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Er nickte ihr zur Begrüßung zu, förmlich, aber nicht unfreundlich. »Man hat nur selten das Glück, so etwas zu beobachten«, bemerkte er, als sie sich näherte.

»Ja«, sagte sie. »Sind Sie allein hier?«

»Das bin ich. Und Sie?«

»Ja, allein.« Sie beäugte ihn neugierig. »Ich muss gestehen, dass es mich überrascht, Sie hier anzutreffen. Ich wusste nicht, dass Ihnen so etwas gefällt.«

»Auf dem Merkur gab es kaum eine Gelegenheit, das herausfinden.«

Sie deutete auf die Raubkatzen. »Machen Sie sich keine Sorgen?«

»Meiner Erfahrung nach haben sie Angst vor Menschen.«

»Aber wenn sie Hunger haben?«

»Den haben sie nie, das ist es ja. Es gibt so viel leichte Beute.«

»Das ist wahr. Aber wenn sie noch nie zuvor einem Menschen begegnet sind, würden sie Sie einfach für eine Art Schimpansen halten. Sicherlich sehr schmackhaft. Eine Delikatesse. Man hört, dass so etwas vorkommt. Sie haben es nie erlebt, gejagt zu werden.«

»Mir ist bewusst, dass wir für sie zu Beute werden könnten«, sagte Wahram. »Für den Fall habe ich eine kleine Betäubungspistole dabei. Sie nicht?«

»Nein, ich nicht«, gab sie nach kurzem Zögern zu. »Ich meine, manchmal habe ich eine dabei, aber in erster Linie, um nicht die Nacht im Gefängnis zu verbringen.«

»Allerdings.«

Sie legte den Kopf schief, als lauschte sie einer Stimme in ihrem Ohr. Ihr Qube war implantiert. Alex hatte ihm davon erzählt, damals, als die Idee gerade in Mode war. »Wo wir gerade beim Thema Essen sind«, sagte sie, »wollen wir uns etwas holen?«

»Mit Vergnügen.«

Sie kehrten zum Außenzaun zurück. Bei dem Häuschen hatte sich inzwischen eine kleine Gruppe eingefunden. Als die Leute Swan sahen, drängten sie sich um sie und begrüßten sie fröhlich. »Wie finden Sie es?«, fragten sie. »Wie gefällt es Ihnen, nun, wo alles erwachsen geworden ist?«

»Es sieht gut aus«, sagte sie ermutigend. »Wir haben gesehen, wie ein Gepard einen Kamphirsch erlegt. Ich hatte ein bisschen den Eindruck, dass es zu viel Wild gibt, wie kommt das?«

Einer aus der Gruppe sagte, dass es so viel Wild gäbe, weil die Zahl der Raubkatzen noch sehr gering sei, und Swan stellte noch einige weitere Fragen darüber. Soweit Wahram es mitbekam, entwickelten die Raub- und Beutetierpopulationen sich in einem gemeinsamen Sinuskurvenmuster, wobei die Raubtierkurve etwa einen Viertelzyklus nach der Beutetierkurve anstieg; es gab noch weitere Faktoren, die die Sache verkomplizierten, doch Wahram konnte dem Gespräch nicht mehr folgen.

Als Swan ihre Unterhaltung beendet hatte, ging sie mit ihm auf der Straße zurück Richtung Ortschaft.

»Die wussten also, dass Sie dieses Terrarium entwickelt haben«, sagte Wahram, während sie unterwegs waren.

»Ja. Es wundert mich, dass es noch jemand weiß. Ich erinnere mich selbst kaum daran.«

»Sie waren also Ökologin?«

»Ich war Designerin. Das ist lange her. Um ehrlich zu sein, viel von dem, was ich damals gemacht habe, mag ich nicht mehr besonders. Diese Ascensions sind einfach zu viel. Eigentlich müssten alle Terrarien dazu dienen, Arten von der Erde zu bewahren. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Aber den Leuten, die hier leben, würde ich das nicht sagen. Sie sind von der Sache überzeugt, und es ist ihr Zuhause.«

Sie wanderten mehrere Grade an der Zylinderkrümmung empor. Eine Wolke, die während des Sonnenuntergangs das Land über ihnen wie ein orangefarbener Schal umschmiegt hatte, war zu ihnen herübergezogen und umgab sie nun als diffuser Nebel. Im dunstigen Zwielicht verloren sich die Schatten, und das Land über ihren Köpfen geriet außer Sicht. Die wenigen Lichter, die von der anderen Seite herüberschienen, sahen aus wie verschwommene Sterne. Es war, als wäre die Welt eine andere geworden, eine Außen- statt einer Innenwelt.

