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»Sind Sie verrückt?«zische ich.»Wollen Sie für Mord gehängt werden?«

»Ich werde dir beibringen, mit meiner Frau zu schlafen!«keucht Watzek.»Blut muß fließen!«

Jetzt weiß ich endlich, was los ist.»Watzek!«rufe ich.»Sie begehen einen Justizmord!«

»Scheiße! Die Gurgel werde ich dir durchschneiden!«

Wir sausen um den Obelisken herum. Mir kommt nicht der Gedanke, um Hilfe zu rufen; es geht alles zu schnell; wer kann mir da schon wirklich helfen?»Sie sind belogen worden!«rufe ich unterdrückt.»Was geht mich Ihre Frau an?«

»Du schläfst mit ihr, du Satan!«

Wir rennen weiter, einmal rechts, einmal links herum. Watzek, in seinen Stiefeln, ist schwerfälliger als ich. Verdammt! denke ich. Wo ist Georg? Ich werde hier für ihn geschlachtet, und er hockt mit Lisa in seiner Bude.»Fragen Sie doch Ihre Frau, Sie Idiot!«keuche ich.

»Hinschlachten werde ich dich!«

Ich sehe mich nach einer Waffe um. Nichts ist da. Bevor ich einen kleinen Hügelstein anheben könnte, hätte Watzek mir längst die Kehle durchgeschnitten. Plötzlich sehe ich ein Stück Marmor, etwa faustgroß, auf der Fensterbank schimmern. Ich reiße es an mich, tanze um den Obelisken und werfe es Watzek an den Schädel. Es trifft ihn links. Er blutet sofort über dem Auge und kann nur noch mit einem Auge sehen.»Watzek! Sie irren sich!«rufe ich.»Ich habe nichts mit Ihrer Frau! Ich schwöre es Ihnen!«

Watzek ist jetzt langsamer; aber er ist immer noch gefährlich.»Und das einem Kameraden!«faucht er.»So eine Gemeinheit!«

Er macht einen Ausfall wie ein Miniaturbulle. Ich springe beiseite, erwische das Stück Marmor wieder und werfe es zum zweitenmal nach ihm. Leider verfehlt es ihn und landet in einem Fliederbusch.»Ihre Frau ist mir scheißegal!«zische ich.»Verstehen Sie das, Mensch! Scheißegal!«

Watzek rennt stumm weiter. Er blutet jetzt links stark, und ich laufe deshalb nach links. Er sieht mich so nicht so gut, und ich kann ihm in einem gefährlichen Augenblick einen schönen Fußtritt gegen das Knie geben. Er sticht im selben Moment zu, aber streift nur meine Sohle. Der Fußtritt hilft. Watzek steht still, blutend, das Messer bereit.»Hören Sie zu!«sage ich.»Bleiben Sie da stehen! Machen wir eine Minute Waffenstillstand! Sie können ja gleich wieder loslegen, dann werde ich Ihnen das andere Auge ausschlagen! Passen Sie auf, Mensch! Ruhe, Sie Kaffer!«Ich starre Watzek an, als wollte ich ihn hypnotisieren.»Ich – habe – mit – Ihrer Frau – nichts«, skandiere ich scharf und langsam.»Sie interessiert mich nicht! Halt!«zische ich, als Watzek eine Bewegung macht.»Ich habe selbst eine Frau -«

»Um so schlimmer, du Bock!«

Watzek stürmt los, stößt sich aber am Sockel des Obelisken, da er die Kurve zu eng nimmt, taumelt, und ich gebe ihm wieder einen Fußtritt, diesmal gegen das Schienbein. Er trägt zwar Stiefel, aber auch dieser Tritt wirkt. Watzek steht wieder still, die Beine breit auseinander, leider immer noch mit dem Messer in der Hand.»Hören Sie zu, Sie Esel!«sage ich mit eindringlicher Hypnotiseurstimme.»Ich bin verliebt in eine ganz andere Frau! Warten Sie! Ich zeige sie Ihnen! Ich habe ein Foto hier!«

Watzek macht einen schweigenden Ausfall. Wir umkreisen den Obelisken in einer halben Runde. Ich kann meine Brieftasche herausholen. Gerda hat mir zum Abschied ein Bild von sich gegeben. Rasch fühle ich danach. Ein paar Milliarden Mark flattern bunt zu Boden; dann habe ich das Foto.»Hier!«sage ich und strecke es ihm an dem Obelisken vorbei vorsichtig so weit entgegen, daß er mir nicht in die Hand hacken kann.»Ist das Ihre Frau? Sehen Sie sich das an! Lesen Sie die Unterschrift!«

Watzek schielt mich mit dem gesunden Auge an. Ich lege das Bild Gerdas auf den Sockel des Obelisken.» So, da haben Sie es! Ist das Ihre Frau?«

Watzek macht einen trübseligen Versuch, mich zu erwischen.»Sie Kamel!«sage ich.»Sehen Sie sich doch das Foto an! Wer so jemand hat, soll hinter Ihrer Frau herlaufen?«

Ich bin fast zu weit gegangen. Watzek macht einen lebhaften Beleidigungsausfall. Dann steht er still.»Einer schläft mit ihr!«erklärt er unentschlossen.

