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Das hieß, wenn Dalkeith sein Handwerk verstand — aber das tat er.

Am Horizont sah er die hellglänzenden Segel der Heran und wußte, daß Farr ihn schon erwartete. Und wenn es auch nur zur Unterbrechung der Monotonie und sonst nichts diente.

Innerhalb der nächsten Stunde hatte sich das fremde Schiff zu erkennen gegeben. Es war die Lucifer. Die großen Schonersegel wie Flügel ausgebreitet, lief sie vor dem Wind, Gischt sprühte wie flüssiges Silber über ihren Klüverbaum.

Fowler hing mit einem Fernrohr in den Leewanten, sein kleines, schweinchenhaftes Gesicht glänzte vor Hitze.

«Von Lucifer: Habe Depeschen an Bord.«Er schaute auf das Achterdeck hinunter, als sei er stolz auf seine Enthüllung.

«Beidrehen, Mr. Tyrell.»

Bolitho beobachtete die Geschäftigkeit an Bord der Lucifer, als sie die Segel reffte, ehe sie in Lee der Sparrow beidrehte. Ein feines kleines Schiff. Er überlegte, ob sich sein Leben im selben Ausmaß geändert hätte, wenn er sie statt der Sparrow befehligte.

Er sah die Hast, mit der das Beiboot des Schoners über Bord gefiert wurde. Etwas in seinem Unterbewußtsein warnte ihn, und er sagte:»Signalisieren Sie an Heran: Bitten Kapitän an Bord.»

«Aye, Aye, Sir!«Fowler schnippte mit den Fingern und hörte nicht damit auf, bis die Flaggen an der Rahe der Sparrow geheißt waren.

Farrs Gig machte bereits Minuten nach dem Beiboot der Lucifer am Fallreep fest.

Odell war persönlich an Bord gekommen, und als er seinen Hut gegen das Achterdeck lüftete und einen scharfen Blick auf Bolithos bloßen Oberkörper warf, kletterte Farr neben ihm herauf und fragte heiter:»Bei Gott, was führt Sie hierher? Haben Sie sich in Antigua nach uns gesehnt?»

Odell trat einige Schritte vor und blickte sie dann an.»Die Franzosen sind ausgelaufen, Sir.»

Einen Augenblick lang sprach niemand. Bolitho nahm die Worte in sich auf, war sich aber auch der Umstehenden bewußt: Stockdale am Niedergang, der sich leicht vorbeugte, als ob er dann besser hören könnte. Buckle und Tyrell, deren Gesichter Erstaunen und mehr zeigten. Vielleicht Erleichterung, daß das Rätselraten zu Ende war.

«Kommen Sie mit nach unten.»

Bolitho führte sie in seine Kajüte, die Hitze und die Eintönigkeit der Patrouille waren vergessen.

Odell saß auf der Stuhlkante, sein Gesicht zeigte wenig von der Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, all diese Meilen von Antigua hierher zu segeln.

Bolitho sagte ruhig:»Erzählen Sie.»

«Ich habe die Depeschen wie befohlen zur Flotte gebracht. «Odell hatte eine rasche, unregelmäßige Art zu sprechen und nickte zu seinen Worten. Es war unschwer zu erkennen, warum er im Ruf stand, etwas verrückt zu sein. Ein Mann auf des Messers Schneide, vermutete Bolitho. Aber an der Richtigkeit seines Berichtes war nicht zu zweifeln.

«Admiral Rodney hat eine Flotte von vierzehn Linienschiffen abkommandiert, um unseren Streitkräften in New York zu helfen.»

Farr murmelte:»Das gefällt mir schon eher. Ich habe nichts für unseren Admiral Graves übrig.»

Odells Augen blitzten gefährlich ob dieser Unterbrechung. Er sagte scharf:»Rodney ist nach England gesegelt. Er ist ein kranker Mann. Hood kommandiert die Verstärkung.»

Farr war nicht aus der Fassung gebracht.»Auch gut, sogar noch besser. Ich habe unter Admiral Hood gedient und respektiere ihn.»

Bolitho sagte:»Erzählen Sie uns alles. Ich vermute, es gibt noch mehr Neuigkeiten.»

Odell nickte.»Compte de Grasse ist mit ungefähr zwanzig Linienschiffen ausgelaufen. Die Patrouillen berichteten, daß er den jetzt fälligen Konvoi bis auf die offene See begleitet hat.»

Bolitho sagte:»Soviel ich weiß, ist das doch üblich?»

«Ja. Aber seitdem ist de Grasse nicht mehr gesehen worden. «Die Worte platzten wie Geschosse in der Kajüte.

Farr rief aus:»Eine ganze Flotte verschwunden? Das ist doch unmöglich!»