Wahram erklärte, dass er sich zum Tellerspülen im Saturn-Restaurant gemeldet hatte, also kehrten sie zum Gästehaus in Plum Lake zurück und aßen dort. Swan hatte sich für keine Arbeit gemeldet. Das tat sie selten, erklärte sie. Während sie dort saßen, wurde Swan zunehmend schweigsam und gedankenverloren. Sie sah aus dem Fenster, ließ den Blick durch den Raum schweifen und bewegte sich dabei immer ein kleines bisschen, indem sie mit dem Fuß auf Boden klopfte oder die Fingerspitzen aneinanderrieb. Beim Essen sprach sie kein einziges Wort mehr. Zweifellos trauerte sie noch immer um Alex. Wahram, dem der Gedanke an ihren Verlust gelegentlich selbst einen Stich versetzte, blieb nichts anderes übrig, als schweigend mitzufühlen. Doch dann legte sie den Kopf auf die Seite und sagte: »Hör auf, mich vollzulabern, ich will nichts mehr von dir hören.«

»Wie bitte?«, fragte Wahram.

»Tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe mit meinem Qube geredet.«

»Kannst du ihn auch laut reden lassen?«

»Natürlich«, sagte Swan. »Pauline, du kannst laut reden.«

Eine Stimme aus Swans rechter Kopfhälfte sagte: »Ich bin Pauline, Swans treuer Quantencomputer.« Die Stimme klang wie die von Swan, allerdings war sie ein wenig gedämpft, da sie aus Lautsprechern unter ihrer Haut kam.

Swan zog eine Grimasse und fing an, sich Suppe in den Mund zu löffeln. Verblüfft konzentrierte auch Wahram sich aufs Essen. Dann blaffte Swan: »Dann rede halt mit ihm!«

Die Stimme aus ihrem Kopf sagte: »Ich habe gehört, dass Sie zum Jupiter-System unterwegs sind.«

»Ja«, antwortete Wahram misstrauisch. Er fühlte sich unbehaglich bei der Vorstellung, dass Swan ihre Qube beauftragt hatte, an ihrer Stelle mit ihm zu reden. Aber er war sich nicht sicher, ob es das war, was hier vorging.

»Was für eine Art von künstlicher Intelligenz bist du?«, fragte er.

»Ich bin ein Quantencomputer, Modell Ceres 2196a.«

»Ich verstehe.«

»Sie ist einer der ersten und schlechtesten Qubes«, erklärte Swan. »Ziemlich zurückgeblieben.«

Wahram grübelte darüber nach. Zu fragen Wie klug bist du? war wohl niemals besonders höflich. Außerdem war niemand besonders gut darin, sich selbst in dieser Beziehung einzuschätzen. »Worüber denkst du gerne nach?«, fragte er stattdessen.

Pauline sagte: »Ich bin auf informative Konversation ausgelegt, aber normalerweise bestehe ich keinen Turing-Test. Möchten Sie gerne Schach spielen?«

Er lachte. »Nein.«

Swan schaute aus dem Fenster. Wahram betrachtete sie einen Moment und konzentrierte sich dann wieder auf sein Essen. Er brauchte eine Menge Reis, um das scharfe Chili auf seinem Teller zu verdünnen.

Verbittert murmelte Swan vor sich hin: »Immer musst du dich einmischen, immer musst du reden, immer musst du so tun, als wäre alles ganz normal.«

Die Qube-Stimme sagte: »Die Anapher ist eines der schwächsten rhetorischen Mittel, eigentlich handelt es sich um bloße Redundanz.«

»Du beschwerst dich bei mir über Redundanz? Wie oft hast du diesen Satz schon zergliedert, zehn Billionen Mal?«

»So viele Male waren nicht nötig.«

Stille. Keiner von beiden schien noch etwas zu sagen zu haben.

»Beschäftigst du dich mit Rhetorik?«, erkundigte sich Wahram.

Die Qube-Stimme sagte: »Ja, es handelt sich um ein nützliches Analysewerkzeug.«

»Gib mir doch bitte mal ein Beispiel.«

»Wenn man die Begriffe Exergasia, Synathroesmus und Incrementum aufzählt, dann liefert man meines Erachtens nach ein Beispiel für alle drei Techniken in diesem einen Satz.«

Swan schnaubte. »Und zwar, Sokrates?«

»Exergasia bezeichnet die Verwendung verschiedener Umschreibungen für denselben Gedanken, Synathroesmus bezeichnet Verstärkung durch Aufzählung und Incrementum bezeichnet die Anhäufung von Einzelargumenten für eine Aussage. Indem man sie also aufzählt, tut man alles drei, nicht wahr?«

»Und auf welche Aussage zielst du mit deiner Anhäufung von Einzelargumenten ab?«, fragte Swan.