»Unsinn!«sage ich.»Ihre Frau ist Ihnen treu!«

»Was tut sie dann dauernd hier?«

»Wo?«

»Hier!«

»Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen«, sage ich.»Sie mag ein paarmal telefoniert haben, das kann sein. Frauen telefonieren gern, besonders, wenn sie viel allein sind. Kaufen Sie ihr doch ein Telefon!«

»Sie ist auch nachts hier!«sagt Watzek.

Wir stehen uns immer noch gegenüber, den Obelisken zwischen uns.»Sie war neulich nachts ein paar Minuten hier, als man den Feldwebel Knopf schwerkrank nach Hause brachte«, erwidere ich.»Sonst arbeitet sie doch nachts in der Roten Mühle.«

»Das sagte sie, aber -«

Das Messer hängt herab. Ich nehme das Foto Gerdas auf und trete um den Obelisken zu Watzek heran.»So«, sage ich.»Jetzt können Sie auf mich losstechen, soviel Sie wollen. Wir können aber auch miteinander reden. Was wollen Sie? Einen Unbeteiligten erstechen?«

»Das nicht«, erwidert Watzek nach einer Pause.»Aber -«

Es stellt sich heraus, daß die Witwe Konersmann ihn aufgeklärt hat. Es schmeichelt mir leicht, daß sie geglaubt hat, nur ich könne im ganzen Hause der Verbrecher sein.»Mann«, sage ich zu Watzek.»Wenn Sie wüßten, wonach mir der Kopf steht! Sie würden mich nicht verdächtigen. Und übrigens, vergleichen Sie einmal die Figur. Fällt Ihnen was auf?«

Watzek glotzt auf das Foto von Gerda, auf dem steht:

»Für Ludwig in Liebe von Gerda.«Was soll ihm mit seinem einen Auge schon auffallen?»Ähnlich der Ihrer Frau«, sage ich.»Gleiche Größe. Übrigens, hat Ihre Frau vielleicht einen rostroten weiten Mantel, ungefähr wie ein Cape?«

»Klar«, erwidert Watzek, wieder gefährlich.»Hat sie. Wieso?«

»Diese Dame hat auch einen. Man kann sie in allen Größen bei Max Klein an der Großen Straße kaufen. Sind gerade jetzt Mode. Na, und die alte Konersmann ist ja halb blind, da haben wir die Lösung.«

Die alte Konersmann hat Sinne wie ein Habicht; aber was glaubt ein Hahnrei nicht alles, wenn er es glauben will.»Sie hat sie verwechselt«, sage ich.»Diese Dame hier ist nämlich ein paarmal gekommen, um mich zu besuchen. Und dazu hat sie ja wohl noch das Recht, oder nicht?«

Ich mache es Watzek leicht. Er braucht nur ja oder nein zu antworten. Diesmal braucht er sogar nur zu nicken.

»Gut«, sage ich.»Und deshalb wird man nachts fast erstochen.«

Watzek läßt sich mühsam auf die Treppenstufen nieder.

»Kamerad, du hast mir auch schwer zugesetzt. Sieh mich an.«

»Das Auge ist noch da.«

Watzek betastet das trocknende schwarze Blut.»Sie werden bald im Zuchthaus sitzen, wenn Sie so weitermachen«, sage ich.

»Was soll ich tun? Es ist meine Natur.«

»Erstechen Sie sich selbst, wenn Sie schon erstechen müssen. Das erspart Ihnen eine Menge Unannehmlichkeiten.«

»Manchmal möchte man das schon! Kamerad, was soll ich machen? Ich bin verrückt nach der Frau. Und sie kann mich nicht ausstehen.«

Ich fühle mich plötzlich gerührt und müde und lasse mich neben Watzek auf der Treppe nieder.»Es ist der Beruf«, sagt er verzweifelt.»Sie haßt den Geruch, Kamerad. Aber man riecht doch nach Blut, wenn man dauernd Pferde schlachtet.«

»Haben Sie keinen zweiten Anzug? Einen, den Sie anziehen können, wenn Sie vom Schlachthof weggehen?«

»Das geht schlecht. Die anderen Schlächter würden denken, ich wolle besser sein als sie. Der Geruch geht auch durch.

»Wie ist es mit Baden?«

»Baden?«fragt Watzek.»Wo? Im Städtischen Hallenbad? Das ist doch geschlossen, wenn ich um sechs Uhr früh vom Schlachthof komme.«

»Gibt es keine Duschen auf dem Schlachthof?«