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a. Das bellum Judaicum (= bell.) oder »Der Jüdische Krieg«, eine 73 zuerst veröffentlichte Geschichte des jüdischen Aufstandes 66-74 n.Chr., die auch eine Darstellung der jüdischen Geschichte vom 2. Jahrhundert v.Chr. an enthält. Das Buch soll demonstrieren, daß es sinnlos ist, sich der römischen Weltherrschaft entgegenzusetzen. Im bellum Judaicum wird Pilatus, nicht aber Jesus erwähnt. Das Schweigen über Jesus und die Christen ist verständlich: Die Christen waren erst 64 n.Chr. in Rom wegen angeblicher Brandstiftung verfolgt worden. Außerdem schweigt Josephus weitgehend über die messianischen Bewegungen in Palästina.

b. Die antiquitates Judaicae (= ant.) oder »Die Jüdischen Altertümer« sind eine in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. erschienene Geschichte der Juden, die mit der Schöpfung beginnt und vor dem Jüdischen Krieg endet. Ein Abschnitt über Jesus (ant 18,63f) ist entweder von den christlichen Abschreibern des Josephus eingeschoben oder (was mir wahrscheinlicher ist) christlich überarbeitet worden. Josephus erwähnt in ant 20,200 »Jakobus, den Bruder Jesu, des sogenannten Christus«, der 62 n. Chr. in Jerusalem hingerichtet wurde. Dies ist eine ganz unverdächtige Erwähnung Jesu und um so zuverlässiger, als Josephus als Jerusalemer die Hinrichtung des Jakobus zuverlässig bezeugen kann.

c. Die vita oder »Die Lebensgeschichte des Josephus« enthält nur einen knappen Abriß über die Jugend des Josephus und berichtet vor allem von der Tätigkeit des Josephus als Militärgouverneur von Galiläa im Jüdischen Krieg. Er verteidigt sich dabei gegen Vorwürfe. Diese Schrift ist deshalb so interessant, weil wir aus erster Hand Nachrichten über Galiläa im 1. Jahrhundert n.Chr. erhalten. Zwar stammen diese Nachrichten aus einer Zeit 40 Jahre nach Jesu Tod. Viele allgemeine Sachverhalte werden aber schon für Jesu Zeit Geltung besessen haben.

d. Die Schrift contra Apionem (gegen Apion) verteidigt das Judentum gegen Angriffe, die ein Schriftsteller namens Apion verbreitet hat.

Der historische Quellenwert des Josephus ist verschieden, je nachdem welche Quellen ihm zur Verfügung standen. Wo er Augenzeuge und Zeitgenosse war, berichtet er oft aus erster Hand. Viele seiner Angaben sind durch Ausgrabungen (z.B. von Masada) bestätigt worden. Für die Zeit vor ihm ist er natürlich auf Quellen angewiesen. Besonders die antiquitates enthalten wertvolle Berichte über Konflikte zur Zeit des Pilatus, die mit anderen Quellen über Pilatus (Philo, Neues Testament, Münzen und eine Inschrift) gut zusammenpassen. Man muß bei Josephus aber immer mit einer prorömischen Absicht rechnen (im bellum stärker als in den antiquitates). Da Josephus spannend erzählt, kann man seine Lektüre empfehlen. Seine Werke sind der beste Kommentar zu den synoptischen Evangelien.

3. Philo

Philo war ein hochgebildeter jüdischer Theologe und Philosoph, der in Alexandrien von ca. 15/10 v.Chr. bis nach 40 n.Chr.lebte. Er schrieb tiefsinnige Auslegungen des Alten Testaments, in denen er philosophische Einsichten der Antike in die Bibel hineininterpretierte. Aber er war auch als Politiker tätig: Er leitete eine Gesandtschaft der alexandrinischen Juden an den Kaiser Gaius Caligula im Jahre 40 n.Chr., um antisemitischen Ausschreitungen in Alexandrien entgegenzuwirken. Über diese Gesandtschaft hat er eine hochinteressante Schrift verfaßt, die Legatio ad Gaium (Gesandtschaft an Gaius). Wir verdanken Philo neben Nachrichten über die Essener auch eine wichtige Notiz über Pilatus. Er erwähnt Jesus nicht, wohl aber ungerechtfertigte Hinrichtungen unter Pilatus (zu denen er wohl auch die Hinrichtung Jesu gezählt haben würde, falls er von ihr wußte). Sein Schweigen über Jesus sagt nicht vieclass="underline" Er schweigt z.B. auch über Johannes den Täufer.

