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Der Korporal tat, als wolle er sein Gewehr von der Schulter nehmen.»Komm, Jim Fittock, du kennst die Regeln. Mach uns keinen Ärger.»

Plötzlich waren Schritte zu hören, weiße Kniehosen erschienen im Lampenlicht. Midshipman Segrave sagte ruhig:»Es wird keinen Ärger geben, Korporal.»

«Was wollen Sie, Segrave? Diese Männer haben getrunken, das ist verboten. Als ich sie entdeckte…»

«Waren sie sicher wieder aufsässig, nehme ich an?«Segrave war überrascht, wie leicht ihm die Maßregelung Vincents fiel.»Haut ab, ihr beiden!«Er drehte sich zum Korporal um, der ihn dankbar anlächelte.»Und Sie verschwinden hier auch, ich brauche Sie nicht.»

«Und der Cognac?«schrie Vincent.»Das ist der Beweis!»

Aber die Flasche war wie durch ein Wunder verschwunden. Im Gehen sagte Fittock leise zu Segrave:»Das werde ich Ihnen nie vergessen, Sir.»

«Noch was, Korporal!«Die gewichsten Stiefel und der weiße

Beinschutz verhielten auf der Leiter.»Schließen Sie bitte die Luke, wenn Sie oben sind!»

Vincent starrte Segrave ungläubig an.»Sind Sie ganz und gar verrückt geworden?»

Segrave zog seine Jacke aus und ließ sie fallen.»Ich kannte mal jemanden wie Sie. «Er rollte seine Ärmel auf.»Er machte allen das Leben zur Hölle.»

Vincent versuchte verächtlich zu lächeln.»Und das haben Sie wohl nicht ausgehalten?»

Segrave wunderte sich, wie kühl er blieb.»Stimmt, ich habe es nicht ausgehalten. Dann traf ich eines Tages Ihren Onkel und einen Mann mit halbem Gesicht. Seitdem konnte ich mit der Angst leben — und kann es immer noch.»

Oben klappte die Luke zu.

«Schon die ganze Zeit beobachte ich, wie Sie sich hinter dem Namen Ihres Onkels verstecken und Leute quälen, die sich nicht wehren können. Kein Wunder, daß man Sie bei der Ostindischen Kompanie gefeuert hat. «Da hatte er nur geraten, aber offensichtlich ins Schwarze getroffen.

«Ich fordere Sie!«rief Vincent.

Ein Faustschlag warf ihn zu Boden, aus seiner geplatzten Lippe rann Blut. Segrave taten die Fingerknöchel weh, aber in den Schlag hatte er Jahre des Leidens gelegt.»Zum Duell, du Muttersöhnchen?«Wieder schlug er zu.»Duelle sind was für Männer. Ich duelliere mich nicht mit Zwergen.»

Vier Decks über ihnen ging Leutnant Flemyng auf und ab und schaute ungeduldig auf die Sanduhr. Schließlich fuhr er einen Gehilfen des Bootsmanns an:»Holen Sie mir Mr. Vincent! Der treibt sich bestimmt wieder irgendwo rum.»

Der Mann wollte loseilen, aber der Erste Offizier stoppte ihn.»Noch nicht, Mr. Flemyng. «Und als der Dritte ihn fragend ansah:»Mr. Vincent braucht noch etwas Zeit!»

Admiral Lord Godschale wedelte mit einem parfümierten Taschentuch vor seiner Adlernase und klagte:»Der Fluß riecht heute abend ganz widerlich!»

In seiner Paradeuniform mit den goldenen Epauletten sah er sehr beeindruckend aus. Stolz und zufrieden blickte er auf die bunte Schar seiner Gäste, die sich auf der weitläufigen Terrasse seines

Hauses in Greenwich versammelt hatten. Es war wirklich heiß, und erst der Abend würde den Offizieren in ihren blauen und roten Tuchröcken Erleichterung bringen. Auf dem Fluß, der sich hier nach Blackwall Reach hinunter wand, segelten Frachtkähne, Fischer holten ihre Netze ein, und immer wieder sah man Jollen schnell das Fahrwasser queren. Das Haus machte großen Eindruck, und Godschale war froh, es so günstig erstanden zu haben. Sein Vorbesitzer hatte, als der Krieg mit Frankreich ausbrach, sein Land und allen Besitz verkauft und war nach Amerika geflohen. Der Lordadmiral sah zu, wie sich Sir Charles Inskip einen Weg durch die Gäste bahnte, hier ein Wort verlor, dort ein Kompliment anbrachte — ganz der geborene Diplomat. Aber Godschale fühlte sich unwohl in seiner Gegenwart.

Inskip trat neben ihn und nahm ein Weinglas vom Tablett eines schwitzenden Dieners.»Was für eine großartige Gesellschaft, Mylord!»

