fast Mitternacht ein dritter Mensch trifft ein hochgewachsen anmutig hallo Zasha wie geht’s
durch Grußformeln erkennt man die Realität des Anderen an Namasté Ich grüße den Geist in dir
ich bin Swan erzähl mir von dir
fasse Ereignisse zusammen, seit du zu Bewusstsein gelangt bist zur Tür hinaus auf die Straße geschubst Abreise von Venus Transport durch Menschen auf privaten Wegen Landung auf der Erde alles begann als Versuch die Verfinsterung auf der Venus zu beenden nicht sofort sondern als ein Projekt das risikofrei durchgeführt werden sollte Hoffnung ist das mit den Federn das in der Seele nistet wusste nichts von den Einzelheiten des Plans Helfer waren irgendwie eigentlich gegen das Gesamtprojekt Helfer festgenommen oder entführt erzwungene Abreise gehört dass man uns einschläfern wird Flucht
Swan schaut Zasha an diese Mistkerle behandeln sie wie Qubes
Und? Sagt Zasha Wie nennst du sie denn? Qubanoiden? Qubeleute?
Qubeleute ist gut ich sage, sie sind wie Pauline vergiss nicht dass es ein Qube war der die E-Teh-Ha mitten in die Steinchenattacke geflogen hat hat sich für uns umgebracht hat seine Pflicht getan ich mag Genette, so wie jeder was einiges heißen will trotz allem aber deshalb müssen wir nicht in allen Fragen übereinstimmen das ist einfach verrückt
Jean meint bloß dass wir die Uhr erst einmal zurückdrehen müssen
das geht nun mal einfach nicht! So funktioniert das Leben nicht Ich nehme den hier mit
Swan
versuch bloß nicht mich aufzuhalten! Steht schnell auf Faust zum Schlag bereit angezogen
Zasha mit erhobenen Händen Halt halt ich widerspreche dir ja gar nicht dieses eine Mal liegst du vielleicht sogar richtig darum habe ich dich angerufen bis jetzt habe ich dabei geholfen diese Dinger aufzuspüren und als ich gehört habe dass dieser hier uns durch die Lappen gegangen ist bin ich losgegangen um ihn zurückzuholen es war ganz einfach sie sind leichtgläubig aber dann habe ich dich angerufen ich habe dich angerufen
Z ach Z im Morgengrauen reisen wir ab
Zasha schüttelt den Kopf du und deine Zugelaufenen schon wieder fängst du damit an Scheiße jedes Mal, wenn du hier bist
He du hast mich gebeten herzukommen du wolltest meine Hilfe du wolltest, dass ich das tue
Ja ja mach schon verschwind einfach
Die Morgendämmerung hebt mich empor fragt einer wie es kommt das weiß der Künstler der mich schuf
die Hoffnung ist ein Vogel die Vögel sind schweigsamer bei Tagesanbruch schläfriger die Verheißung des Lichts macht sie heiter eine Brise kräuselt das Vorzimmer der Dämmerung
Folge Swan zu einem Fahrzeug zu einem Hafen, in dem eine öffentliche Fähre wartet all die Gesichter voller Leben nach innen gerichtete Augen betrachten andere Zeiten Vergangenheit oder Zukunft oder betrachten den Tag wie du
Über den breiten Fluss der Hochwasser führt Oberfläche vom Wind muschelförmig aufgewirbelt vom Kielwasser durchfurcht gurgelnde Querströmungen der runde Bug der Fähre gleitet auf der Welle bricht sie verschlingt das zerbrochene Wasser gleitet weiter Manhattan vor ihnen von links nach rechts eine menschengemachte Klippe die Sonne ist noch nicht darüber gestiegen lange Schatten auf dem Fluss langsam in die Landebucht tuckern eine riesige Klammer, die die Fähre greift und sie zur Ruhe wiegt
Mit den Leuten raus auf eine Plattform raus zwischen hohen Gebäuden unten Kanäle lange dünne Boote 52 Boote sichtbar 423 Menschen im Morgenschatten jetzt schon viel los
Was meinst du? fragt Swan Kannst du als Mensch durchgehen? Kommst du zurecht?
41 sichtbare Boote 364 Menschen wir sind die Vögel die bleiben
ich komme zurecht
Gut dann ab mit dir
der Mensch küsst dich auf den Mund das Aufeinanderklicken der Eckzähne lässt euch beide erschrecken mit einem Mal wird dir die Wirklichkeit des anderen bewusst schau in die Augen ahornfarbene Iriden das linke Auge mit einem blauen Bogen unten Tu Gutes geh
Wahram
Die Leute hungern in zweierlei Hinsicht nach Zeit. In manchen Fällen möchten wir, dass etwas schneller eintritt: das Terraforming einer neuen Welt, die wir liebgewonnen haben, allumfassende Gerechtigkeit im menschlichen Miteinander, der Beginn eines guten Projekts. Andere Dinge sollen langsamer verstreichen: unser eigenes Leben, das Leben unserer Lieben. So oder so hungern wir nach Zeit – mehr Zeit, um Dinge zu tun, Dinge zu erleben.
