»Du hast da etwas übersehen«, sagte er harsch. »Lies die Interviews, dann siehst du, dass es in dem Labor auf Vinmara jemanden gab, der einige dieser Qubanoiden freigesetzt und zu anderen Leuten im Sonnensystem geschickt hat, die dabei geholfen haben, sie zu verstecken. Die, denen Swan in der Inneren Mongolei über den Weg gelaufen ist, und noch mindestens vier weitere – all ihre Berichte ähneln einander. Wer auch immer das getan hat, hat ihnen erzählt, dass sie defekt seien und dass sie sich davonmachen müssten, wenn sie nicht wollten, dass man sie zerlegt. Die Qubes wussten nicht, was sie davon halten sollten, und manche von ihnen verhielten sich seltsam, als sie auf freiem Fuß waren. Vielleicht waren sie defekt, ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln. Wie dem auch sei, diese Person in dem Labor hat sie Lakshmis Zugriff entzogen! Verdient sie also auch das Exil? Und verdienen die schadhaften Qubanoiden, die sich davongemacht haben, das Exil?«
Genette runzelte die Stirn und versprach, dass man sich der Sache annehmen würde.
Das stellte Wahram nicht zufrieden. Zusammen mit Genette und Alex hatte er sich von Anfang an mit dem Problem der seltsamen Qubes befasst, und jetzt hatte er das Gefühl, an den Rand gedrängt zu werden. In seinem Rollstuhl fuhr er zu einem Treffen der Interplan-Ermittler mit anderen Gruppenangehörigen, bei dem die Lage besprochen wurde, und setzte sich erneut für die Unschuldigen ein, die man zusammen mit den anderen festgenommen hatte. Letztlich war die Entscheidung zwar nicht einstimmig, aber es fand sich eine klare Mehrheit dafür, alle Qubanoiden ins Exil zu schicken; den Laborassistenten, der die defekten Qubes freigesetzt hatte, würde man dagegen hierbehalten. Wie sich herausstellte, hatte er die Qubes nicht nur gehen lassen, sondern sie auch fachgerecht aus allen Laboraufzeichnungen gelöscht. Als Genette Wahram davon erzählte, klang es, als sei der Umstand, dass der Assistent die Sache so gewieft bewerkstelligt hatte, ausschlaggebend für die Begnadigung gewesen. Wahram, der nach wie vor ganz und gar nicht zufrieden war, ließ die Sache dennoch auf sich beruhen. Der Laborgehilfe von der Venus, der kaum älter war als der Bowls-Spieler, durfte gehen. Und die armen fehlerhaften Qubes waren unter ihresgleichen vielleicht besser dran.
Als es dann so weit war, saß Wahram im Aussichtszimmer des Interplan-Kreuzers und sah zusammen mit den anderen zu, wie ein Fusionsreaktor aufloderte und Erstes Viertel von Nix seine Reise zu den Sternen antrat. Es sah aus wie ein ganz normales Terrarium, höchstens ein wenig größer. Ein Großteil seiner Masse bestand aus Eis, und von außen ähnelte es einer Eisskulptur, die eine Art großen weißen Delfin darstellte, der vor einem Schwanz aus Licht daherflog.
»Was ist mit den Leuten, die es gebaut haben?«, fragte Wahram. »War das nicht ihr Raumschiff?«
»Wir müssen es ersetzen. Sie beabsichtigen, vier davon als eine Art Flotte loszuschicken, also machen wir ihnen ein weiteres aus Hydra. Wir können auch ein Stück von Charon nehmen, wenn nötig. Sodass sie nach wie vor ihre vier Schiffe haben.«
Wahram ließ nicht locker. »Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll.«
Genette schien das nicht weiter zu kümmern. »Etwas Besseres hätten wir nicht tun können, fürchte ich! Es war schwer, all das offline und bei völliger Geheimhaltung zu regeln. Wirklich eine raffinierte kleine Operation, wenn du mich fragst. Erstaunlich, was man mit Papier und synchronisierten Uhren alles hinbekommt. Jeder, der daran beteiligt war, musste absolute Geheimhaltung wahren und den Menschen, die er oder sie in unserem Netzwerk kannte, bedingungslos vertrauen, und zwar in allen Fällen zu Recht, damit die Sache funktionieren konnte. Wenn man darüber nachdenkt, ist das eine ganz schöne Leistung.«
»Stimmt«, sagte Wahram, »aber wird das genügen?«
»Nein. Das Problem bleibt bestehen. Das hier verschafft uns lediglich eine Atempause.«
»Und … du bist dir sicher, dass ihr alle erwischt habt?«
»Ganz und gar nicht. Aber es sieht danach aus, als wäre die Anlage auf der Venus die einzige gewesen, die Qubanoide hergestellt hat, zumindest geht Wangs Qube davon aus. Außerdem wissen wir genug über ihren Energieverbrauch und den Eingang von Rohmaterialien, um abzuschätzen, wie viele sie höchstens angefertigt haben können, und fast so viele haben wir auch. Vielleicht treiben sich dort draußen noch ein oder zwei herum, aber wir glauben, dass es zu wenige sind, um Schaden anzurichten. Vielleicht gibt es noch mehr von den Defekten, die dieser junge Laborgehilfe freigelassen hat. Wie dem auch sei, wir werden versuchen, sie einzufangen, falls sie dort draußen sind.«
Was bedeutet, dachte Wahram, dass es jetzt in diesem Moment irgendwo im Sonnensystem vielleicht Maschinen in Menschenform gab, die sich in den Schutz der Menge geflüchtet hatten und versuchten, sich ihre Freiheit zu bewahren, während ein Röntgenapparat oder ein anderes Überwachungsgerät genügte, um ihre wahre Natur zu enthüllen – im Verborgenen verfolgten sie vielleicht weiter die ihnen einprogrammierten Ziele, oder auch neue, die sie sich nach einem selbst erfundenen Überlebensalgorithmus gesetzt hatten. Fehlerhaft, gefährlich, abgeschnitten von jedem anderen Bewusstsein, einsam und verängstigt – mit anderen Worten, genau wie alle anderen auch.
