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«Wir haben viel vor uns«, sagte sie,»aber wir werden das Land wieder fruchtbar machen, Sie und ich. Schottland — braucht Schottland nicht Getreide?»

Ferguson grinste.»O ja. Aber Schiffe sind teuer.»

Sie sah ihn nachdenklich an.»Das waren sie schon immer. «Dann verstummte sie, weil sie das Gatter zum Hof erreicht hatten.

Trotz des in Cornwall verbrachten Winters war ihre Haut immer noch sonnengebräunt. Doch Ferguson blieb später dabei, daß sie in diesem Augenblick bleich geworden war wie eine frisch gekalkte

Wand.

«Mylady! Was ist?»

Sie griff sich an die Brust.»Der Postbote!»

Ein junger Mann mit Dreispitz stand schwatzend bei Matthew, dem Kutscher. Ferguson winkte ihn heran.

Der Junge kam, hob grüßend zwei Finger zum Hut, zeigte beim Lächeln eine große Zahnlücke und sagte:»Ein Brief für Sie, Madam!»

«Danke. «Sie wandte sich ab und starrte auf den Umschlag nieder.»Er trägt keine Marke…»

«Den hat ein Amtsschreiber verfaßt, nehme ich an.»

Ferguson sah ihre verstörten Augen und teilte plötzlich ihre Angst.»Es ist etwas passiert. Etwas Schlimmes«, hörte er sie flüstern.

Der Postbote, der nichts begriff, versuchte zu erklären:»Der Brief kam mit der Postkutsche, verstehen Sie? Jemand muß dafür unterschreiben. Daß er den Brief bekommen hat, verstehen Sie?«Er sah in ihre ängstlichen Gesichter.»Aus London ist er. Aus London kommt der Brief.»

«Kommen Sie, Mylady. «Behutsam nahm Ferguson ihren Arm.»Wir gehen ins Haus.»

Aber da hatte sie den Umschlag schon aufgerissen. Ein zweiter Brief befand sich darin, versiegelt.

Ferguson hörte, daß seine Frau die Treppe herunterlief, und wagte kaum zu atmen. So kamen die Hiobsbotschaften wohl immer an. Es war stets die gleiche Geschichte. Nicht ein einziger Bolitho lag in Falmouth beerdigt, alle waren auf See gefallen. Selbst Kapitän Julius hatte man nicht mehr gefunden, nachdem sein Schiff vor Falmouth in die Luft geflogen war, damals im Jahr 1646.

Catherine sah Ferguson an und dann seine Frau. Dabei flüsterte sie:»Er ist in London!«Sie hielt den Brief so vorsichtig wie etwas Zerbrechliches.»Kapstadt hat sich ergeben. Der Feldzug ist zu Ende.»

Die Köchin Grace Ferguson legte einen warmen Arm um ihre Herrin und sagte leise:»Gott sei Dank. Und so soll es immer für Sie sein!»

Ferguson wollte wissen, wann der Brief geschrieben worden war. Catherine straffte sich.»Hier steht kein Datum. «Aber Bolithos Handschrift verriet, daß er es eilig gehabt hatte.

Ferguson gab dem Postboten ein Trinkgeld. Der offizielle äußere Umschlag hatte offenbar den wahren Inhalt verbergen sollen. Man hätte sich nur wieder das Maul zerrissen über die beiden, wenn man Bolithos Handschrift erkannte.

Aber der Botenjunge hatte ihnen noch etwas mitzuteilen.»Der Postkutscher hat gesagt, der Brief wär' längst hier, wenn ihm nicht unterwegs ein Rad gebrochen wär'. Das hat den Brief aufgehalten.»

Catherines Gesicht drückte jetzt unverhohlene Freude aus. Ferguson bestärkte sie darin:»Sir Richard ist vielleicht morgen schon hier, Mylady. Er wird zunächst in der Admiralität Bericht erstattet haben, und das dauert ja. «Er erinnerte sich, wie verärgert Bolitho immer war über die vielen Berichte, die es nach jedem Einsatz zu verfassen galt.

Hufschlag erklang auf der Straße zur Stadt, die am Friedhof vorbeiführte und an der Kirche, wo die Gedenktafeln für die gefallenen Bolithos hingen. Matthew lauschte gespannt.»Kein Pferd von uns.»

Aber da lief Catherine schon auf die Straße, die Arme weit ausgestreckt. Sollten die Leute doch reden und glotzen, was machte das schon! Aber wie war er so schnell nach Falmouth gekommen?

Als Bolitho aus dem Sattel glitt und sie in die Arme nahm, hörte er sie flüstern:»Eigentlich wollte ich mich dafür besonders schön machen. Wie sehe ich bloß aus?»

