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Lucy wich seiner Hand aus, die sich um ihre Taille legen wollte, und verließ schleunigst das Zimmer.

Als Nächstes brachte sie Emma ihr Tablett.

«Oh, vielen Dank, Lucy. Ich fühle mich schon wieder fast gesund. Ich habe Hunger, und das ist doch immer ein gutes Zeichen, oder? Liebes», sagte Emma, während Lucy ihr das Tablett zurechtstellte, «ich habe Gewissensbisse wegen Ihrer Tante. Sie hatten wahrscheinlich überhaupt keine Zeit, sie zu besuchen, oder?»

«Nein, die hatte ich allerdings nicht.»

«Sie muss Sie doch sehr vermissen.»

«Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Crackenthorpe. Sie weiß, dass wir eine schreckliche Zeit durchgemacht haben.»

«Haben Sie sie angerufen?»

«Nein, in den letzten Tagen nicht.»

«Tun Sie das. Rufen Sie sie jeden Tag an. Alten Menschen bedeuten Nachrichten so viel.»

«Sie sind sehr mitfühlend», sagte Lucy. Zerknirscht ging sie in die Küche und holte das nächste Tablett. Die zunehmenden Krankheitsfälle im Haus hatten sie so sehr in Beschlag genommen, dass sie für nichts anderes mehr Zeit gehabt hatte. Sie beschloss, Miss Marple anzurufen, sobald sie Cedric sein Essen gebracht hatte.

Es war gerade nur eine Schwester im Haus. Sie begegnete Lucy auf dem Treppenabsatz, und die beiden nickten sich zu.

Cedric sah ungewohnt ordentlich und sauber aus. Er saß im Bett, und Unmengen voll gekritzelter Blätter lagen um ihn verstreut.

«Hallo, Lucy», sagte er, «was für einen Höllentrank haben Sie mir denn heute gebraut? Wenn man bloß diese beschissene Schwester loswerden könnte; deren Herumscharwenzeln ist ja nicht auszuhalten. Nennt mich zum Beispiel ‹wir›. ‹Und wie geht es uns heute Morgen? Haben wir gut geschlafen? Ach du meine Güte, wir sind aber unartig gewesen und haben die ganze Decke weggestrampelt.›» Er ahmte die distinguierte Stimme der Schwester im Falsett nach.

«Na, Sie sind ja quietschfidel», sagte Lucy. «Was machen Sie denn da?»

«Pläne», sagte Cedric. «Pläne, was ich mit dem ganzen Laden anfange, wenn der alte Herr in die Kiste springt. Das ist hier nämlich ein anständiges Stück Land. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich es teilweise selbst erschließen oder das gesamte Areal in Parzellen aufteilen und auf einmal verkaufen soll. Für Unternehmen von unschätzbarem Wert. Das Haus lässt sich vielleicht in eine Privatklinik oder ein Pflegeheim verwandeln. Eine andere Möglichkeit wäre, die Hälfte des Grundstücks zu verkaufen und mit dem Geld irgendetwas Ausgefallenes auf der anderen Hälfte anzustellen. Was meinen Sie?»

«Noch haben Sie es nicht», sagte Lucy trocken.

«Werde ich aber bald», sagte Cedric. «Es wird ja nicht aufgeteilt wie das andere Zeug, sondern geht samt und sonders an mich. Und wenn ich es zu einem gesalzenen Preis verkaufe, gilt das Geld als Kapital, nicht als Einkommen, und ich muss darauf keine Steuern zahlen. Geld wie Heu. Überlegen Sie mal.»

«Ich hatte bisher den Eindruck, Sie verachten das Geld», sagte Lucy.

«Natürlich verachte ich es, wenn ich keines habe», sagte Cedric. «Das gehört sich einfach so. Sie sehen zum Anbeißen aus, Lucy, oder glaube ich das bloß, weil ich lange keine attraktive Frau mehr gesehen habe?»

«Daran wird es wohl liegen», sagte Lucy.

«Sie verhätscheln immer noch alle nach Strich und Faden?»

«Irgendjemand muss Sie verhätschelt haben», sagte Lucy und sah ihn an.

«Das war die verdammte Schwester», sagte Cedric voller Nachdruck. «Ist die gerichtliche Untersuchung wegen Alfred schon gewesen? Was hat sie ergeben?»

«Sie ist vertagt worden», sagte Lucy.

«Die Polizei ist vorsichtig geworden. Dieses Vergiften kann einem langsam auf den Wecker gehen, was? Passen Sie bloß auf sich auf, Mädchen.»

