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Mit dem Feuer wagten die Arowaken allerdings nur an windigen Tagen zu arbeiten, an denen keine hohe Rauchsäule von der Insel aufsteigen und der Besatzung irgendeines karibischen Kriegskanus verraten konnte, wo die Flüchtlinge sich niedergelassen hatten.

Die kleinen Kochfeuer auf der kleinen Insel waren nicht so gefährlich. Um diese zu unterhalten, verwandte man nur in der Sonne getrocknetes Brennholz, und das entwickelte nur schwachen Rauch, den die Brise sogleich zerteilte. Aber mit dem Feuerbrand um den Baum und die rauhe Außenschicht des Stammes war es anders.

Tag um Tag verging, und anfangs schien es den Männern, als machten sie nur sehr geringe Fortschritte. Aber mit der Zeit wurde es besser. Von dem vielen Feuer wurde der Ceibabaum nach und nach dürr, und bald mußten die Indianer vorsichtiger mit den Feuerbränden umgehen, um nicht mehr zu verbrennen, als sie wollten.

Die Gefahr, einen Waldbrand zu verursachen, bestand nicht. Die Inseln lagen im tropischen Regengebiet, und Regenwald kann nicht brennen, solange er im Boden wurzelt.

An einem frühen Nachmittag kam ein schweres Unwetter auf, so daß die Indianer eilends nach der kleinen Insel zurückpaddeln mußten, ehe die Wogen im Sund zu hoch gingen.

Sie kamen gerade noch rechtzeitig nach Hause.

Der Sturm wurde immer heftiger. Es war ein Glück, daß sich die wildesten Sturzseen an dem Korallenriff unmittelbar vor der Insel brachen. Sonst wären sie wohl über die ganze Insel hinweggerollt und hätten die Menschen und ihre Habe mit sich gerissen.

Es war jedoch so schon schlimm genug. Die Leute mußten arbeiten wie die Biber, um alles aus der Reichweite der Sturzseen zu bringen. Die beiden größten Flöße, die zu schwer waren, als daß man sie über Land schleifen konnte, mußten auseinander genommen werden. Ihre Stämme verwendete man als Rollen, um die kleineren Wasserfahrzeuge hoch auf den Strand hinaufzuziehen.

Schließlich war alles so sicher wie nur möglich, und unter dem Sturzregen schlotternd krochen die Indianer in ihre kleinen Hütten, die mitten auf der Insel im Buschwerk standen.

Kurz nach Mitternacht wurde die ganze Schar von einem scharfen Krachen geweckt, das durch das Heulen des Sturms und das Dröhnen der Wogen drang.

Die Männer nahmen Feuerfackeln und liefen hinaus, um nachzusehen, ob eine ungewöhnlich schwere Sturzsee die Flöße mit sich gerissen hatte, obwohl diese weit aufs Land hinaufgezogen und an Bäumen festgebunden waren.

Alle Flöße lagen an ihrer Stelle, aber als es tagte, sahen die Indianer, daß sich die Krone des großen Ceibabaums nicht mehr über die anderen Baumwipfel von Ceysén erhob.

Die Dünung ging den ganzen Tag immer noch zu hoch, als daß sie es hätten wagen können, ein Floß zu Wasser zu bringen. Der Boden erzitterte förmlich, wenn die Wogen der Dünung über das Riff rollten und die Insel hinaufschäumten.

In den Abendstunden begann sich das Meer zu beruhigen, und am nächsten Morgen zogen die Männer noch in der Dämmerung zwei der kleinsten Flöße an den Sund.

Alle brannten darauf, zu sehen, was mit dem Kanubaum geschehen war, auf den sie soviel Arbeit verwandt hatten.

Sie fanden ihn umgeworfen. Der Sturm hatte den gewaltigen Stamm genau an der Stelle abgebrochen, wo sie ringsum die tiefe Kerbe eingebrannt und eingehauen hatten.

Im Fallen hatte der Urwaldriese eine ganze Anzahl kleinerer Bäume umgeschlagen. Um seine Krone, aus der nach allen Seiten lange, knorrige Äste herausragten, war im Walde eine regelrechte Lichtung entstanden.

„Da haben wir tüchtige Hilfe bekommen", sagte Läufer, nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Stamm bei seinem gewaltigen Aufprall

auf den Erdboden ohne größere Risse geblieben war. „Die Mächte sind uns gnädig gewesen. Hier haben wir nun das Holz, das für ein sehr großes Kanu, ein halb so großes und ein kleines ausreicht."

Er hielt drei Finger in die Höhe.

