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»Ich verstehe.«

Peters dachte einen Augenblick lang nach und fragte dann: »Welche Namen gebrauchten Sie in Kopenhagen und Helsinki?«

»Robert Lang, Elektroingenieur aus Derby. Das war in Kopenhagen.«

»Wann genau waren Sie in Kopenhagen?« fragte Peters.

»Ich sagte Ihnen schon, am 15. Juni. Ich kam am Morgen an, ungefähr um elf Uhr dreißig.«

»Welche Bank benutzten Sie?«

»Herrgott noch mal, Peters«, sagte Leamas plötzlich ärgerlich, »die Königlich-Skandinavische. Sie haben es schon aufgeschrieben.«

»Ich wollte nur sichergehen«, antwortete der andere gleichmütig und schrieb weiter. »Und in Helsinki, welchen Namen?«

»Stephen Benett, Marineingenieur aus Plymouth.

Ich war Ende September dort«, fügte er sarkastisch hinzu.

»Sie suchten die Bank am Tag Ihrer Ankunft auf?«

»Ja. Es war der 24. oder 25. Ich weiß es nicht mehr genau, wie ich Ihnen bereits sagte.«

»Brachten Sie das Geld in bar aus England mit?«

»Selbstverständlich nicht. Wir hatten es jeweils auf das Konto unseres ständigen Mannes dort überwiesen. Unser Mann hob es ab, traf mich auf dem Flugplatz mit dem Geld in einem Koffer, und ich trug es zur Bank.«

»Wer ist Ihr ständiger Mann in Kopenhagen?«

»Peter Jenssen, ein Verkäufer in der Universitätsbuchhandlung.«

»Und wie waren die Namen, die der Agent benutzte?«

»Horst Karlsdorf in Kopenhagen. Ich glaube, so nannte er sich, ja, ich erinnere mich, das war der Name, Karlsdorf. Ich war immer drauf und dran, Karlshorst zu sagen.«

»Beschreibung?«

»Geschäftsführer, aus Klagenfurt in Österreich.«

»Und der andere, der Name in Helsinki?«

»Fechtmann, Adolf Fechtmann aus St. Gallen, Schweiz. Er hätte einen Titel - ja, richtig: Doktor Fechtmann, Archivar.«

»Aha. Beide sprachen also deutsch.«

»Ja, das fiel mir auch auf. Aber es kann kein Deutscher sein.«

»Warum nicht?«

»Ich war der Leiter der Berliner Organisation, nicht wahr? Ich wäre darüber orientiert gewesen.

Ein wichtiger Agent in Ostdeutschland wäre von Berlin aus gesteuert worden. Ich hätte über die Angelegenheit informiert sein müssen.« Leamas stand auf, ging zur Anrichte und goß sich einen Whisky ein. Er fragte nicht, ob es Peters recht war.

»Sie sagten selbst, dass man in diesem Fall besondere Vorsichtsmaßnahmen und eigene Verfahrensweisen entwickelt hatte. Vielleicht war man der Meinung, dass Sie nichts davon zu wissen brauchten.«

»Seien Sie nicht albern«, gab Leamas zurück. »Selbstverständlich hätte ich davon gewußt.« An dieser Auffassung würde er um jeden Preis festhalten. Das gab ihnen das Gefühl, besser Bescheid zu wissen als er, und ließ seine übrigen Informationen glaubwürdiger erscheinen. »Man wird drüben trotz Ihrer Aussagen eigene Schlüsse ziehen wollen«, hatte der Chef gesagt. »Wir müssen den Leuten das Material geben und gleichzeitig gegenüber den daraus gezogenen Schlußfolgerungen skeptisch bleiben. Auf die Intelligenz dieser Leute und ihre Eitelkeit, auf den Argwohn, den sie gegeneinander haben - das ist es, worauf wir uns verlassen müssen.«

Peters nickte, als wolle er eine betrübliche Wahrheit bestätigen. »Sie sind ein stolzer Mann, Leamas«, sagte er abermals.

Bald danach ging Peters. Er wünschte Leamas einen guten Tag und spazierte die Strandpromenade hinunter. Es war Mittagszeit.

10 DER DRITTE TAG

An diesem Nachmittag erschien Peters nicht mehr, auch nicht am nächsten Morgen. Leamas blieb im Haus und wartete mit wachsender Unruhe auf eine Nachricht. Aber es kam keine. Er fragte die dicke Haushälterin, aber sie lächelte nur und zuckte mit den Achseln. Ungefähr um elf Uhr am nächsten Morgen entschloß er sich, einen Spaziergang am Strand zu machen. Er kaufte Zigaretten und starrte verdrossen auf die See hinaus.