«Aber Tatsache. «Odell funkelte ihn an.»Admiral Hoods Schiffe müssen dieses Gebiet im Osten durchquert haben. Und verschiedene Fregatten suchen an anderen Stellen. «Er spreizte die Finger.»Aber kein Zeichen von de Grasse.»

«Guter Gott!«Farr schaute Bolitho an.»Was halten Sie davon?»

Odell sagte gereizt:»Ich könnte ein Glas vertragen, ich bin trocken wie Zunder.»

Bolitho öffnete seinen Schrank und reichte ihm eine Karaffe. Er sagte:»Hood wird in Sandy Hook zu Graves stoßen. Sie werden dann zwar immer noch in der Minderheit sein, können sich aber ihrer Haut wehren, wenn de Grasse sich entschließt, dort anzugreifen.»

Farr meinte weniger überzeugt:»Und Hood wird es den verdammten Franzosen schon zeigen, eh?»

Bolitho antwortete:»Seine Flotte ist größer als die von Admiral Graves. Aber Graves ist der Ranghöhere, nachdem Rodney jetzt heimgefahren ist. «Er sah Farrs ängstliches Gesicht.»Ich fürchte, Graves wird unsere Streitkräfte führen, wenn die Zeit kommt.»

Er wandte sich Odell zu, der sein zweites Glas Wein trank.»Wissen Sie sonst noch etwas?»

Odell zuckte die Schultern.»Ich habe erfahren, daß Admiral Hood die Chesapeake Bay absuchen will auf seiner Fahrt nach New York. Einige glauben, daß die Franzosen die Armee von Cornwallis von See her angreifen könnten. Wenn nicht, dann ist New York ihr Angriffsziel.»

Bolitho zwang sich, sich zu setzen. Es war merkwürdig, daß ihn Odells Informationen so sehr erregten. Seit Monaten, schon seit Jahren, hatten sie die große Konfrontation zur See erwartet. Es hatte zwar viele Scharmützel und heftige Gefechte von Schiff zu Schiff gegeben. Aber sie alle hatten gewußt, daß früher oder später die Entscheidungsschlacht kommen mußte. Wer die Gewässer um Amerika beherrschte, der bestimmte auch das Schicksal derer, die innerhalb seiner Grenzen kämpften.

Er sagte:»Eines ist sicher: Hier sind wir zu nichts nütze.»

Farr fragte:»Meinen Sie, daß auch wir zur Flotte stoßen sollten?»

«So ähnlich.»

Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, Odells knappe Fakten in Relation zu bringen. De Grasse konnte überall sein, aber es war lächerlich anzunehmen, daß er nach Frankreich zurückgesegelt sei, ohne seinen Auftrag zu erfüllen. Ohne ihn konnten die Briten jedes Schiff und jeden Mann in den Kampf um Amerika werfen, und de Grasse war schlau genug, seinen eigenen Wert zu kennen.

Bolitho ging zum Tisch hinüber und nahm eine Seekarte aus dem Fach. Es waren fast siebenhundert Meilen bis nach Cape Henry am Eingang zur Chesapeake Bay. Wenn der Wind günstig blieb, konnten sie in fünf Tagen Land sichten. Falls die Schiffe Admiral Hoods dort lagen, konnte er weitere Befehle anfordern. Korvetten würden ihm äußerst nützlich sein, um näher an Land zu suchen oder in der Schlacht Signale zu übermitteln.

Deshalb sagte er langsam.»Ich habe vor, nach Norden zu fahren, zum Chesapeake.»

Farr rief aufspringend:»Gut! Ich komme mit.»

Odell fragte:»Nehmen Sie die volle Verantwortung auf sich. Sir?«Seine Augen waren undurchsichtig.

«Ja. Ich würde es begrüßen, wenn Sie hierbleiben, für den Fall, daß andere Schiffe vorbeikommen. Wenn ja, können Sie uns in aller Eile folgen.»

«Sehr wohl, Sir. «Odell fügte ruhig hinzu:»Das hätte ich aber gerne schriftlich.»

«Sie unverschämter Schweinehund!«Farr schlug mit der Faust auf den Tisch.»Nennt man das Vertrauen?»

Odell zuckte die Schultern.»Ich vertraue Kapitän Bolitho, ganz ohne Zweifel, Sir. «Er lächelte kurz.»Wenn aber Sie beide getötet werden, wer soll dann aussagen, daß ich nur meinen Befehlen gehorcht habe?»

Bolitho nickte.»Das ist richtig, Ich werde es sofort erledigen. «Er sah, wie sich die beiden Männer mit offener Feindseligkeit musterten.»Ruhig Blut. Recht oder unrecht, es wird uns guttun, wieder in Bewegung zu kommen. Wir wollen nicht mit Unfrieden beginnen, eh?»

Odell zeigte grinsend die Zähne.»Ich wollte nicht beleidigend sein, Sir.»