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Er fing an zu schwitzen. Wahrscheinlich lag es bloß an seiner Angst und daran, dass er seinen Schritt unwillkürlich beschleunigte. Die Kühlung seines Anzugs begann hörbar zu brummen, ein leises, aber schreckenerregendes Geräusch. Der Schweiß würde ihm über Flanken und Beine strömen und sich bei der Versiegelung oberhalb der Stiefel sammeln. Es konnte sich wohl kaum so viel ansammeln, dass er darin ertrank, aber ganz sicher war er sich dessen nicht. Swan, ein schwarzes Flackern in der Sonne, war zu einer Art Brockengespenst geworden, das in einem hellen Pulsieren verschwand und wieder auftauchte. Er meinte zu sehen, wie sie sich über die Schulter nach ihm umblickte, aber er wagte es nicht, ihr zuzuwinken, aus Angst, die Balance zu verlieren und zu stürzen. Sie wirkte klein, und mit einem Mal erkannte er, dass sie nur von den Knien an aufwärts zu sehen war. Der Horizont war etwa genauso weit weg wie auf dem Titan. Das bedeutete, dass sie wahrscheinlich einen Vorsprung von fünf bis zehn Minuten hatte.

Dann erschien die Oberkante des Bahnsteigs unmittelbar links von ihr über dem Horizont, neben dem südlichsten Schienenstrang, und einmal mehr beschleunigte er seinen Schritt. Bei jeder körperlichen Anstrengung konnte man am Ende normalerweise noch einmal etwas zulegen.

Doch diesmal schien er wirklich an seinen Grenzen angelangt zu sein. Tatsächlich verwandelte sich das Ganze sehr schnell in den verzweifelten Versuch, seine Geschwindigkeit zumindest aufrechtzuerhalten. Er keuchte und musste sich dazu zwingen, im Rhythmus seiner schweren, dumpfen Sätze zu atmen, einmal nach Luft schnappen für zweimal Auftreten. Es war höchst beängstigend aufzublicken und festzustellen, dass die Korona nun beinahe über dem gesamten sichtbaren Horizont im Osten aufloderte; durch die leichte Krümmung wirkte es so, als würde sie früher oder später den gesamten Himmel ausfüllen, als wäre das, was vor ihnen aufging, eine Art universale Sonne. Der Merkur schien wie eine Bowlingkugel, die mitten in dieses Licht hineinrollte.

Sein Anzug war nun bis zu den Oberschenkeln mit Schweiß gefüllt, und einmal mehr fragte er sich, ob er darin ertrinken konnte. Andererseits konnte er sich vielleicht auch retten, indem er seinen Schweiß trank. Glücklicherweise blies ihm sein Luftvorrat nach wie vor kühl ins Gesicht.

Die Polarisierung seines Visiers veränderte sich, und durch das schwarze Glas spaltete sich die Struktur der Sonne in Tausende kleine Flammenzungen auf. Große Felder dieser Fäden bewegten sich im Gleichtakt, und ganze Bereiche wirbelten wie vom Wind aufgewühltes Wasser. Die Sonne sah aus wie ein lebendes Geschöpf, ein Tier aus Feuer.

Der Bahnsteig war eine schwarze Fläche in der Schwärze, Swan eine schwarze Bewegung daneben. Er kam bei ihr an, hielt inne, schnappte eine Weile nach Luft, mit auf die Knie gestützten Händen, der Sonne den Rücken zugekehrt. Ihr Wehklagen war verstummt, obwohl sie noch von Zeit zu Zeit leise stöhnte. Die Sonnenläufer waren anscheinend bereits mit dem Fahrstuhl nach unten gefahren; sie wartete, dass er wieder hochkam.

»Tut mir leid«, sagte er, als er wieder sprechen konnte. »Tut mir leid, dass ich so spät dran bin.«

Sie schaute zur Sonne, die nun vier fingerbreit über dem zerklüfteten schwarzen Horizont stand. »Lieber Himmel, schau dir das an«, sagte sie. »Schau dir das bloß mal an.«

Wahram versuchte es, doch es war zu hell, zu groß.

Dann flog ein Bogen der Korona sehr viel höher als alle bisherigen, als streckte die Sonne einen Arm aus, um sie mit ihrer Berührung zu versengen. »O nein!«, rief Swan und zog Wahram an sich und gegen die Tür, wobei sie sich von ihm aus gesehen an die Sonnenseite schob und ihn herunterdrückte, um ihn mit ihrem Leib abzuschirmen. Fluchend drückte sie über seine Schulter hinweg auf die Fahrstuhlknöpfe.