Godschale nickte, schließlich hatte er diesen Tag mit großer Sorgfalt geplant. Es kam eben auf die richtige Mischung an von Leuten, die gesellschaftlich etwas darstellten: Politiker ebenso wie Offiziere des Heeres und der Marine. Selbst der Premierminister hatte sein Kommen zugesagt.

Godschale sah seine Frau in vertrautem Gespräch mit zwei Freundinnen. Es fiel ihm schwer, in ihr noch das junge Mädchen zu sehen, das er als flotter Fregattenkapitän geheiratet hatte. Sie sah jetzt uninteressant aus, sogar langweilig. Wohlgefällig betrachtete er jedoch die Damen in ihrer Nähe. Ihnen kam der heiße Tag nur recht: nackte Schultern, tief ausgeschnittene Kleider — all das wäre noch vor zwei Jahren in London unvorstellbar gewesen.

Inskip bemerkte Godschales hungrige Blicke und fragte ablenkend:»Ist es wahr, daß Sie Sir Richard Bolitho zurückgerufen haben? Das hätten Sie uns sagen müssen!»

Godschale überhörte die Kritik.»Es war notwendig. Ich schickte die Tybalt nach ihm. Bolitho kam vor zwei Tagen in der Nore an.»

Inskip blieb unbeeindruckt.»Ich weiß nicht, was das nützen soll.»

Godschale löste seinen Blick von einer jungen Dame, die mit nacktem Busen dagestanden hätte, wäre das Dekollete ihres Kleides nur einen Finger breit tiefer gewesen. Er sprach jetzt flüsternd.»Sie kennen die letzten Neuigkeiten? Napoleon hat einen Vertrag mit Rußland geschlossen und jetzt die verdammte Frechheit, Schweden und Dänemark zu befehlen — ich sagte: befehlen — , ihre Häfen vor uns zu schließen. Zusätzlich verlangt Frankreich, daß ihm beide Flotten unterstellt werden. Das wären an die zweihundert Schiffe, verdammt! Warum hat das niemand vorhergesehen? Ihre Leute sollten doch in Dänemark Augen und Ohren offenhalten!«Inskip zuckte mit den Schultern.»Zaubern können wir nicht. Aber ich möchte wissen, was wir als nächstes tun. «Godschale zupfte an seinem Halstuch, als ersticke er.»Tun? Das ist doch wohl klar!»

Inskip erinnerte sich plötzlich an Bolithos Verbitterung und Härte auf der Truculent, als die drei französischen Schiffe aufgetaucht waren.»Darum also ist Bolitho hier!«sagte er.

Godschale antwortete ihm nicht direkt.»Admiral Gambier stellt gerade eine Kriegsflotte zusammen, dazu so viele Transportschiffe, wie wir brauchen, um eine Armee nach Dänemark zu befördern.»

«Also eine Invasion! Aber die Dänen werden nie kapitulieren. Ich denke, wir sollten noch abwarten.»

«Wirklich?«Wütend sah Godschale ihn an.»Glauben Sie, Ihre empfindlichen Dänen liegen mir mehr am Herzen als das Überleben Englands? Und nur darüber reden wir, verdammt noch mal!«Er riß ein Glas vom Tablett eines Dieners und leerte es in zwei Zügen.

Das Orchester spielte jetzt eine muntere Gigue, aber kaum einer der Gäste hatte Lust, die Terrasse zu verlassen und zu tanzen. Und Godschale ahnte, warum. Am Morgen hatte er Bolitho in der Admiralität von dem Empfang erzählt, und dieser hatte keinen Zweifel daran gelassen, unter welcher Bedingung er kommen würde.

«Es werden viele Damen da sein. Ich nehme an, Sie befehlen mich dorthin, ohne meine einzuladen?»

Plötzlich knurrte Godschale laut:»Der Mensch stellte sich hin und sagte mir, er käme nur in Begleitung seiner Lady!»

«Überrascht Sie das?«Inskip lächelte, als er merkte, wie unwohl sich Godschale fühlte. Denn man erzählte sich, der Lord unterhalte in London gleich zwei Geliebte.»Ich weiß, was Lady Somervell für Bolitho getan hat.»

Godschale sah, daß sein Sekretär ihm zuwinkte, und rief laut:»Seine Exzellenz, der Premierminister!»

Der Herzog von Portland, ein Tory, schüttelte Hände und sah sich wohlgefällig um.»Nettes Aufgebot, Godschale. Immer dieses Gerede vom Untergang der Aristokratie — blanker Unsinn, sage ich!»

Inskip mußte an Bolithos Männer denken, die er im Gefecht hatte sterben sehen. Die Leute hier sahen dagegen aus wie Puppen im Theater.

Der Premierminister begrüßte einen ernst blickenden Herrn in perlgrauem Anzug.»Sir Paul Sillitoe. «Der Angesprochene lächelte flüchtig.»Mein geschätzter Ratgeber in dieser unvorhergesehenen Krise. «Inskip warf ein:»Nicht ganz unvorhergesehen.»