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«Sie heiraten?«Sie strich sich das Haar aus der Stirn.»Meinen Sie das?»

«Ja. Ich hatte Grund zur Hoffnung. «Er betrachtete sie verzweifelt.»Sie deuteten an, daß…»

Sie antwortete scharf:»Ich habe niemals so etwas angedeutet, Kapitän! Wenn die Dinge sich so entwickelt hätten, wie ich es geplant hatte, dann vielleicht…»

Er versuchte es noch einmal.»Aber für uns muß sich doch nichts ändern.»

Sie fuhr fort, als ob er gar nicht gesprochen hätte:»Ich glaubte, daß Sie es mit Hilfe einiger meiner Freunde eines Tages zu etwas bringen könnten. Eine Stellung in London, vielleicht sogar ein Sitz im Parlament. Alles ist möglich, wenn man es wirklich will. «Sie hob die Augen wieder zu seinem Gesicht.»Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde einen Seeoffizier heiraten? Jeden Tag darauf zu warten, daß sein Schiff Anker wirft? Es gibt andere Lebensarten außer Ihrem miserablen Dienst, Kapitän!»

«Er ist mein Leben. «Er fühlte, wie die Wände ihn einengten. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepreßt, als müsse er ertrinken.

«Der Ruf der Pflicht. «Sie ging zum Fenster und blickte auf die Kutsche hinab.»Sie waren ein Narr, wenn Sie dachten, ich würde ein solches Leben mit Ihnen teilen. Und ein noch größerer, wenn Sie das weiterhin denken!«Sie drehte sich um, ihre Augen blitzten.»Das Leben besteht aus mehr, als e in paar arme Schmuggler in des Königs Namen zu fangen!»

Bolitho sagte:»Ich werde nichts davon erwähnen, daß Crozier bei Ihrem Onkel war. Aber es wird sicherlich herauskommen, ehe die Behörden ihre Untersuchungen beenden. «Er fügte bitter hinzu:»Die Ratten beißen einander, wenn das Futter knapp wird.»

Sie atmete langsam aus, eine Hand leicht auf ihr Herz gelegt.»Bleiben Sie noch einige Minuten, während ich zu meiner Kutsche gehe. Ich wünsche nicht, hier gesehen zu werden.»

Bolitho streckte die Arme aus und ließ sie dann wieder sinken. Er war besiegt. Er war es schon länger gewesen, als er gewußt hatte.

Doch als sie im dunstigen Sonnenlicht vor ihm stand und ihn mit ihren violetten Augen auf Distanz hielt, wußte er, daß er alles tun oder sagen könnte, um sie zu halten.

Sie ging auf die Tür zu.»Sie sind ein sonderbarer Mann. Aber ich sehe keine Zukunft für Sie. «Und dann war sie gegangen, ihre Schritte verhallten im Treppenhaus, und er war allein.

Er konnte sich nicht erinnern, wie lange er in dem leeren Raum gestanden hatte. Minuten? Eine Stunde? Als er schließlich die Treppe in den verwilderten Garten hinunterging, bemerkte er, daß die schäbige Kutsche verschwunden war. Er ging hinüber zum Teich und blickte auf sein eigenes Spiegelbild.

Wenn sie ärgerlich gewesen wäre oder ängstlich, dann hätte er vielleicht noch gewußt, was tun. Aber sie hatte nicht einmal Verachtung gezeigt. Sie hatte ihn einfach entlassen, genauso gedankenlos, wie sie einen nutzlosen Diener zurückgewiesen hätte.

Ein Fuß stieß an einen Stein, er fuhr herum und sah in dieser Sekunde vier dunkle Figuren aus den verwilderten Büschen springen.

«Langsam, Käpt'n!«Einer von ihnen hatte einen Degen gezogen, und er sah, daß auch die anderen gut bewaffnet waren.»Es ist sinnlos zu kämpfen!»

Bolitho wich an den Teich zurück, die Hand am Säbel.

Ein anderer Mann kicherte.»Aye, so ist's recht, Käpt'n. Wir wissen dann schon, wo wir Ihre Leiche verstecken, wenn wir mit Ihnen fertig sind. Praktisch — was, Kameraden?»

Bolitho blieb ganz ruhig. Er wußte, daß es sinnlos war, mit einem von ihnen reden zu wollen. Sie sahen aus wie berufsmäßige Kriminelle, Männer, die für Geld töteten, unabhängig davon, was es sie letztlich kosten würde. Er war plötzlich so gelassen, als ob ihre Ankunft seine Verzweiflung vertrieben hätte wie ein kalter Wind.

«Dann will ich wenigstens noch ein paar mitnehmen!»

Er zog seinen Säbel aus der Scheide und wartete auf ihren Angriff. Zwei hatten Pistolen, aber es waren wahrscheinlich Militärpatrouillen in der Nähe, und ein Schuß hätte sie aufmerksam gemacht.