Ein Mädchen am Strand warf den Möwen Brot hin. Sie drehte ihm den Rücken zu. Der vom Meer herwehende Wind spielte mit ihrem langen schwarzen Haar, blähte ihren Mantel und ließ ihren Körper als einen Bogen erscheinen, der sich der See entgegenneigte. Da wurde ihm bewußt, was ihm Liz gegeben hatte: etwas, um dessentwillen er zurückkommen mußte, sollte er je wieder nach England heimkehren. Es war die Liebe zu den kleinen Dingen - der Glaube an das alltägliche Leben. Einfach etwas Brot in kleine Stücke brechen, es in einer Papiertüte an den Strand hinunternehmen, um es an die Möwen zu verfüttern. Es war seine Sehnsucht, einmal jene Nebensächlichkeiten tun zu dürfen, die ihm bisher verwehrt gewesen waren, was auch immer es betraf: Brot für die Möwen oder Liebe. Er würde heimkehren und es finden; er würde Liz es für ihn finden lassen: in ein, zwei Wochen vielleicht konnte er schon wieder daheim sein. Der Chef hatte gesagt, dass er alles behalten könne, was man ihm hier zahlen würde - und das würde genügen. Mit fünfzehntausend Pfund, einer Abfindung und der Pension vom Rondell konnte es sich ein Mann leisten, aus der Kälte hereinzukommen, wie der Chef das zu nennen pflegte.

Er machte einen Umweg und kam Viertel vor zwölf zum Bungalow zurück. Die Frau ließ ihn wortlos ein, aber er hörte, dass sie den Telefonhörer abnahm und eine Nummer wählte, sobald er in das Zimmer gegangen war. Sie sprach nur einige Sekunden. Um halb eins brachte sie ihm das Mittagessen und, zu seiner Freude, einige englische Zeitungen, in die er sich zufrieden bis drei Uhr vertiefte. Bücher las Leamas normalerweise nie, aber Zeitungen studierte er immer langsam und sorgfältig. Er behielt viele Einzelheiten im Gedächtnis, wie Namen und Adressen von Menschen, die in irgendeiner kleinen Meldung einmal erwähnt worden waren. Er prägte sich solche Dinge fast unbewußt ein, als sei es eine Art privates Gedächtnistraining, und es nahm ihn vollkommen in Anspruch.

Um drei Uhr kam Peters. Sobald Leamas ihn sah, wußte er, dass irgend etwas los war. Sie setzten sich nicht an den Tisch; Peters zog nicht einmal seinen Regenmantel aus.

»Ich habe schlechte Nachrichten für Sie«, sagte er. »Sie werden in England gesucht. Ich hörte es heute morgen. Die Häfen werden beobachtet.«

Leamas fragte unbeteiligt: »Mit welcher Begründung?«

»Sie hätten sich nach der Gefängnishaft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit bei der Polizei gemeldet.«

»Und in Wirklichkeit?«

»Es wird gemunkelt, dass Sie gegen das Gesetz über den Schutz von Staatsgeheimnissen verstoßen hätten. Ihr Foto ist in allen Londoner Abendblättern. Die Bildunterschriften sagen nicht viel aus.«

Leamas stand ganz still. Das hatte der Chef veranlaßt. Der Chef hatte diese Hetzjagd angekurbelt. Es gab keine andere Erklärung. Selbst wenn Ashe und Kiever hineingezogen worden waren und wenn sie etwas gesagt haben sollten - auch dann lag die Verantwortung für die Treibjagd noch immer beim Chef. »Ein paar Wochen …«, hatte er gesagt. »Ich nehme an, man wird Sie irgendwo anders befragen - es könnte sogar sein, dass man Sie ins Ausland bringt. Nach einigen Wochen müßte die Sache für Sie aber erledigt sein. Danach sollte alles von selbst weiterlaufen. Sie werden sich hier verborgen halten müssen, bis sich unsere Chemie ausgewirkt hat; aber ich bin sicher, dass Sie nichts dagegen haben werden. Ich habe zugestimmt, dass man Ihnen die aktiven Dienstbezüge solange weiterzahlt, bis Mundt beseitigt ist: das schien die gerechteste Lösung zu sein.«

Und jetzt dies.

Das war nicht Teil der Abmachung; das war etwas anderes. Wie, zum Teufel, sollte er sich jetzt verhalten? Wenn er jetzt ausstieg und sich weigerte, mit Peters zu gehen, würde er damit die Operation zerstören. Es bestand die Möglichkeit, dass Peters log, dass dies eine Probe war - um so mehr ein Grund, jetzt mit ihm zu gehen. Aber wenn er mit in den Osten ging, nach Polen, in die Tschechoslowakei oder Gott weiß wohin, so gab es keinen vernünftigen Grund, weshalb sie ihn je wieder herauslassen sollten, ja es gab nicht einmal eine vernünftige Begründung für seinen Wunsch, herausgelassen zu werden - es lief ja im ganzen Westen eine Fahndung nach ihm.