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»Ein Meteor«, sagte er fassungslos.

Swan funkte über den offenen Kanal. Einige weitere Steine gingen um sie herum nieder, unsichtbar, bis eine Stauberuption sie verriet. Es sah aus, als würde die Landschaft um sie herum explodieren, als würden Minen hochgehen. Der eine oder andere herabfallende Stein war heiß und sah aus wie eine Sternschnuppe. Einige Funken flogen noch immer oben zwischen den Sternen. Entweder einer würde sie treffen oder eben nicht; es war ein scheußliches Gefühl. Er hatte nicht den Eindruck, dass es ihnen besonders viel helfen würde, sich die Arme über die Helme zu halten.

Staub blies über sie hinweg und legte sich in gemächlichen Bahnen und Schleiern. Gelb über Grau: Doch sobald das obere Ende der Staubwolke so weit herabgesunken war, dass die horizontalen Sonnenstrahlen sie nicht mehr erreichten, senkte sich einmal mehr die finstere Merkurnacht über sie, und nur die entfernte Kraterwand spendete ihnen Licht. In der Mitte von Wahrams Blickfeld pulsierten noch immer rote Balken. Alles kam ihm nun sehr viel dunkler vor.

»Direkt dort draußen ist eine Gruppe Sonnenläufer, oben, knapp unterhalb der Kraterwand«, sagte Swan grimmig. Sie fragte etwas auf dem offenen Kanal. »Einer von ihnen wurde getroffen, und sie brauchen Hilfe. Komm mit.«

Halb blind und verwirrt folgte er ihr von den Schienen weg. »War das ein Meteoreinschlag?«

»Sieht ganz danach aus. Obwohl die Schienen eigentlich ein Abwehrsystem haben. Ich weiß nicht, was passiert ist. Komm schon, wir müssen uns beeilen! Ich will zurück in die Stadt. Sie ist … ohhh …« Sie stöhnte, als ihr mit einem Mal klar zu werden schien, dass die Stadt zum Untergang verurteilt war. »Nein!«, rief sie, während sie ihn Richtung Süden mit sich zerrte. »Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein.« Immer und immer wieder, während sie weiterstolperten. Und dann: »Wie kann das sein

Er war sich nicht sicher, ob es eine rhetorische Frage gewesen war. »Keine Ahnung«, antwortete er. Sie zerrte an ihm, und er hielt den Blick zu Boden gerichtet, um nicht über einen Stein zu stolpern und hinzufallen. Überall lagen Felsbrocken herum. Er versuchte sich zu erinnern, was er gesehen hatte; war da ein Blitz gewesen? Von oben? War die Explosion nicht vom Boden aufgestiegen? Nein – sie hatte sich abwärtsbewegt. Er schloss die Augen, doch der rote Balken und die hellroten Wolken tanzten noch immer vor dem schwarzen Hintergrund seiner Lider umher. Er öffnete die Augen und blickte zu Swan. Später konnten sie vielleicht die visuellen Aufzeichnungen ihres Qubes studieren, vorausgesetzt, er fertigte welche an. Swan murmelte gerade etwas in dem verärgerten Tonfall, den sie normalerweise Pauline gegenüber anschlug.

Sie führte ihn um eine Kuppe, und als sie sie passiert hatten, machten sie eine Gruppe von drei Menschen in Raumanzügen aus, die erfreulicherweise alle gehen konnten. Einer hielt sich allerdings mit der Hand einen Arm, was ihn unbeholfen taumeln ließ. Die anderen beiden gingen an seinen Seiten und halfen ihm oder versuchten es zumindest.

»He!«, funkte Swan auf dem offenen Kanal, und die drei blickten auf und beobachteten, wie Swan und Wahram sich näherten. Einer winkte. Ein paar Minuten später waren Swan und Wahram bei ihnen.

»Wie geht es euch?«, fragte Swan.

»Wir sind froh, am Leben zu sein«, sagte der, der sich den Arm hielt. »Ich bin am Arm getroffen worden!«

»Das sehe ich. Gehen wir in die Stadt zurück.«

»Was ist passiert?«

»Sieht so aus, als wären die Schienen von einem Meteor getroffen worden.«

»Wie ist das möglich?«

»Ich weiß es nicht. Kommt schon!«

Ohne weitere Diskussion begannen die fünf zügig Richtung Schienen zu gehen. Sie sprangen im Mars-Laufschritt, mit dem sie die lokale Gravitation voll ausnutzten. Wegen seiner Zeit auf dem Titan, der etwa halb so viel Schwerkraft ausübte, damit aber nah genug dran war, beherrschte Wahram diese Laufweise ebenfalls recht gut. Zusammen liefen sie in großen Sätzen schräg nach Westen den sanften Hang hinab, auf dem schnellsten Weg Richtung Stadt. Wahram hatte ein seltsames Jaulen im Ohr, ein tierhaftes, qualvolles Stöhnen. Erst dachte er, dass es von dem verletzten Sonnenläufer käme, doch dann begriff er, dass Swan es von sich gab. Natürlich, es war ihre Stadt, ihr Zuhause.

