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Die sogenannte unsichtbare Revolution auf der Erde führte zur Wiedererschaffung sowohl ihrer physischen als auch ihrer politischen Landschaften. All das war eine Folge der Reanimierung. Eine weitere unsichtbare Revolution, die sich im selben Zeitraum ereignete, war das Zusammenwachsen des menschlichen und des Qube-Lebens, ein Unterfangen, das bis heute allen Technikern, Philosophen und Qubes, die sich diesem Problem widmen, Rätsel aufgibt

es stellte sich heraus, dass auf dem Mars eine kleine Arbeitsgruppe innerhalb der offiziellen Regierung von einem Kader von Qube-Simulakren infiltriert und beeinflusst worden war, die allesamt entführt und ins Exil geschickt wurden. Die darauffolgende Neuordnung der Regierung näherte den Mars in der Folge deutlich an das beschriebene demokratische System an und hatte den Wiedereintritt in den Mondragon-Bund zur Folge

Nachdem Mehrheiten auf Kallisto, Ganymed, Europa, Titan, Triton und sogar Luna Pläne zum umfassenden Terraforming ihrer Welten bekannt gegeben hatten, wurden alle Gase und insbesondere Stickstoff sehr viel teurer; die Inflation traf das ganze System auf einen Schlag; und gegen Ende des 24. Jahrhunderts hatte die Saturn-Liga ein gewaltiges Vermögen angesammelt

All diese unsichtbaren Ereignisse erschweren es, die Geschichte jener Jahre niederzuschreiben. Und all diese Ereignisse setzen sich bis heute fort, wenn auch gegen den heftigen Widerstand der Zeit, der materiellen Bedingungen und der menschlichen Widerspenstigkeit – oder genauer gesagt der menschlichen Angst, die sich verzweifelt an verschiedene eingebildete Requisiten aus vergangenen Zeiten klammert, von denen man irgendwie meint, sie würden die Welt zusammenhalten. Aus diesem Grund besteht nach wie vor das Risiko eines Totalversagens, des Abstiegs in den brabbelnden Irrsinn und in die völlige Auslöschung. Das wird immer so sein. Wir haben keine andere Wahl, als es weiterhin zu versuchen

Epilog

Wenn man im Pavonis-Weltraumaufzug zum Mars hinabfährt, kann man durch den durchsichtigen Boden den roten Planeten sehen, wie er einem entgegenkommt. Die drei Prinzvulkane oben auf dem Tharsis-Wulst sind dicht hintereinander aufgereiht, wie Grabhügel, die von einem Stamm roter Menschen errichtet worden sind. Weit im Westen erhebt sich der Olympus Mons wie ein runder Kontinent für sich. Die zehn Kilometer hohen Felswände, die ihn umgeben, wirken von hier aus wie eine abgeschrägte Kante um seinen Fuß. Der Rest des Planeten ist von den zahlreichen grünen Linien, die Kreuz und quer über ihn verlaufen, in riesige Vielecke unterteilt – das sind die berühmten Kanäle, die man in den Anfangstagen des Terraforming in den Boden geschnitten hat. Man hat dafür Birch-Solettas in der Umlaufbahn eingesetzt, die das Sonnenlicht wie ein Brennglas auf die Planetenoberfläche fokussiert und dabei Temperaturen erzeugt haben, die hoch genug waren, um den Fels schmelzen und verdampfen zu lassen. Ein gutes Stück Mars ist in dieser Weise verbrannt worden, um die gewünschte Luft und Wärme zu erzeugen. Um den genauen Verlauf der Brandschneisen festzulegen, ließ man sich von Lowells Karten aus dem späten 19. Jahrhundert inspirieren, und nachdem man das schon mal gemacht hatte, nahm man auch das alte Bezeichnungssystem für diese Kanäle wieder auf, ein Hexengebräu aus Griechisch, Latein, Hebräisch, Ägyptisch und anderen alten Sprachen, sodass man heute auf Orte mit Namen wie Nodus Gordii, Phaetontis, Icaria, Tractus Albus, Nilokeras oder Phoenicis Lacus stößt. Die eigentlichen Kanäle bilden nur ein dünnes Band in der Mitte der begrünten Streifen, die zuweilen paarweise durch die rote Wüste verlaufen. Sie treffen etwa in Sechseckwinkeln aufeinander, und ihre Schnittpunkte sind üppige Oasen mit eleganten Städten, die um wassergefüllte Kanal- und Schleusensysteme, Seen und Springbrunnen herum angeordnet sind. Eine fantastische Vision des 19. Jahrhunderts stellt damit also die Grundlage für eine tatsächlich entstandene Landschaft dar. Manche bezeichnen das als Geschmacksverirrung. Aber damals, zu Beginn, hatte man es eilig, und jetzt sieht es eben so aus.