Quantum-Walk (3)
am Rande des Sumpfes quaken die Frösche anhand von Tabellenwerken kann man errechnen, wie oft und wann es bei einer Art zur Fortpflanzung kommt Morphogenese ist der Prozess durch den ein Organismus sich selbst erschafft Wachstumskurven mit zeitlicher Verzögerung das Ergebnis ist ein oszillierendes Muster die Raubtiere immer einen Viertelzyklus hinter der Beute
diese neuen Menschen bringen dich fort, um dich zu zerstören dicke Pistole vor deinem Gesicht befehlen dir zwischen ihnen zu gehen weg von deinen Helfern dort draußen an der Küste von Jersey Manhattans Wolkenkratzer am östlichen Horizont auf der Flucht auf der Jagd
nach der Pistole treten und laufen Menschen kapieren lächerlich langsam in die aschgrauen Schatten des dunklen Buschwerks ducken und umdrehen über einen Bach springen grüne Weide mit zerknautschten Moosflecken waren Perserteppiche je grün?
beinahe in eine andere Person hineinlaufen sieht menschlich aus
ich brauche Hilfe man hat mich gerade überfallen und ich glaube sie sind immer noch hinter mir her
Mensch starrt dich an durch und durch blaue Iris marmoriert mit dunklerem Blau dann komm mal mit
auf einem Fußweg davon Mensch bleibt stehen zeigt Reh mit weißem Schwanz erstarrt an Ort und Stelle Ohren ihnen zugewandt ein schreckhaftes Temperament sie sind wieder da der Mensch sagt
Du sagst möchtest du gerne Schach spielen?
Mensch sagt klar auf geht’s
Zu einem kleinen Schuppen ein anderer Mensch ist schon da sie reden in der Küche gehen raus bei Sonnenuntergang das Rot auf den Hügeln raubt mir den Willen Nadeln an den Kiefern pieksen Silber sommergrüne Blätter üppig auf den Westhängen eine entfernte Straßenlaterne hält dem Sonnenuntergang ihr Glimmen entgegen und erzeugt einen Raum aus Licht und ohne Schatten, ganz klar und deutlich da ist ein Fuchs am Rande einer Lichtung gleitet durchs Unkraut rostrot und weiß die Saat verbreitet sich von der Erde ins All und wieder zurück eine Symbiogenese die beide voranbringt Blau des Himmels leicht verhangen von weißen Schleiern
Swan das ist Zasha im Haus ich hab hier was einen Schachspieler wirkt ein bisschen durcheinander
schwarze Vögel ziehen in breiten Bahnen zur Stadt zurück landen in einem Baum am Horizont schwarze Punkte flattern faul lassen sich nach einem langen Tag nieder
Vogelrufe reden miteinander um die fünfzig Vögel verschiedener Arten die eine Art Schallkugel erzeugen im Zusammenspiel entsteht Musik das Continuo ist das Brummen der Autos Laster Generatoren Motoren Antriebe ein Flugzeug, so groß, dass es aussieht, als ob es ganz nah wäre sein Schall weit hinter ihm am Himmel Vogelchöre bei Sonnenuntergang Überschuss und Überlagerung Zivilisation hoch oben in der Luft Vogelweisheiten in urtümlichen Bereichen des Gehirns konserviert anscheinend nicht programmierbar erfordert enorme Vorstellungskraft