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Er bremste den Wagen so scharf, daß Melnikow mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe stieß.

Zwanzig Meter von ihnen entfernt lag das verfolgte Tier an einem See, an den Boden geschmiegt. Es konnte nicht weiter, das Wasser versperrte ihm den Weg.

Melnikow drehte die Kamerakurbel. Kamow setzte ihm und sich selbst rasch die Sauerstoffmasken auf.

Sekundenlang verharrte das Tier regungslos. Dann sperrte es den riesigen Rachen weit und drohend auf und entblößte mehrere Reihen spitzer, dreieckiger Zähne. Vom Kopf bis zur Spitze seines zottigen Schwanzes war das Tier drei bis dreieinhalb Meter lang. Den Leib, der nicht dicker war als der eines Krokodils, stützten drei Paar Beine; die beiden dicht beieinanderstehenden vorderen Paare waren kurz und mit scharfen Krallen versehen, die Hinterbeine dagegen lang und eingeknickt wie bei einer Heuschrecke.

Offensichtlich hatte das Tier es ihnen zu verdanken, daß es so gewaltige Sprünge vollführen konnte. Das Tier richtete seine runden, graugrünen Augen mit den schmalen Katzenpupillen auf den Geländewagen und sprang plötzlich, die Hinterbeine kraftvoll streckend, aus zwölf Meter Entfernung auf ihn zu.

Der Überfall kam so unerwartet, daß Melnikow zurückprallte. Kamow ließ sich nicht aus der Fassung bringen.

Während das Tier sprang, gab er Gas, und der Wagen schoß vorwärts, mit einer Wendung nach rechts dem See ausweichend. Das Tier flog über ihn hinaus in den Sand.

Durch den Mißerfolg ergrimmt, drehte es sich blitzschnell um und sprang zum zweiten Male. Diesmal erreichte es sein Ziel. Der Geländewagen erbebte unter dem Anprall.

Kamow stellte den Motor ab.

Das Tier war auf dem Dach, und seine Krallen — vielleicht waren es auch seine Zähne — kratzten am Metall.

Zerdrückt und verstümmelt fiel die so mühevoll erstandene Pflanze in den Sand.

„Bereit halten!“ befahl Kamow.

Melnikow legte den Filmapparat beiseite und griff nach dem Gewehr.

Der Wagen fuhr langsam an, aber das Tier blieb auf dem Verdeck. Vielleicht war es über diese ihm bisher unbekannte Art der Fortbewegung erschrocken. Sein Schwanz hing herab und streifte mit der Spitze den Boden. Das Kratzen am Metall hörte auf.

„Wir müssen es zum Abspringen bringen“, sagte Kamow. Er drückte auf den Hupknopf. Ein heulender Ton zerriß die Stille der Einöde. Das Tier in seinem Entsetzen wollte herunterspringen, rutschte aber mit seinen Krallen an dem glatten Metall ab und stürzte unmittelbar vor den Gleisketten rücklings zu Boden. Einen kurzen Augenblick lang hatte Melnikow das helle Bauchfell und die sechs Pfoten, die hilflos in der Luft zappelten, dicht vor Augen, dann krümmte sich das Tier, warf sich herum und stob mit Zehnmetersprüngen davon.

Kamow erhöhte das Tempo, und der Wagen holte den Flüchtling, der dem ununterbrochenen, noch nie vernommenen Hupengeheul zu entrinnen suchte, rasch ein. Kamow öffnete das vordere Fenster.

„Schießen Sie nur, wenn Sie sich Ihrer Sache sicher sind“, sagte er. „Versuchen Sie den Kopf zu treffen.“

Melnikow verfolgte aufmerksam jede Bewegung des Tieres, aber dessen ruckartige Sprünge machten es ihm unmöglich, genau zu zielen. „So wird’s nichts“, meinte er.

„Irgendwann muß er ja mal ermüden“, entgegnete Kamow.

„Wer weiß, wann. Am Ende rasen wir noch in einen Sumpf hinein.“

„Gut! Versuchen wir es anders.“

Kamow schaltete die Hupe aus. Die plötzliche Stille veranlaßte das Tier, haltzumachen und den Kopf zu wenden.

Der Wagen hielt drei Schritte von ihm entfernt. Das Ziel war kaum zu verfehlen, und Melnikow schoß.

„Es ist, scheint’s, getroffen“, sagte Kamow.

Die beiden beobachteten das Tier scharf.

„Ich habe ihm zwischen die Augen gezielt“, bemerkte Melnikow.

Sie warteten einige Minuten, dann traten sie, die Waffe schußbereit in der Hand, vorsichtig heran. Das Tier war tot. Die Kugel hatte es genau zwischen die Augen getroffen.