Nördlich des Olympus Mons trat die Hochzeitsgesellschaft aus einem Bahnhofstor ins Freie, genau wie man es auf der Erde machte. Es war früh am Morgen, kühl und windig. Der Himmel war Maxfield-Parrish-Blau; gewaltige Sequoien, Eukalyptusbäume und Roteichen standen in kleinen Grüppchen. Der Kanal verlief über die Ebene vor der Anhöhe, auf der sie sich befanden, zu einer Seite von Zypressen gesäumt. Zwischen den Dämmen sah das Kanalwasser aus, als stünde es etwas höher als das umliegende Land. An vielen Stellen verliefen breite Spazierwege oben auf den Dämmen, grün, voller Menschen und gesäumt von Häusern. Weiter unten, an den Seiten der Dämme, war hier und da zu erkennen, dass sie aus aufgeschüttetem schwarzem Glas bestanden.

Sie fuhren mit einer Tram auf einem der Dämme entlang, Richtung Olympus Mons. Breite Straßen gingen in die grünen Felder ab, die unter ihnen dahinzogen. Die grasbewachsenen Spazierwege waren von kastenförmigen Gebäuden flankiert, die oft mit jugendstilartigen Keramik-Wandgemälden verziert waren. Sie passierten weiße Plätze unter Palmen und wiesen einander auf die üppige Schönheit hin, und auch auf den einheitlichen Stil, dessen Sechseckmuster an ein Schwarmbewusstsein erinnerte. Ein grünes, schönes Land. Sie fuhren mit der Tram von einer Oase zur nächsten, während die Zypressen neben den Schienen ein regelmäßiges Aufblitzen von Licht und Schatten erzeugten. Gärten in der Wüste. Die übertrieben terranische Anmutung in Verbindung mit der merkurleichten Schwerkraft erzeugte eine traumartige Atmosphäre. Der Merkur würde nie so aussehen. Kein anderer Ort konnte jemals so aussehen.

Genette stand auf einem Stuhl am Fenster und schaute aufmerksam auf die vorbeiziehende Aussicht. »Dort habe ich mal gewohnt.« Der Inspektor deutete auf einen schnell vorbeiziehenden Marktplatz in der Mitte einer Stadt. »Ich glaube, in genau dem Gebäude dort.«

Ihre Tram hielt an einem Bahnhof in Hougeria, wo sie in eine Magnetschwebebahn umstiegen, die sie zur nordöstlichen Seite des Olympus Mons bringen würde. Da sie noch auf ihren Zug warten mussten, machten sie einen Spaziergang in den Ort. Hier waren alle Kanäle zugefroren, und die Leute liefen mit den Händen hinterm Rücken auf ihnen Schlittschuh. Es war sonnig, aber kühl.

Swan beschwerte sich über den Ausflug zu dem großen Vulkan. »Warum fliegen wir überhaupt zum Mars, wenn wir so weit nach oben gehen, dass es keine Atmosphäre mehr gibt und wir uns doch wieder in einem Zelt aufhalten müssen? Dort oben ist es ganz egal, wo wir sind.«

Ihre Begleiter schienen das als rhetorische Frage aufzufassen: Swan würde wohl kaum vergessen haben, dass sie zum Epithalamium unterwegs waren. Wahram beschirmte sich die Augen mit der Hand und blickte nach Süden, an der Flanke des großen Vulkans empor. Sie befanden sich an der einzigen Stelle, an der der Olympus Mons nicht von einem riesigen Wall eingefasst wurde, einem ringförmigen Steilhang mit einer Höhe von zehn Kilometern, der bemerkenswert gleichförmig rund um den Berg verlief; doch hier hatte sich in den letzten Jahren vulkanischer Aktivität eine Lavaflut gegen und über den Wall ergossen – und war auf der anderen Seite als Feuerfall zehn Kilometer in die Tiefe gedonnert, ein Schauspiel, das Wahram sich in diesem Moment auszumalen versuchte: zehntausend Meter freier Fall, währenddessen die rote Lava zweifellos abgekühlt und erst orange und dann schwarz geworden war, sich am Boden immer weiter aufgetürmt hatte, bis der Hang völlig unter der Lava begraben gewesen war, woraufhin das geschmolzene Gestein dann weiter Richtung Nordosten geflossen war und am Ende eine breite, sanft ansteigende Rampe hinterlassen hatte, die sich von den oberen Hängen des Vulkans bis hinab in die Ebene erstreckte. Das war die feurige Vergangenheit des Bodens unter ihren Füßen.