Stahl stieß auf Stahl, und Bolitho sah, wie das Grinsen des Anführers zu einem angestrengten Stirnrunzeln wurde, als sich ihre Klingen kreuzten. Er duckte sich, als ein Mann nach seinem Nacken schlug, drehte seinen Säbel und fuhr ihm über das Gesicht, hörte ihn schreien, als er in die Büsche zurücktaumelte.

«Verdammt sollst du sein, elender Bastard!«Ein anderer warf sich nach vorne, sein Degen durchstieß Bolithos Deckung. Aber er sprang von seiner Gürtelschnalle ab, und er konnte ihn mit dem Griff wegschleudern; dann traf er den Gegner mit solcher Gewalt am Kiefer, daß es ihm fast den Säbel aus der Hand riß.

Der Garten schwamm in einem Nebel von Schmerzen, als ihn etwas heftig an der Stirn traf; er begriff, daß einer von ihnen einen Stein geworfen hatte. Er holte mit dem Säbel aus, fühlte aber, daß er nur in die Luft schlug. Jemand lachte, und ein anderer rief heiser:»Jetzt, Harry! Mach ihn fertig!«Doch da — Füße polterten durch die Büsche, Bolitho wurde von jemandem in blauem Rock beiseite geschoben, der schrie:»Auf sie, Kameraden! Haut sie nieder!»

Degen blitzten und klangen aufeinander, und ein Körper rollte um sich schlagend in den Teich, das Blut färbte die Oberfläche rot.

Bolitho kam unsicher auf die Beine; er sah, daß Heyward und Tyrell die beiden Angreifer zum Haus zurücktrieben, während Dalkeith wachsam danebenstand, seine beiden wundervollen Pistolen glänzten im Sonnenlicht.

Heyward zwang seinen Mann in die Knie und sprang zurück, um ihn auf sein Gesicht rollen zu lassen. So blieb er liegen.

Der einzige Überlebende warf seinen schweren Degen weg und schrie:»Gnade! Gnade!»

Tyrell trat ungeschickt auf seinem verkrüppelten Bein vor und sagte hart:»Keine verdammte Gnade!«Sein Degen traf den anderen in die Brust, einen endlosen Augenblick lang hielt er ihn an der Wand aufrecht, ehe er neben seinem Begleiter zusammensank.

Tyrell wischte seine Klinge ab und hinkte zu Bolitho hinüber.»Alles in Ordnung, Kapitän?«Er streckte die Hand aus, um ihm aufzuhelfen.»Gerade zur rechten Zeit, wie es scheint.»

Heyward stieg über eine der Leichen.»Jemand wollte Sie tot sehen, Sir.»

Bolitho blickte von einem zum anderen, die aufsteigende Rührung mischte sich mit Verstehen.

Tyrell grinste.»Sehen Sie, ich hatte recht.»

Bolitho nickte schwerfällig. Jemand wollte Sie tot sehen. Aber das Schlimmste war, daß Susannah die Gefahr, in der er schwebte, gekannt und nichts dagegen unternommen hatte. Er blickte auf die im Teich treibende Leiche.

«Was kann ich sagen? Wie soll ich Worte finden?»

Dalkeith murmelte:»Sagen wir einfach, es war auch für Rupert Majendie.»

Tyrell legte haltsuchend den Arm um Heywards schmale Schultern.

«Aye, das trifft's. «Er schaute Bolitho an.»Sie haben viel für uns getan. Und auf der Sparrow kümmern wir uns selber um unsere Leute!»

Zusammen gingen sie auf die Straße und die See zu.

Ein Mißverständnis

Bolitho lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte lustlos auf das offene Logbuch. Er war nackt bis zur Taille, fand aber in der überhitzten Kajüte keine Abkühlung. Er berührte seinen Mund mit der Feder und überlegte, was er schreiben sollte, wenn es nichts zu berichten gab. Über ihm dümpelte das Schiff in einer leichten südöstlichen Brise, und er bedauerte die Wache an Deck, die einen weiteren Tag im unerbittlichen, grellen Sonnenlicht schwitzen mußte. Sogar die Sparrow selbst schien Protest zu äußern. Die Hölzer ächzten und zitterten in der Bewegung, von Salz und Hitze ausgedörrt, und durch die offenen Fenster sah er, daß die geschnitzten Verzierungen am Süll aufbrachen, die Farbe blätterte ab und enthüllte das bloße Holz.

Seit er nördlich der Little Bahama Bank Stellung bezogen hatte, wartete er ungeduldig darauf, wieder zu einem aktiveren Dienst gerufen zu werden. Aber wie die meisten seiner Männer hatte er längst die Hoffnung aufgegeben. Woche auf Woche verging, und die Sparrow und ihr Schwesterschiff Heran fuhren ihre ermüdenden Patrouillen während des ganzen Juli, jede Dämmerung brachte einen leeren Horizont, und mit jeder Stunde wurde die Spannung in ihrer kleinen, isolierten Existenz größer.