Sie konnten vor Erregung kaum sprechen. Zu ihren Füßen lag ein Tier, geboren und aufgewachsen auf dem Mars — das Ergebnis einer langen Entwicklung des Lebens auf diesem Planeten, einer Entwicklung, die unbekannte Stadien durchlaufen hat. Was hatte dieses Tier mit den Tieren der Erde gemeinsam? Worin unterschied sich sein Organismus, der unter ganz anderen Bedingungen existierte, von dem ihren? Welche Geheimnisse würde die Untersuchung dieses von einer irdischen Kugel getöteten Wesens den Wissenschaftlern offenbaren?

„Werden wir es auf das Verdeck ziehen können?“

„Versuchen wir’s!“

Aber auch die geringe Schwerkraft auf dem Mars half nicht; sie konnten den Koloß nicht bewältigen. Das Tier war zu schwer für zwei Mann. Da sich nichts Taugliches für eine behelfsmäßige Rampe fand, mußten sie auf die Dienste der Winde verzichten.

„Uns bleibt nichts anderes, als es abzuschleppen“, sagte Kamow. „Wir werden Vorsorge treffen, daß das Fell nicht beschädigt wird. Wenn wir Wagensitze unterlegen und langsam fahren, wird alles gut gehen.“

Das taten sie denn auch. Sie koppelten vier Sitze des Geländewagens zusammen und hoben den Tierleib mit Hilfe der Winde auf die so entstandene Lederunterlage. Inzwischen verging über eine Stunde.

„Zum amerikanischen Schiff kommen wir heute nicht mehr“, meinte Melnikow.

„Wir fahren morgen hin.“

Die Rückfahrt dauerte sechs Stunden. Der Geländewagen fuhr mit dem langsamsten Gang. Oft wurde angehalten, weil die sich lockernden Teile des improvisierten Anhängers wieder befestigt oder der abrutschende Tierleib zurechtgerückt werden mußte.

Die Sonne neigte sich dem Westen zu, als die erschöpften Jäger endlich das Schiff erreichten. Das tote Tier in den Kühlraum zu befördern, erwies sich ebenfalls als ein schweres Stück Arbeit.

„Von den fünf Tagen sind schon drei vergangen“, meinte Kamow, als das schwierige Werk getan war, „und wir haben erst sehr wenig geschafft.“

„Dafür werden wir uns eben in den restlichen zwei Tagen ein bißchen dahinterklemmen“, erwiderte Belopolski.

„Eigentlich haben wir doch gar nicht so wenig geschafft.

Daß wir diese Echse mit auf die Erde bringen, ist schon ein großer Erfolg.“

„Wie sagten Sie? Echse?“

„Ja. Springechse. Das ist meiner Meinung nach der passendste Name für dieses Tier.“

Im Sandsturm

Am vierten Tag nach der Landung auf dem Mars standen Belopolski und Melnikow eine Stunde vor Sonnenaufgang auf. Man hatte bemerkt, daß sich jeden Morgen vor dem Schiff die kleinen Tiere einfanden, die wie Hasen aussahen. Kamow hatte Anweisung gegeben, wenigstens eins davon zu erlegen. Als der Rand der Sonnenscheibe erschien, krochen die beiden Männer, ein Gewehr mit Scharfschützenvisier in der Hand, auf die Tragfläche des Schiffes. Sie brauchten nicht lange zu warten. Wie auch an den vorangegangenen Tagen, stellten sich die „Hasen“ mit den ersten Sonnenstrahlen ein. Fünf Tiere kamen mit weiten Sprüngen ans Ufer des Sees gehüpft. Zwei Schüsse knallten zu gleicher Zeit, und zwei „Hasen“ wurden Beute der Jäger.

Zufrieden kehrten sie an Bord zurück; der zweite Kühlraum nahm die beiden weiteren Vertreter der Marsfauna in Verwahrung.

Beim Frühstück drängte Kamow zur Eile. Auf der Fahrt zum amerikanischen Schiff wollte er noch eine neue Sumpfpflanze als Ersatz für die alte beschaffen.

Der Wagen legte rasch die fünfzig Kilometer zurück, die das Schiff vom „Sumpf“ trennten.

War es nun, daß Ihnen die Erfahrung vom Vortag half oder daß sie es mit einer „leichteren“ Pflanze zu tun hatten, jedenfalls hielten sie sich am „Sumpf“ kaum eine Stunde auf und jagten, nachdem sie ihr Gewächs auf dem Wagendach verstaut hatten, den Weg entlang, auf dem tags zuvor das Auftauchen der Springechse ihre Fahrt unterbrochen hatte. Die Uhr im Geländewagen zeigte zehn Uhr morgens, als am Horizont die Silhouette des amerikanischen Raumschiffes auftauchte. Zwei Minuten später waren sie am Ziel.