es hat keine großen Namen, keine Diven, keine berühmten Primaballerinen. Aber ich werde Sie zur Leiterin Madame Joilet bringen.»

Madame Joilet war eine lebhafte, geschäftstüchtige Französin mit durchdringendem Blick, einem kleinen Damenbart und jeder Menge Fettgewebe.

«Also, ich mag die Polizei nicht!» Sie funkelte sie an, ohne ihre Verstimmung ob des Besuchs zu verhehlen. «Sie kompromittieren mich, wo Sie nur können.»

«Aber nein, Madame, das dürfen Sie nicht sagen», sagte Dessin, ein schlanker, melancholisch wirkender Mann von stattlichem Wuchs. «Wann hätte ich Sie je kompromittiert?»

«Bei der kleinen Närrin, die die Karbolsäure getrunken hatte», sagte Madame Joilet prompt. «Und alles nur, weil sie sich in den Dirigenten verliebt hatte – der sich nichts aus Frauen macht und an dem ein Priester verloren gegangen ist. Da haben Sie großen Klamauk veranstaltet! So etwas schadet meinem wunderschönen Ballett.»

«Im Gegenteil, es war ein großer Kassenerfolg», sagte Dessin. «Außerdem ist das drei Jahre her. Sie sollten nicht so nachtragend sein. Was jetzt dieses Mädchen angeht, Anna Strawinska – »

«Was soll mit ihr sein?», fragte Madame vorsichtig.

«Ist sie Russin?», fragte Inspector Craddock.

«Ganz und gar nicht. Wegen ihres Namens, meinen Sie? Aber diese Mädchen geben sich doch alle solche Namen. Sie war nicht weiter wichtig, sie tanzte nicht besonders gut, sie sah nicht besonders gut aus. Elle était assez bien, c’est tout. Sie tanzte gut genug für das Corps de Ballet – aber keine Solos.»

«War sie Französin?»

«Kann sein. Sie hatte einen französischen Pass. Aber sie hat mal erwähnt, sie hätte einen englischen Ehemann.»

«Einen englischen Ehemann? Am Leben – oder tot?»

Madame Joilet zuckte die Schultern.

«Tot, oder er hat sie verlassen. Woher soll ich das wissen? Diese Mädchen – ständig haben sie Männerprobleme –»

«Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?»

«Ich war mit meinem Ensemble sechs Wochen in London. Dann sind wir in Torquay aufgetreten, in Bournemouth, in Eastbourne, irgendwo, wo ich den Namen vergessen habe, und in Hammersmith. Dann sind wir nach Frankreich zurückgekommen, aber Anna – ist nicht mitgekommen. Sie hat bloß eine Nachricht geschickt, sie würde aus dem Ensemble ausscheiden und zur Familie ihres Mannes ziehen – irgend so ein Unsinn. Ich persönlich habe es nicht geglaubt. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie einen Mann kennen gelernt hat, wenn Sie wissen, was ich meine.»

Inspector Craddock nickte. Ihm war klar, dass das Madame Joilets erster Gedanke sein musste.

«Und ich weine ihr keine Träne nach. Es ist mir egal. Ich kann Mädchen bekommen, die genauso gut und besser tanzen, also zucke ich die Achseln und denke nicht weiter darüber nach. Warum sollte ich? Diese Mädchen sind doch alle gleich, haben nichts als Männer im Kopf.»

«Wissen Sie das Datum noch?»

«Wann wir nach Frankreich zurückgekommen sind? Das war – Moment – am Sonntag vor Weihnachten. Und Anna ist zwei – oder waren es drei? – Tage vorher durchgebrannt. Ich kann mich nicht genau erinnern… Aber am Wochenende sind wir in Hammersmith ohne sie aufgetreten – und das heißt, wir mussten neu choreographieren… Es war ziemlich ungezogen von ihr – aber diese Mädchen – sobald sie einen Mann kennen lernen, sind sie alle gleich. Ich habe ihnen allen gesagt: ‹Zut, ich nehme sie nicht wieder auf, dieses Flittchen!›»

«Sehr ärgerlich für Sie.»

«Pah! Mir macht das nichts aus. Bestimmt hat sie sich irgendwo einen Mann angelacht und die Weihnachtsferien mit ihm verbracht. Das geht mich nichts an. Ich kann genug andere Mädchen finden – Mädchen, die vor Freude jauchzen, wenn sie im Ballet Maritski mittanzen dürfen, und die genauso gut, wenn nicht besser tanzen als Anna.»

Madame Joilet verstummte und fragte dann mit plötzlich aufflackernder Neugier:

«Warum suchen Sie sie eigentlich? Ist sie zu Geld gekommen?»

«Im Gegenteil», sagte Inspector Craddock höflich. «Wir glauben, dass sie ermordet worden ist.»

Madame Joilet verfiel wieder in Gleichgültigkeit.

«Pa se peut! Das kommt vor. Je nun! Sie war eine gute Katholikin. Jeden Sonntag ist sie zur Messe und sicher auch zur Beichte gegangen.»

«Madame, hat sie Ihnen gegenüber je einen Sohn erwähnt?»

«Einen Sohn? Soll das heißen, sie hatte ein Kind? Also das halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Diese Mädchen haben – ich meine, die kennen doch alle eine nützliche Adresse für solche Fälle. Monsieur Dessin weiß das ebenso gut wie ich.»

«Sie könnte ein Kind bekommen haben, bevor sie zum Theater gegangen ist», sagte Craddock. «Womöglich noch im Krieg.»

«Ah! dans le guerre. Das ist natürlich möglich. Aber wenn, dann weiß ich nichts davon.»

«Mit welchen Mädchen war sie am besten befreundet?»

«Ich kann Ihnen zwei oder drei Namen nennen – aber echte Freundinnen hatte sie nicht.»