Sie kamen über den Kamm einer Anhöhe, von der aus sie freie Sicht auf die obere Hälfte der Stadtkuppel hatten, die wie die blaue Blase eines Taschenuniversums über den Horizont lugte. Die Stadt war anscheinend immer noch in Bewegung. »Die Schienen voraus sind beschädigt«, sagte er.

»Ja, natürlich!«

»Gibt es eine Möglichkeit für sie, ein fehlendes Schienenstück zu umgehen?«

»Nein! Wie sollte das funktionieren?«

»Ich weiß nicht, ich … ich dachte nur. Normalerweise versucht man bei Lebenserhaltungssystemen, solche kritischen Punkte zu vermeiden.«

»Natürlich. Aber die Schienen sind geschützt, es gibt ein Anti-Meteor-System!«

»Dann hat es wohl nicht funktioniert?«

»Anscheinend nicht!« Erneut schrie sie auf. Selbst gedämpft durch die Gegensprechanlage in seinem Anzug war es ein durchdringender Laut.

Die Sonnenläufer besprachen sich untereinander, ganz offensichtlich auch voller Sorge.

»Was machen wir, wenn wir dort ankommen?«, fragte Wahram auf dem offenen Kanal.

Swan hörte auf zu stöhnen und erwiderte: »Wie meinst du das?«

»Gibt es Rettungsboote? Du weißt schon – Rover, mit denen man zum nächsten Raumhafen kommt?«

»Ja, natürlich.«

»Genug für alle?«

»Ja!«

»Und gibt es genug Raumschiffe im nächsten Raumhafen? Genug für die gesamte Bevölkerung von Terminator?«

»In allen Raumhäfen gibt es Notunterkünfte, die für einen Haufen Menschen reichen. Und Fahrzeuge, die sie westwärts zum nächsten bringen können. Und manche Hopper kommen auch auf der Sonnenseite zurecht.«

Während sie über die schwarze Geröllebene eilten, mühte sich Terminator langsam über den Horizont. Der obere Teil von der Innenseite der Dämmerungsmauer war nun zu erkennen. Sie sah sehr viel steiler aus, als sie es in Wirklichkeit war, und bestand ganz aus weiß verputzten Wänden und Bäumen. Ein breiter grüner Balken markierte die Baumkronen im Park. Vor den Bäumen erstreckten sich die Felder. Eine Schneekugel auf silbernen Schienen, die ihrem Verderben entgegenfuhr. In der Stadt waren keine Menschen zu sehen, obwohl sie mittlerweile weit über ihnen aufragte. Mit Sicherheit befand sich niemand mehr auf den Terrassen der Dämmerungsmauer. Sie sah verlassen aus.

Und es gab keine Möglichkeit, nach oben in die Stadt hineinzugelangen. Der Bahnsteig hatte sich in der Aufschlagzone befunden. Mit Sicherheit waren alle, die bei dem Konzert gewesen waren, ums Leben gekommen. Im Stadtinnern konnten sie drei Tiere sehen: einen Hirsch, ein Reh, ein Kitz. Swans Schreie wurden eine Oktave höher. »Nein. Nein!«

Es war seltsam, dort zu stehen und die mediterrane Ruhe der leeren Stadt vor Augen zu haben.

Swan rannte unter die Schienen nördlich der Stadt, und der Rest folgte. Von dieser Seite aus konnten sie einen kleinen Konvoi von Bodenfahrzeugen weit im Norden und Westen sehen, die sich durch die Bresche in Beethovens nordwestlicher Wand von ihnen entfernten. Die Fahrzeuge waren schnell und verschwanden schon bald hinterm Horizont.

»Sie sind fort«, stellte Wahram fest.

»Ja, ja. Pauline?«

»Wir können wohl auch zu Fuß zum Raumhafen gehen?«, fragte Wahram besorgt.

Doch Swan sprach gerade mit ihrem internen Qube, und Wahram konnte dem Wortwechsel nicht folgen. Ihr Tonfall war jedenfalls schneidend.