4. Die Qumranschriften

1947 wurden in Höhlen am Toten Meer antike Schriftrollen gefunden, die aus einer später ausgegrabenen Siedlung bei Qumran stammen. Es handelt sich dabei um eine Siedlung der sogenannten »Essener« (wahrscheinlich = »Fromme«), die dort in der Wüste eine mönchsartige Gemeinde bildeten. Die Schriften werden nach den durchnumerierten Höhlen, mit dem Buchstaben Q (= Qumran) und den Anfangsbuchstaben ihrer Namen zitiert:

a. 1 QS ist die in der 1. Höhle gefundene Sektenregel der Qumrangemeinde mit strengen Vorschriften über Aufnahme in die Gemeinde, verschiedene Strafen bis hin zum Ausschluß. Die Qumrangemeinde faßte sich als »Tempel« Gottes auf. Man wollte immer so heilig sein, als wäre man ständig im Tempel in der unmittelbaren Nähe Gottes.

b. 1 QM ist die in der 1. Höhle gefundene Kriegsrolle (von milchamah = Krieg). Sie schildert den Traum von einem großen Krieg, bei dem die Qumranleute von Gott und seinen Engeln unterstützt gegen die Römer und den Satan kämpfen werden.

c. CD (= Cairo Documents) bezeichnet die sogenannte Damaskusschrift, die schon vor den Qumranfunden in einer Kairoer Synagoge entdeckt worden war. Sie enthält vor allem Lebensregeln für Essener, die nicht in Qumran lebten und nicht ganz so strengen Gesetzen unterworfen waren.

d. 1 QpHab ist eine in der 1. Höhle gefundene Auslegung des Propheten Habakuk (»p« bedeutet »pescher« = Auslegung). Aus dem Habakukkommentar erfahren wir etwas von dem Lehrer der Gerechtigkeit, der im 2. Jahrhundert v.Chr. die Qumrangemeinde gegründet hat.

Die Qumranschriften erwähnen Jesus und die Christen nirgendwo (genausowenig wie z.B. Herodes und seine Söhne oder Pilatus). Sie sind für die Jesusforschung aber als Kontrast zur Verkündigung Jesu wichtig: Wie in Qumran verschärft auch Jesus manche jüdischen Gebote, aber er verbindet diese Verschärfung mit einer Predigt von der Gnade Gottes, die sich gerade dem Sünder zuwendet. In den Qumranschriften begegnet uns dagegen eine konsequente Gesetzesstrenge.

4. Tacitus

Der römische Historiker Tacitus wurde ca. 55/56 geboren und lebte bis in 2. Jahrhundert hinein. In seinen Historien berichtet er auch über den jüdischen Aufstand. Seine allgemeinen Bemerkungen über die Juden sind sehr wichtig für die Beurteilung der Juden im 1. Jahrhundert. In den Annalen berichtet er über die »Christianer« anläßlich des Brandes von Rom im Jahre 64 n.Chr.: »Der Mann, von dem sich dieser Name herleitet, Christus, war unter der Herrschaft des Tiberius auf Veranlassung des Prolcurators Pontius Pilatus hingerichtet worden; und für den Augenblick unterdrückt, brach der unheilvolle Aberglaube wieder hervor, nicht nur in Judäa, dem Ursprungsland dieses Übels, sondern auch in Rom, wo aus der ganzen Welt alle Greuel und Scheußlichkeiten zusammenströmen und gefeiert werden« (ann. XV, 44,3).

Zeichnung: Ilse Eckart, Berlin

Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Verfassers zur Thematik dieses Buches:

Die Jesusbewegung.

Sozialgeschichte einer Revolution der Werte, Gütersloh 2004.

 

Urchristliche Wundergeschichten.

Ein Beitrag zur formgeschichtlichen Erforschung der synoptischen Evangelien, Gütersloh 1974, 71998.

 

Soziologie der Jesusbewegung.

Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums,

München 1977 = Gütersloh 71 997.

 

Studien zur Soziologie des Urchristentums, Tübingen 1979, 31989.