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«Ach, tatsächlich? Das andere Piratenschiff hat Anker gelichtet. «Er sah Starkie an.»Wohin mag es wollen, was denken Sie?»

Starkie hob die Schultern.»Die wollen sich irgendwo nördlich von hier mit einem anderen Schiff treffen. Nach dem hat Kapitän Wade gesucht, als wir angegriffen wurden.»

«Aha. «Tergorren ging nach achtern an die Heckreling.»In einer Stunde oder so fängt es an, hell zu werden. Dann können wir der Gorgon signalisieren. Schicken Sie einen guten Mann in den Ausguck. Vielleicht erwischen wir den Kerl und können ihn baumeln lassen.«Ärgerlich wandte er sich Eden zu.»Na, was haben Sie hier herumzuglotzen? Beim Kampf haben Sie nichts getaugt, wie ich höre. Haben wohl nach Ihrer Mama gejault, was? War keiner da zum Händchen halten, was?»

«Nicht so laut, Sir«, sagte Bolitho,»die Leute hören zu.»

«Und Sie hol' der Teufel für Ihre Unverschämtheit!«Tergorrens Stimmungen wechselten offenbar wie Gewitterböen.»Ich verbitte mir das!»

Aber Bolitho blieb fest.»Mr. Eden ist beim Entern niedergeschlagen worden, Sir. «Er fühlte, daß ihn seine Vorsicht verließ und er im Begriff war, seine ganze Zukunft zu ruinieren. Aber er hielt Tergorrens brutalen Hohn gegen jemanden, der sich nicht wehren konnte, einfach nicht mehr aus.»Wie Sie sich erinnern werden, Sir, waren wir stark in der Minderzahl. Wir hatten auf Ihre Unterstützung gerechnet.»

Tergorren starrte ihn an, als träfe ihn der Schlag.»Wollen Sie — «, er zupfte nervös an seiner Halsbinde — ,»wollen Sie etwa andeuten, ich hätte zu spät geentert?«Er beugte sich vor, bis sein Gesicht nur ein paar Zoll von Bolithos Gesicht entfernt war.»Ja? Wollen Sie das?»

«Ich habe nur sagen wollen, daß Mr. Edens Verhalten einwandfrei war, Sir. Er hatte seine Waffe verloren, und schließlich ist er erst zwölf Jahre alt, Sir.»

Sie starrten einander an, blind und taub für alles, was um sie herum geschah.

Dann nickte Tergorren ganz langsam.»Na schön, Mr. Bolitho. Sie werden mit in den Ausguck gehen, bis ich Gegenbefehl gebe. Bei der Rückkehr zum Schiff werde ich Sie wegen grober Insubordination in Arrest legen lassen. «Er nickte nochmals.»Wollen mal sehen, wie Ihrer feinen Familie das gefällt — he?»

Bolitho fühlte sein Herz wie einen Hammer gegen seine Rippen schlagen. Er mußte es sich wieder und wieder vorsagen: Er will, daß ich ihn schlage. Er will, daß ich ihn schlage. Dann hätte Tergorren seine Absicht voll erreicht; und für Bolitho wäre es das Ende gewesen.

«Sonst noch was, Sir?«Seine eigene Stimme klang ihm so fremd, daß er sie kaum erkannte.

«Nein. Einstweilen nicht. «Der Leutnant fuhr herum, und die Männer, die starr und stumm, wie hypnotisiert, zugehört hatten, stoben bei der plötzlichen Bewegung auseinander wie erschreckte Kaninchen.

Dancer blieb an Bolithos Seite, bis dieser an den Marswanten haltmachte.»Eine Gemeinheit war das«, sagte er wütend.»Am liebsten hätte ich ihn zu Boden geschlagen, Dick.»

«Ich auch. «Bolitho schwang sich an einer Webeleine hoch und starrte zur Großrahe empor.»Und das wußte er auch ganz genau.»

Unsicher entgegnete Dancer:»Mach dir nichts daraus. Immerhin haben wir die Brigg genommen. Das muß uns Kapitän Conway doch schließlich zugutehalten.»

«Hoffentlich«, erwiderte Bolitho.»Mehr haben wir auch nicht zu bieten. «Er kletterte hoch.»Geh, Martyn, sonst stellt er auch mit euch noch was an.»

Da hörten sie auch schon Tergorrens Stimme, die ihn im Dunkel suchte.»Wenn Sie fertig sind, Mr. Dancer, dann suchen Sie gefälligst einen Koch. Er soll in der Kombüse Feuer machen. Diese Kerls sehen aus wie Vogelscheuchen, und Dreck kann ich nicht leiden!»

«Sofort, Sir«, rief Dancer zurück.

Er blickte an den schwarzen Wanten hoch, aber Bolitho war schon verschwunden.

VII Mr. Starkies Bericht

Richard Bolitho hielt sich an einer Pardune fest und beobachtete den Himmel. Zögernd erschien, dicht über dem Horizont, ein etwas hellerer Streifen. Kaum mehr als ein grauer Schimmer aber in ein paar Stunden würde es so heiß sein, daß einem fast das Hirn kochte.