Im Alter von 113 zu heiraten ist der Triumph der Erfahrung über die Hoffnung. Man hat schon so viele Leben gelebt. Die eigenen Hoffnungen sind längst auf eine gewisse Konzentration reduziert, die man seinem Alltag widmet. Das Leben hat einen alles gelehrt, was es zu lehren hat; weitere Erfahrungen werden nur Wiederholungen sein.
Aber niemals eine genaue Wiederholung. Das Leben ist immer allerhöchstens pseudoiterativ. Jeder Tag hat seine Besonderheiten. Wenn man Tag für Tag das Gleiche tut, als ein Ritual, um gegen das Verstreichen der Zeit aufzubegehren, den Augenblick zu bewahren, entfernt man diese Besonderheiten nicht, sondern arbeitet sie heraus. Die Tiere, unsere horizontalen Brüder und Schwestern, erinnern uns daran; jeder Tag ist ein erlebtes Abenteuer, ein Erfolg. Nichts wiederholt sich jemals. Mit jedem Atemzug saugen wir etwas von der Atmosphäre ein, schnappen wir nach Leben. Ein Hoffen auf Erfahrung. Das muss man spüren und weitermachen.
Mit diesen Gedanken im Kopf saß Fitz Wahram im Sitzungssaal des Titan-Rats für planetare Beziehungen. Als er an der Reihe war, stellte er seinen versammelten Mitarbeitern sein Anliegen vor.
»Man sollte meinen, dass die terranischen Nationalstaaten nach all der Zeit aus Erfahrung klug geworden wären und sich miteinander ausgesöhnt hätten, sodass sie konsistente und aufeinander abgestimmte Beziehungen zu den Siedlungen auf anderen Planeten pflegen könnten und Schluss wäre mit all der Verwirrung und Uneinigkeit, die ihr gegenwärtiges Verhalten mit sich bringt. Aber nein. Bislang schaffen sie das einfach nicht. Vielleicht brauchen sie noch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte. Niemand kann sagen, wie es mit der Erde weitergehen wird. Derweil haben sich die Beziehungen zu unserem ehemaligen Patron, dem Mars, wieder halbwegs normalisiert. Wie ihr alle wisst, haben die Arbeiten im Saturn-System überhaupt nur angefangen, weil die Marsianer so dringend Stickstoff benötigten, und so haben sie eine Menge für die Besiedelung hier geleistet. Der völlige Bruch mit dem Mars war seinerzeit zwar notwendig, aber er muss nicht ewig bestehen bleiben und sollte es auch nicht. Wir sind inzwischen stark genug, um mit dem Mars zu verhandeln, ohne uns dabei unterbuttern zu lassen. Tatsächlich wäre es sogar ein Zeichen von Stärke unsererseits, wenn wir erneut Beziehungen zum Mars aufnehmen. Ich schlage also vor, dass wir ihnen eine Wiederaufnahme der Stickstofflieferungen vom Titan anbieten, und zwar in fast so hohem Umfang wie früher, aber im Rahmen einer neuen Vereinbarung, die wir kontrollieren, also ein echtes, faires Handelsabkommen. Das würde beiden Planeten zugutekommen. Die Atmosphäre des Titan enthält nach wie vor etwa doppelt so viel Stickstoff, als uns lieb ist. Also sollten wir eine Menge festsetzen, die für den Tauschhandel freigegeben wird. Das könnte ein Dreieckshandel sein: Der Titan liefert Stickstoff an den Mars, der Mars lässt dem Merkur Wiederaufbau- und Entwicklungshilfe zukommen, und der Merkur liefert Schwermetalle und Seltene Erdelemente an den Saturn. Außerdem hilft er dabei, die Belieferung mit Licht von den Vulkanoiden sicherzustellen.«
Es gab nun eine Menge Fragen und eine kurze Debatte. Dann sprach wieder Wahram:
»Durch die verbesserten Beziehungen zwischen allen drei Parteien könnten wir uns besser gegen die Erde behaupten, wenn diese in den Imperialismus zurückfällt und ihre inneren Zwistigkeiten und Rivalitäten sich auszubreiten und uns alle mitzureißen drohen. Vielleicht können wir sogar bei der Lösung einiger dieser alten Probleme helfen. In gewisser Weise würden wir damit die Reanimierung fortführen, die schon zu so bemerkenswerten Erfolgen geführt hat.«