»Komm schon, mach hin!«, brüllte sie. »Oje, das ist eine große Eruption, das ist übel. Wenn man so eine sieht, hat sie einen bereits erwischt.«

Endlich glitt die Fahrstuhltür auf, und sie hasteten hinein. Die Türen schlossen sich. Sie spürten, wie die Aufzugskabine abwärtsfuhr.

Als Wahrams Visier und seine Augen sich an die normalen Lichtverhältnisse angepasst hatten, sah er, dass Swans Gesicht hinter dem Glas nass von Rotz und Wasser war.

Sie schniefte laut. »Verdammt, das war eine große Eruption«, sagte sie und wischte sich durchs Gesicht. Als der Fahrstuhl anhielt und sie ausstiegen, sagte sie zu den Sonnenläufern: »Hat jemand von euch ein Dosimeter dabei?«

Einer von ihnen antwortete, als zitierte er: »Wenn du das fragst, willst du die Antwort nicht wissen.«

Sie blickte zu Wahram, mit einer grimmigen Miene, wie er sie noch nie bei ihr gesehen hatte. »Pauline?«, sagte sie. »Finde das Dosimeter in diesem Anzug.« Eine Weile hörte sie zu, dann griff sie sich an die Brust und sank auf ein Knie herab. »O Scheiße«, sagte sie schwach. »Ich bin erledigt.«

»Wie viel hast du abbekommen?«, rief Wahram beunruhigt. Er schaute auf sein Armpad: Es zeigte eine Strahlungsspitze von 3,762 Sievert an. Zischend sog er den Atem ein. Sie würden bei ihrer nächsten Behandlung eine Menge DNA reparieren lassen müssen – wenn sie bis dahin überlebten. Er wiederholte seine Frage. »Wie viel hast du abbekommen?«

Ohne ihn anzuschauen, stand sie auf. »Ich möchte nicht darüber reden.«

»Das war ein ordentliches Stück Sonne«, sagte er.

»Daran liegt es nicht«, sagte sie. »Es war diese Eruption. Pech.«

Die Sonnenläufer nickten, und Wahram lief ein leichter Schauer über den Rücken.

Sie befanden sich in einer Luftschleuse. Die Fahrstuhltür ging hinter ihnen zu, und die Tür auf der anderen Seite der Schleuse öffnete sich; er spürte einen leichten Luftstrom. Sie betraten einen niedrigen Raum von beträchtlicher Größe, aus dem mehrere Türen und Durchgänge hinausführten.

»Ist das eine Zuflucht?«, fragte Wahram. »Müssen wir hierbleiben, während die Sonne über diese Seite des Planeten zieht? Können wir so lange hierbleiben?«

»Das hier ist Teil eines ganzen Systems«, erklärte Swan. »Es wurde angelegt, um den Bau der Schienen zu unterstützen. Jeder zehnte Bahnsteig hat eine Einheit wie diese darunter, und sie alle sind durch einen Wartungstunnel verbunden.« Die Sonnenläufer waren bereits dabei, die Schränke in einer Wand zu durchsuchen.

»Also könnten wir in diesem Tunnel unter der Erde laufen und versuchen, die Nachtseite einzuholen? Wo man uns helfen kann?«

»Ja. Aber ich frage mich, ob die Stelle unter dem Meteoreinschlag noch passierbar sein wird. Wir können wohl mal nachsehen gehen.«

»Ist er überall beheizt und mit Luft gefüllt?«

»Ja. Nachdem einige Leute gestorben sind, die hier unten Schutz gesucht haben, hat man die Stationen so eingerichtet, dass alles absolut Lebensnotwendige vorhanden ist. Allerdings glaube ich, dass man den Wartungstunnel auf dem Weg Abschnitt für Abschnitt unter Druck setzen muss. Wie wenn man das Licht anschaltet.«

Als einer der Sonnenläufer den Daumen hob, nahm Swan den Helm ab, und Wahram tat es ihr nach.

»Hat jemand von euch noch Helmfunk?«, fragte einer der beiden Sonnenläufer. »Unserer funktioniert nicht mehr. Vielleicht hat die Sonne ihn durchbrennen lassen. Und das Telefon hier funktioniert nicht. Wir können niemanden darüber benachrichtigen, dass wir hier unten sind.«

»Pauline, bist du in Ordnung?«, fragte Swan laut und verstummte.

»Wie geht es deinem Qube?«, fragte Wahram nach einer Weile.

»Mit ihr ist alles in Ordnung«, sagte Swan brüsk. »Sie sagt, dass mein Kopf sie gut isoliert hat.«

»Liebe Güte.«

Sie folgten den Sonnenläufern durch die Halle und stiegen eine Treppe zu einer Reihe großer Zimmer weiter unten hinunter.