Er fühlte das Vibrieren und Schwanken des Mastes, als die Sandpiper willig auf die sich füllenden Segel reagierte. Wie mochte es wohl den Verwundeten gehen? Besonders Leutnant Hope — würde er sich erholen oder seiner Verletzung erliegen?

Unten auf dem engen Achterdeck und am Großmast konnte er mit Mühe ein paar Gestalten erkennen. Es kam ihm vor, als steige Essensgeruch aus der Kombüse herauf, und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Er wußte gar nicht mehr, wann er zuletzt gegessen hatte, und immer wütender wurde er auf Tergorren, der ihn jetzt, zu allem anderen, hier oben auch noch hungern ließ.

In einem hatte der Leutnant recht gehabt. Wenn die Kunde von dem Geschehen bis in Bolithos Elternhaus gedrungen war, dann würde Tergorrens Feindseligkeit und Unfairneß dabei nicht zur Sprache kommen. Seine Eltern würden genau das zu hören kriegen, was sie nach Tergorrens Absicht hören sollten, nämlich daß sich ihr Sohn einer Insubordination gegen seinen vorgesetzten Offizier schuldig gemacht hatte.

Er hörte ein Keuchen und sah Dancer, der sich neben ihm auf die Saling heraufzog.

«Sei lieber vorsichtig, Martyn!«sagte er besorgt. Dancer schüttelte den Kopf.»Ist schon in Ordnung, Dick. Mr. Starkie hat mich raufgeschickt. Er macht sich Sorgen um den Leutnant. «Bolitho sah ihn bestürzt an.»Um Mr. Hope? Geht's ihm schlechter?»

«Nein. «Bolitho griff nach dem Stag, denn die Brigg krängte heftig in einer plötzlichen Bö.»Tergorren macht ihm Kummer. «Er grinste.»Mir allerdings nicht — da müßte ich lügen.»

Bolitho streckte seine schmerzenden Glieder. Ihm tat alles weh, und sein Gesicht war ganz klamm von der salzigen Feuchte.

«Mr. Starkie denkt, Tergorren hat das Fieber«, sprach Dancer weiter.

Sie glitten miteinander an Deck hinunter und fanden den Bootsmannsmaat bei den Rudergasten stehen.

«Gleich geht die Sonne auf«, sagte er hastig.»Ich verstehe das nicht. Er ist wie besessen, da unten in der Kajüte. Ich weiß nicht, was werden soll, wenn es irgendwelche Schwierigkeiten gibt. «Er wandte sich ab; seine Stimme wurde spröde.»Nochmals Gefangenschaft — das halte ich nicht aus. Nicht nach allem, was wir durchgemacht haben, bei Gott nicht!»

«Wir gehen zu ihm hinunter. Aber ich bin kein Arzt«, erwiderte Bolitho und faßte Dancer beim Arm.

In der winzigen Kajüte, wo der letzte Kapitän der Sandpiper sein bißchen Privatleben und eine Menge Sorgen gehabt hatte, fanden sie Tergorren am Tisch sitzen. Sein Oberkörper war auf die Tischplatte gesunken, das Gesicht lag in den gekreuzten Armen. Die Kajüte stank nach Schnaps oder billigem Rotwein; bei jeder Bewegung der Brigg rollte unter der Koje polternd eine Flasche hin und her, und im Schein der einzigen Lampe sah Bolitho in einem Gestell vor dem Schott noch eine ganze Reihe solcher Flaschen.

Grimmig murmelte Dancer:»Anscheinend hat Mr. Tergorren seinen privaten Himmel gefunden.»

Bolitho lehnte sich über den Tisch.»Ich versuche, ihn wachzukriegen. Halt du dich raus. «Er faßte den Leutnant unter den Achseln, wuchtete ihn hoch und setzte ihn so hin, daß die Stuhllehne ihn im Rücken stützte. Er dachte, Tergorren sei schlicht betrunken; aber Dancer rief:»Mein Gott, Dick, der sieht ja aus wie der Tod!»

Tergorren war erschreckend bleich; sein sonst so wetterrotes Gesicht war fleckig grau, und als er mühsam die zitternden Lider hob, war sein Blick so verwirrt wie unter der Einwirkung eines schweren Schocks.

Er wollte etwas sagen, aber seine Sprache war so behindert, daß er eine ganze Weile krächzen mußte, um sich die Kehle freizumachen.

«Sind Sie krank, Sir?«Dancer versuchte, ein Grinsen zu verbergen, und Bolitho fuhr rasch fort:»Mr. Starkie macht sich große Sorgen um Sie, Sir.»

«So, macht er?«Tergorren versuchte aufzustehen, sank aber laut stöhnend in den Stuhl zurück.»Geben Sie mal die Flasche da her!«Unbeholfen, als ob seine Finger Klauen wären, umfaßte er die Flasche und tat einen langen, verzweifelten Zug.