Bolitho winkte Penn.»Ihr Glas, bitte!»
Nur ein einziges Mal hatte er Viola Raymond nach seiner Rückkehr allein gesprochen. Vielleicht paßte Raymond zu sehr auf, aber vielleicht hatte sie auch besser als er begriffen, daß es keinen Sinn hatte, die Trennung noch schmerzlicher zu machen.
«Ein feines Schiff, Sir. «Auch Herrick blickte durch ein Fernrohr hinüber.»Wenn ich daran denke, daß mein alter Vater mich unbedingt auf einem Indienfahrer sehen wollte… Dann wäre heute alles anders.»
Bolitho zuckte zusammen; er hatte auf der prächtigen Kampanje des auslaufenden Handelsschiffes das blaßgrüne Kleid entdeckt und den breitkrempigen Hut, den sie in Santa
Cruz gekauft hatte. Noch klangen ihm ihre Worte im Ohr, als würden sie jetzt, über den breiter werdenden Streifen bewegten Wassers hinweg, zu ihm gesprochen.
«Wenn du nach London kommst, besuch mich bitte. Mein Mann hat seine Beförderung bekommen, die er sich so wünschte; die ich mir auch zu wünschen glaubte — bisher. «Sie hatte seine Hand gedrückt.»Hoffentlich hast auch du von mir bekommen, was du dir wünschtest.»
Dumpf krachte ein Salutschuß vom Stützpunkt her; vom Vorschiff des Indienfahrers kam prompt die Antwort. Hier wie dort dippten Flaggen zum respektvollen Gruß.
Bolitho spürte den Schmerz zurückkehren. Sie hatte recht, diesen Kummer konnten sie beide jetzt nicht brauchen, nur Verständnis und Frieden nach diesem Sturm, der sie heftig, wenn auch nur kurz geschüttelt hatte.
Nun segelte Raymond einem höheren Posten entgegen, während Conway wieder in die Anonymität zurücksank. Das würde er nie begreifen.
Er selbst aber war sich ziemlich gleich geblieben, abgesehen von diesem Intermezzo. Oder doch nicht ganz? Viola hatte versucht, ihn nach ihren Vorstellungen zu formen, wie sie auch ihren Mann gern geformt hätte — vielleicht hatte ihn das doch etwas verändert?
«Signal, Sir!«rief Penn. »Wessex an Undine.«Angestrengt spähte er nach den Flaggen aus, die zu den Rahen des Indienfahrers emporstiegen, und buchstabierte die Botschaft: «Viel Glück für Sie, Sir.»
«Mit Dank bestätigen.»
Bolitho ließ die blaßgrüne Gestalt nicht aus den Augen. Sie schwenkte langsam ihren Hut, das herbstlaubfarbene Haar wehte frei im Wind.
Wie zu sich selbst murmelte Bolitho:»Und auch für dich, Geliebte.»
Einige seiner Leute winkten jubelnd, als das andere Schiff mehr Segel setzte und gravitätisch aus der Bucht kreuzte.
Bolitho reichte das Teleskop einem Schiffsjungen und fragte:»Na, Mr. Herrick?»
«Aye, Sir«, nickte dieser.»Ein Glas Wein. Ich denke, das haben wir uns verdient.»
Allday sah ihnen nach, als sie zum Niedergang schritten. Ihm entging nicht die kurze Bewegung, mit der Bolitho nach der Hosentasche tastete, in der er ihre Uhr trug. Es verriet Allday eine ganze Menge.
Er schritt zu den Netzen hinüber und starrte dem Indienfahrer nach.
«Großartiger Anblick, nicht wahr, Allday?«fragte Keen, der hinzugetreten war.
Allday sah ihn von der Seite an.»Aye, Sir. Ein bißchen zu großartig für unsereinen.»
Keen wandte sich ab und begann, auf dem Achterdeck zu promenieren, wie er es von Bolitho gesehen hatte. Er wußte, daß Allday heimlich über ihn grinste, aber es ließ ihn kalt. Er war geprüft worden und hatte bestanden, das reichte ihm.
Als er beim Skylight stehenblieb, hörte er unten Bolithos Lachen und Herricks gelassene Erwiderung.
Und er hatte alles mit ihnen geteilt.
Als er wieder nach dem Indienfahrer Ausschau hielt, war dieser bereits um die Landspitze verschwunden.
So schritt er also weiter auf und ab; Vizeleutnant Valentin Keen von seiner Majestät Fregatte Undine war zufrieden mit sich und der Welt.
Ende