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Jedenfalls bis jetzt noch nicht“, fügte er hinzu. „In der Zukunft wird es einen solchen Apparat geben.“

„Dann wollen wir dem Zufall danken, daß wir diesmal noch davongekommen sind.“

„Zufall?“ fragte Paitschadse. „Unser Kommandant hat ein scharfes Auge und eine sichere Hand. Im Augenblick der Begegnung beobachtete ich gerade ein vor uns liegendes Objekt, und so sah ich gleich nach dem Alarmsignal den Zwergplaneten rechts oberhalb unserer Flugbahn auftauchen. Ein Zusammenstoß war unausbleiblich, seine Flugbahn schnitt den Weg unseres Schiffes. Jeder andere an Kamows Stelle wäre seitwärts ausgewichen, aber Sergej bremste das Schiff nur, gerade so viel, wie nötig war, um den Planeten vor dem Bug vorbeizulassen. Es gehört schon ein sicheres Augenmaß und große Kaltblütigkeit dazu, sich zu solch einem Manöver zu entschließen. Bedenken Sie: er mußte sofort handeln, er hatte nicht eine Sekunde Zeit zum Überlegen.“

Paitschadse sprach äußerlich ruhig, aber mir fiel auf, daß er Kamow beim Vornamen genannt hatte. Das tat er nur dann, wenn er stark erregt war.

„In welchem Abstand sind wir am Planeten vorbeigeflogen?“

„Es waren höchstens sechshundert Meter.“

Erst jetzt erkannte ich das ganze Ausmaß der Gefahr, der unser Schiff entronnen war.

„Bei einem so geringen Abstand hätte doch der Planet Anziehungskraft auf uns ausüben müssen“, sagte ich.

„Dieses winzige Glied des Sonnensystems“, erwiderte Paitschadse, „konnte bei der hohen Geschwindigkeit unseres Schiffes keinerlei Wirkung auf uns ausüben. Das Schiff ist nicht um einen Millimeter von seinem Weg abgewichen. Nicht einmal ein Körper von der Größe des Mondes kann den Flug unseres Schiffes, das sich mit einer Sekundengeschwindigkeit von achtundzwanzig Kilometern fortbewegt, nennenswert beeinflussen. Und so ein Krümel schon lange nicht.“

„Krümel ist gut!“ sagte ich und dachte dabei an den riesigen Gesteinsklumpen.

Paitschadse lachte. „Für die Astronomie“, meinte er, „ist die Erde nur ein kleiner Planet und ein Asteroid von höchstens dreißig Kilometer Durchmesser nichts weiter als ein Staubkörnchen. Aber so klein dieser Planet auch sein mag, mich wundert, daß er noch nicht entdeckt ist. Seine Bahn verläuft doch nahe der Erdbahn.“

„Sein Name stand ja nicht auf ihm geschrieben“, meinte ich. „Vielleicht war er einer von denen, die man auf der Erde kennt.“ Ich biß mir auf die Zunge, als ich sah, daß Paitschadse die Brauen runzelte, aber es war zu spät. Der Satz war mir schon entschlüpft. „Entschuldigen Sie, Arsen Georgijewitsch!“ beeilte ich mich zu sagen. „Es war ein Scherz. Und ein schlechter, ich gebe es zu.“

„Der Ring der Asteroiden“, erklärte Paitschadse, als hätte er meine Worte nicht gehört, „liegt zwischen der Mars- und Jupiterbahn. Wie man annimmt, hat es dort einmal einen großen Planeten gegeben, der aus unerklärlichen Gründen in viele Teile zerfallen ist. Die kleinen Planeten sind Bruchstücke eines großen. Heute haben wir einen solchen Planeten aus der Nähe gesehen und uns davon überzeugen können, daß er ein Bruchstück ist und kein Körper, der sich selbständig gebildet hat. Sonst hätte er Kugelform haben müssen. Die Theorie, nach der die Asteroiden als Bruchstücke eines großen Planeten entstanden sind, hat sich bestätigt. Das ist das hochwichtige Ergebnis unserer heutigen Begegnung. Der Asteroidenring liegt, wie gesagt, zwischen der Bahn des Mars und der des Jupiter, aber es gibt auch Asteroiden, die über diesen Bereich hinausgehen.