Er hob ihr Kinn und sah sie lange an.»Wunderschön. «Nein, das alles war kein Traum.»Unterwegs brach ein Rad, aber ich konnte nicht warten und nahm mir ein Pferd. Wenn du nicht mehr hier gewesen wärst.»

Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen.»Aber ich bin hier, Liebster.»

Er schob ihren Finger beiseite und fand ihre Lippen mit seinem Mund.

«Habe ich dich zu lange warten lassen?»

Bolitho wandte sich vom Fenster ihr zu. Sie kam die Treppe herauf, das Haar immer noch offen, doch über die Schultern zurückgekämmt. Dazu trug sie ein einfaches grünes Kleid.

Er hielt sie auf Armeslänge von sich ab.»Selbst in einer Seemannsbluse wärst du noch wunderschön.»

«Wie du mich anschaust! Ich werde gleich rot wie ein Schulmädchen. «Ihre Blicke wanderten über sein Gesicht.»Und du? Was macht dein Auge?»

Er küßte sie auf die Wange, spürte die Wärme ihres Körpers. All seine Ängste verflogen. Catherine war hier. Sie hatten sich nie getrennt. Sie im Arm zu halten, mit ihr zu sprechen — für nichts anderes gab es jetzt Platz in seinen Gedanken.

«Es geht besser. Ich hatte keine Probleme in der Sonne da unten.»

Sie verbarg ihre Erleichterung. Noch wollte sie ihm nicht zeigen, wie sehr sie sich um ihn gesorgt hatte.

«Und du?«fragte er.»War es schlimm so allein?»

Sie lachte, schüttelte ihr Haar.»Ich glaube, man mag mich hier. «Damit schob sie den Arm unter seinen und führte ihn ins nächste Zimmer.»Es gibt aber auch unangenehme Nachrichten. Deine Schwester Nancy sagte mir vor acht Tagen, daß deine andere Schwester aus Indien zurückgekehrt ist.»

«Felicity? Ach!«Er versuchte, sich an diese Schwester zu erinnern, die zwei Jahre älter war als er. Als er zum Leutnant befördert worden war, hatte er sie zum letzten Mal gesehen. Damals war sie mit einem Offizier des 81. Infanterieregiments verheiratet gewesen, das zum Dienst in der Ostindischen Handelsgesellschaft abgestellt wurde. Seltsamerweise erinnerte er sich an seinen Schwager besser als an seine Schwester. Er war ein leiser, angenehmer Mann gewesen, der Felicity kennengelernt hatte, als seine Kompanie in Cornwall stationiert gewesen war.

«Ihr Mann ist tot, Richard. Sie will jetzt in Cornwall leben.»

Bolitho ahnte, daß noch mehr auf ihn zukommen würde.»Sie hat zwei Söhne, nicht wahr? Einer dient im Regiment des Vaters, der andere in der Flotte der Handelsgesellschaft, wenn ich mich recht erinnere. Wie starb der Vater?»

«Ein Pferd warf ihn ab.»

«Hast du sie schon kennengelernt?»

Catherine hob das Kinn.»Sie wollte Nancy nicht begleiten. Meinetwegen!»

Er nahm sie in die Arme, streichelte ihr Gesicht.»Wenn ich doch hiergewesen wäre…»

«Mach dir nichts draus, Richard. Jedenfalls noch nicht. Nicht heute. «Er fühlte, wie sie zitterte, und zog sie wortlos enger an sich.

«Und wie war es bei dir?»

Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Da gab es all die vielen Gesichter von Kapstadt: Tyacke, Segrave, Poland, Varian, Warren. Doch in den Fluren der Admiralität waren sie wie weggewischt gewesen.

«Wir haben gute Männer verloren«, sagte er.»Aber es hätte noch schlimmer kommen können. Ich habe Admiral Godschale in London schon berichtet. Das heißt, jetzt ist er ja Lord Godschale.»

Catherine nickte.»Ich weiß. Für manche lohnt es sich, zu Hause zu bleiben, während andere draußen ihr Leben einsetzen.»

«Das hat mir auch Nelson mal geschrieben. «Er ergriff ihre Hand.»Ich merke schon, du willst mich wieder verteidigen — meine Tigerin.»

Sie lächelte trotz ihrer Verbitterung.»Und ob!»

Bolitho sah die vielen Blumen draußen, hörte die Blätter an den Bäumen rascheln. Wie ungewohnt ihm das alles war!» Ich wollte schnell weg aus London, wollte hierher zu dir. Allday kommt nach mit unserem Gepäck.»

«Es ist ungewohnt, dich ohne ihn zu sehen.»

«Er versteht's schon. In Madeira haben wir gebunkert, und ich habe dort Spitzen für dich gekauft. Allday bringt sie mit. Hoffentlich gefallen sie dir. Ich bin vielleicht ein guter Seemann, aber bestimmt kein guter Einkäufer.»