«Mache ich schon», sagte Lucy.

«Ist der kleine Alexander schon wieder in der Schule?»

«Ich glaube, im Moment ist er noch bei den Stoddart-Wests. Soweit ich weiß, fängt die Schule erst übermorgen wieder an.»

Bevor Lucy sich selbst etwas zu essen machte, ging sie zum Telefon und rief Miss Marple an.

«Es tut mir furchtbar Leid, dass ich keine Zeit hatte, Sie zu besuchen, aber hier war schrecklich viel zu tun.»

«Aber natürlich, Liebes, natürlich. Im Übrigen können wir momentan auch nichts tun. Wir müssen einfach warten.»

«Gut, aber worauf warten wir?»

«Elspeth McGillicuddy müsste demnächst zurückkehren», sagte Miss Marple. «Ich habe ihr geschrieben, sie solle so schnell wie möglich nach Hause fliegen. Ich habe gesagt, es sei ihre Pflicht. Also machen Sie sich nicht zu viele Sorgen, Liebes.» Ihre Stimme klang gütig und beruhigend.

«Glauben Sie nicht…», setzte Lucy an und stockte.

«Dass es noch mehr Tote geben wird? Nun, ich hoffe nicht, Liebes. Aber man kann nie wissen, nicht wahr? Bei einem wirklich bösen Menschen, meine ich. Und ich glaube, hier ist ein sehr böser Mensch am Werk.»

«Oder ein Wahnsinniger», sagte Lucy.

«Gewiss, das ist die moderne Betrachtungsweise. Ich sehe das etwas anders.»

Lucy legte auf, ging in die Küche und stellte sich ihr Essenstablett zusammen. Mrs. Kidder hatte die Schürze abgenommen und wollte gehen.

«Sie kommen doch hoffentlich klar, Miss?», fragte sie beflissen.

«Natürlich komme ich klar», fuhr Lucy sie an.

Sie trug ihr Tablett nicht in den großen, düsteren Speisesaal, sondern in das kleine Arbeitszimmer. Sie hatte gerade aufgegessen, als die Tür aufging und Bryan Eastley hereinkam.

«Hallo», sagte Lucy, «das ist aber eine Überraschung.»

«Das kann ich mir denken», sagte Bryan. «Wie ist denn das allgemeine Befinden?»

«Oh, viel besser. Harald fährt morgen nach London zurück.»

«Was halten Sie von der ganzen Sache? War es wirklich Arsen?»

«Arsen war es auf jeden Fall», sagte Lucy.

«Es stand gar nichts in der Zeitung.»

«Nein, ich glaube, die Polizei hält es vorläufig unter Verschluss.»

«Irgendjemand muss die Familie ganz schön auf dem Kieker haben», sagte Bryan. «Wer kann sich überhaupt in die Küche geschlichen und das Essen vergiftet haben?»

«Ich fürchte, am leichtesten wäre das für mich gewesen», sagte Lucy.

Bryan sah sie ängstlich an. «Aber Sie tun so etwas doch nicht, oder?», fragte er schockiert.

«Nein, allerdings nicht», sagte Lucy.

Niemand konnte den Curry vergiftet haben. Sie hatte ihn gekocht – allein in der Küche, sie hatte ihn serviert, und nur einer der fünf Menschen am Tisch konnte ihn vergiftet haben.

«Warum sollten Sie auch?», fragte Bryan. «Sie haben ja nichts gegen sie, oder? Apropos», fügte er hinzu, «ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich einfach so zurückkomme.»

«Aber nein, natürlich nicht. Werden Sie bleiben?»

«Das würde ich gern, wenn ich Ihnen nicht gar zu lästig falle.»

«Nein. Nein, wir schaffen das schon.»

«Schauen Sie, ich stehe momentan auf der Straße, und ich – also allmählich habe ich die Nase gestrichen voll. Sind Sie sicher, dass es Ihnen nichts ausmacht?»

«Ach, mich müssen Sie da eigentlich gar nicht fragen, sondern Emma.»

«Ach, Emma hat nichts dagegen», sagte Bryan. «Emma hat mich immer nett behandelt. Auf ihre eigene Weise, wissen Sie. Die Gute ist sehr verschlossen, aber stille Wasser sind bekanntlich tief. Die meisten Menschen würde es bedrücken, hier zu wohnen und den alten Mann versorgen zu müssen. Schade, dass sie nie geheiratet hat. Jetzt ist es zu spät, fürchte ich.»