Gegenwärtig kennt man die Bahnen von dreitausendfünfhundertzwanzig kleinen Planeten. Bei der Vorbereitung unserer Expedition wurde die Möglichkeit, einem von ihnen zu begegnen, in Betracht gezogen. Von jedem uns bekannten …“ — er betonte das letzte Wort — „

… Asteroiden, dessen Bahn das Schiff kreuzen konnte, hat man den Ort im Raum berechnet. Wir sollten keinem einzigen begegnen. Folglich handelt es sich bei dem Gesteinsbrocken, den wir heute gesehen haben, um einen Zwergplaneten, der auf der Erde unbekannt ist.“

Er sah mich von der Seite an und zeigte wieder sein gewohntes freundliches Lächeln. „Die Astronomie ist eine exakte Wissenschaft“, sagte er. „Gute Nacht, Boris Nikolajewitsch!“

Auf dem Mars

Der Mars! Immerzu möchte man diesen Namen wiederholen. Draußen vor den Fenstern des Schiffes ist die Nacht hereingebrochen. Die erste Nacht für uns seit sechs Monaten! Die Sonne ist nicht zu sehen. Sie ist genauso am Horizont untergetaucht wie auf der Erde.

Ein Sonnenuntergang! Diese so natürliche, vertraute Erscheinung kam uns hier außergewöhnlich und geheimnisvoll vor. Klein und kalt im Vergleich mit der Sonne, wie wir sie von der Erde her kennen, warf sie ihre letzten Strahlen auf das reglose Raumschiff und verschwand … Wie Diamanten glitzern die Sterne in den uns von Kind auf bekannten Sternbildern am Himmel, einem Himmel, der für Erdbegriffe viel zu dunkel ist. Die Sandwüste, das Dickicht blaugrauer Pflanzen und der unbewegliche Wasserspiegel des Sees, an dessen Ufer das Schiff gelandet ist, sind in Finsternis getaucht. Morgen bei Sonnenaufgang werden wir das Raumschiff verlassen. Morgen!

Kamow hat Ruhe angeordnet. Paitschadse schläft in einer zwischen Fenster und Tür aufgespannten Hängematte.

Ich kann nicht schlafen und sitze auf meiner Lagerstatt. Die Nerven verlangen nach einer Beruhigung. Mein Tagebuch!

Das alte, bewährte Mittel! Ich werde unsere Ankunft auf dem Mars schildern …

Unser großartiges Schiff erreichte genau zur festgesetzten Zeit den Punkt im Weltenraum, an dem die Begegnung stattfinden sollte.

Während wir uns dem Ziel näherten, hatten wir den von der Sonne hell beschienenen Planeten fast gerade vor uns und sahen ihn von Tag zu Tag größer werden. Seine Farbe war jetzt nicht mehr Rotorange, wie wir sie von der Erde her an ihm kannten, sondern Gelborange. Den Grund dafür suchte ich in der Geschwindigkeit unseres Schiffes, aber wie mir Paitschadse erklärte, war diese zu gering, als daß sie eine merkliche Beschleunigung der Lichtwellen, selbst der uns entgegenkommenden, hätte hervorrufen können.

„Um rotes Licht gelb erscheinen zu lassen“, sagte er, „müßte die Geschwindigkeit des Schiffes das Fünfhundertfache betragen. Dann würde sich die Wellenlänge des roten Lichtes verkürzen und in die des gelben verwandeln, was im Auge eine entsprechende Wahrnehmung hervorriefe.

Das kann aber nur mit einer einzelnen Spektrallinie geschehen, während der Mars ein kontinuierliches Spektrum ausstrahlt.“

„Warum hat sich dann seine Farbe so verändert?“ fragte ich.

„Das frage ich mich auch“, erwiderte er. „Wahrscheinlich, weil hinter den Bordfenstern keine Atmosphäre ist.

Wenn ich eine Erklärung dafür gefunden habe, setze ich Sie in Kenntnis.“

Wir waren zu zweit im Observatorium. Kamow und Belopolski schliefen. Ich schaute angespannt auf die kleine, sich schon deutlich abzeichnende Scheibe des Planeten.

Die winzige Kugel schien zusehends näher zu kommen.

Was mochte uns dort, am Ziel unserer weiten Reise, erwarten?

„Glauben Sie, daß es auf dem Mars denkende Wesen gibt?“ fragte ich.

„Darauf kann ich nur eins antworten: Die Wissenschaft befaßt sich nicht mit Spekulationen. Es sind noch keinerlei Spuren intelligenter Wesen festgestellt worden.“

„Und die Kanäle?“

Er zuckte die Schultern. „Schiaparelli, der auf dem Mars feine gerade Linien entdeckte, nannte sie ›canali‹. Die dünnen geraden Linien sind von der Erde aus zu sehen. Wir fotografieren sie auch. Aber es besteht kein Grund, sie als ein Ergebnis bewußter Tätigkeit zu betrachten. Jetzt, da wir dem Mars so nahe sind, sehe ich diese Kanäle gar nicht mehr.“