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der über der Kimm gestanden, war dann aber verschwunden. Ja, dachte er wütend, die Franzosen konnten warten. Ein paar Tage nach dem Angriff der Hyperion wäre ein Versorgungsschiff für die Garnison fällig gewesen. Jetzt enthielt die flache Zisterne nur Staub, und in der gnadenlosen Sonne lagen die britischen Matrosen wie tot herum und hatten nur eine Pinte am Tag, um den quälenden Durst zu stillen.

Es würde noch mehr Auspeitschungen geben, dachte er trübsinnig, stieß sich vom Fensterbrett ab und trat zum Seitenfenster. Weit hinten in der kleinen Bucht sah er die Princesa reglos wie ein geschnitztes Modell über ihrem eigenen Schatten liegen. Vielleicht, so überlegte er, hatte er ihretwegen und nicht zum Schutz vor einem Angriff von See her befohlen, daß die Hyperion am entgegengesetzten Ende der Bucht ankerte. Von dem Moment an, als die Princesa festgemacht hatte, war es zwischen den britischen und den spanischen Matrosen zu Reibereien, einige Male sogar zu offenen Prügeleien gekommen.

Nach der ersten Woche fruchtlosen Wartens hatte ihn der spanische Kapitän an Bord besucht und war ohne Umschweife zur Sache gekommen: Auf der Insel befanden sich fast hundert französische Gefangene. Hundert zusätzliche Bäuche, die mit Nahrung und Frischwasser gefüllt werden mußten.

«Wir müssen sie liquidieren«, hatte Capitano Latorre eindringlich gesagt.»Sie sind nutzlos für uns!«Sein Blutdurst war ein weiterer Grund für Bolithos Entscheidung, die Kontrolle über die Hauptfestung selbst in der Hand zu behalten. Ashbys Seesoldaten hausten dort; die spanischen Soldaten von der Princesa mußten sich mit dem alten maurischen Fort am anderen Ende der Insel begnügen.

Latorre war wütend gewesen, sowohl über Bolithos Weigerung, die Gefangenen abzuschlachten, als auch über seine ebenso entschiedene Absage, die spanische Flagge über der Batterie wehen zu lassen.

Der Zahlmeister unterbrach sein Grübeln.»Diese Spanier haben Wasser genug, Sir, bestimmt. «Er zog eine wütende Grimasse.»Hol sie der Teufel!»

Bolitho blickte ihn gelassen an.»Vielleicht, Mr. Whiting, haben Sie recht. Aber läge die Hyperion nicht hier mit ausgefahrenen

Geschützen, dann wäre der tapfere Capitano Latorre wohl längst weg. Würde ich fordern, daß er mich seine Vorräte inspizieren läßt, so gäbe das eine Katastrophe. Und wir sollen ja, wie ich mich dunkel erinnere, bei dieser Aktion Verbündete sein.»

Aber der Zahlmeister hatte keinen Sinn für Ironie.»Dons oder Frogs — trauen kann man beiden nicht!»

Das Gespräch wurde unterbrochen, als Quarmes Kopf in der Türöffnung erschien.

«Ja, Mr. Quarme?«Bolitho hörte Whiting erleichtert aufseufzen, weil damit die Last von seinen fetten Schultern genommen war.

Quarme sah erschöpft aus.»Signal von der Batterie, Sir. Die französische Fregatte ist wieder in Nordwest gesichtet worden — Gott weiß, was sie als Wind benutzt!«Er trocknete sich das Gesicht.»Ich wünschte beim Himmel, auch wir wären da draußen!»

Bolitho nickte dem Zahlmeister zu.»Machen Sie weiter, Mr. Whiting. Aber sorgen Sie dafür, daß die Wasserfässer rund um die Uhr bewacht werden!«Als sich die Tür hinter Whiting geschlossen hatte, fuhr er fort:»Diese Fregatte wird ein Auge auf unsere Masttopps halten oder auf die Flagge über der Batterie.»

Quarme hob die Schultern.»Zeitverschwendung. Selbst mit Ash-bys wenigen Leuten könnten wir die Insel gegen eine ganze Flotte halten!»

Bolitho warf ihm einen scharfen Blick zu. Merkwürdig, daß der Mann so wenig Phantasie hatte.»Damit keinerlei Zweifel aufkommt, Mr. Quarme: wenn wir nicht innerhalb einer Woche Wasser bekommen, müssen wir die Insel aufgeben!«Wütend wandte er sich ab.»Die Franzosen wissen, wie es mit unserem Wasser steht, ebenso wie sie wissen müssen, daß man uns keinen Nachschub geschickt hat. «Er beschattete die Augen mit der Hand und starrte zu den hohen Klippen hinüber. Dort unten hoben sich im stehenden Wasser die verkohlten Reste der Märte wie schwarze Knochen ab.»Und ohne günstigen Wind ist es vielleicht auch dann schon zu spät. Der Durst hat unseren Leuten mächtig zugesetzt.»

«Hilfe ist vielleicht schon unterwegs, Sir. «Quarme folgte ihm mit den Augen bei seinem rastlosen Auf-und-Ab-Schreiten in der Kajüte.»Lord Hood muß Ihren Bericht ja erhalten haben.»

«So? Muß er?«Bolitho blieb stehen, wütend über Quarmes leere Vertrauensseligkeit und sein eigenes Unvermögen, eine Lösung zu finden.»Das freut mich zu hören. Donnerwetter, Mann, die Chanti-cleer kann ja gesunken sein. Jetzt, in dieser Minute, kann sie Feuer oder eine Meuterei an Bord haben!»

Quarme lächelte mühsam.»Das halte ich für unwahrscheinlich…»

Kalt starrte Bolitho ihn an.»Dann glauben Sie also, wir sollen weiter abwarten, wie?»

Quarmes Lächeln gefror.»Ich wollte nur sagen: wir konnten ja nicht wissen, daß es so kommen würde; mehr kann schließlich niemand von uns verlangen, Sir. Wir haben die Insel befehlsgemäß eingenommen und unseren Auftrag nach besten Kräften erfüllt.»

Bolitho gewann auf einmal seine Gelassenheit wieder.»Befehle auszuführen ist nicht immer die letzte Lösung, Mr. Quarme. Im Dienst des Königs mögen Sie noch so viele Siege und Triumphe erringen — aber machen Sie nur einen Fehler, dann sind alle Ihre Verdienste ausgelöscht. «Er zog sich das Hemd von der feuchten Haut ab.»Wenn man sein Bestes tut, dann ist das eben manchmal noch nicht gut genug.»

Mißmutig setzte er sich.»Sehen Sie den Tatsachen ins Auge. Was wir noch an Wasser besitzen, ist nicht der Rede wert, aber wir haben ausreichend Wein und Branntwein. Früher oder später müssen ein paar Hitzköpfe wild werden, und dann werden wir noch mehr als diese verdammte Insel verlieren!«Er deutete zur Klippe hin.»Was bilden Sie sich ein, wie lange wir ohne Ashbys Seesoldaten an Bord eine Besatzung halbverdursteter Matrosen unter Kontrolle halten können?»

Quarme starrte ihn entsetzt an.»Ich mache schon mehrere Jahre auf diesem Schiff Dienst, Sir, und kenne die meisten Leute gut. Sie würden niemals.»

«Ich weiß nicht«, erwiderte Bolitho mit einer heftigen Handbewegung,»ob ich Sie wegen Ihres Vertrauens bewundern oder wegen Ihrer Ahnungslosigkeit bemitleiden soll!«Ohne sich um Quarmes ärgerliches Erröten zu kümmern, sprach er weiter:»Ich habe eine Meuterei aus nächster Nähe erlebt. Eine häßliche, schreckliche Angelegenheit. «Er starrte auf das höhnisch glitzernde Wasser.»Auch da waren es ganz normale Matrosen. Nicht besser, nicht schlechter als unsere. Die Menschen ändern sich nicht, nur die Situationen.»

Mühsam schluckte Quarme.»Wenn Sie meinen, Sir…»

Bolitho fuhr auf seiner Bank herum, denn eben hatte Allday die Tür einen Spaltbreit geöffnet.»Ja?»

Allday warf einen kurzen Blick auf den Ersten Offizier und sagte:»Entschuldigung, Captain, aber ein Seesoldat mit einer Meldung von Captain Ashby ist an Bord gekommen. «Er schob sich in die Kajüte.»Er läßt respektvoll anfragen, Sir, ob Sie dem dienstältesten französischen Offizier eine Unterredung gewähren wollen.»