„Dies alles kann uns auf mehr als eine Weise nützlich sein", sagte der Häuptling und strich sich nachdenklich das Kinn. „Seht, das Unwetter hat uns außerdem ein Stück Land gerodet. Wenn die umgestürzten Bäume hier richtig trocken geworden sind, können wir einen Teil von ihnen als Brennholz verwenden. Das übrige verbrennen wir an Ort und Stelle und säen Mais und Bohnen in die Asche."

Die anderen fanden ebenfalls, dies sei ein guter Gedanke, und so begannen sie mit dem Bau der Kanus.

Zuerst schälten sie alle Rinde von dem Ceibabaum. Dann maß Läufer den großen Stamm mit Stöcken, brachte seine Zeichen an und erklärte den anderen, wie er sich den weiteren Gang der Arbeit dachte.

Einigen von den erwachsenen Männern kam es — besonders am Anfang — sicher ein bißchen sonderbar vor, von einem so jungen Burschen angeleitet und unterwiesen zu werden, der noch nicht einmal einen richtigen Männernamen hatte, sondern noch seinen Jungennamen trug. Aber bei den meisten stand Läufer bereits in hohem Ansehen, seitdem er die Bogen angefertigt hatte, und sie mußten alle zugeben, daß seine Worte einleuchtend waren.

Außerdem hielten der Häuptling und auch der Medizinmann zu ihm, und da konnten ihm die anderen nicht gut widersprechen.

Sie machten sich mit Schwung an die Arbeit — mit Steinaxt, Feuer und Sandsteinreibe. Bald begannen die drei Kanus Gestalt anzunehmen, und da wurde die Arbeit noch schöner. Die Männer waren bald derart von ihrem Kanubau in Anspruch genommen, daß sie sich kaum noch die Zeit zum Fischen nehmen wollten.

Die Frauen waren ziemlich verschnupft, als ihre Männer den Fischfang vernachlässigten, so daß das Essen zuweilen ziemlich knapp bemessen war. Bei den Bocaná-Arowaken hatten die Frauen ganz erheblich mitzureden, und so gingen sie zum Häuptling und sagten ihm ihre Meinung.

Sägefisch und Habichtfeder erzählten ihnen von der neuen Rodung, die beabsichtigt war, um sie wieder aufzumuntern, denn die Frauen liebten den Ackerbau über alles.

„Ja, das klingt ja alles schön und gut", sagte Maisfrau, die Gattin des Häuptlings. „Aber woher kriegen wir den Samen und die Pflanzen, wenn wir das Land mit Brand gerodet haben?'

„Ja, diese Dinge holen wir natürlich mit den neuen Kanus", entgegnete ihr Mann.

Da mußten auch die Frauen einsehen, daß der Bau der Kanus wirklich notwendig war.

Das kleine Kanu wurde zuerst fertig. Es war gerade groß genug für drei Männer; im Notfall konnte es ihrer vier aufnehmen. Läufer hatte es zuerst bauen wollen, um feststellen zu können, ob Änderungen oder Verbesserungen an den größeren Booten nötig waren oder ob das Modell schon in seinem jetzigen Zustand verwandt werden konnte.

Vorsichtig legten die Männer das fertige Kanu auf Baumstammrollen und zogen es an den Sund hinab. Dort waren alle Männer, Frauen und Kinder versammelt, um zuzusehen, wenn das neue Gefährt ins Wasser gebracht wurde.

Es war ein spannender Augenblick. Jetzt würde man sehen, was die neue Erfindung wert war. Hatte Läufer nur Glück gehabt, als er die Bogen anfertigte, oder würde ihm auch sein neuer Plan gelingen?

Jetzt schwamm das Kanu auf dem Wasser. Jeweils mit einem Paddel versehen, stiegen der Häuptling und Läufer an Bord und fuhren hinaus auf das Wasser.

Heißa I — das war nun freilich ein anderes Fahren als mit dem schwerfälligen Floß! Mit einem einzigen Paddelschlag kam man mehrere

Meter weit, und man konnte auch gegen den Wind fahren. Das neue Fahrzeug schwamm wie ein Stück Balsaholz, es schaukelte auf den Wellen wie ein schwimmender Seevogel, und es kam kein Tropfen Wasser über Bord.

Noch war jedoch die Feinarbeit nicht getan, aber das war nur eine Frage der Zeit.

Nach einigen kurzen Proberunden kehrten die beiden Paddler zurück und zogen das Boot unmittelbar vor der Schar der interessierten Zuschauer auf den Sandstrand.

Der Häuptling trat vor den Medizinmann und verneigte sich. Alle anderen lauschten atemlos.

„Was sagt mein Großvater Stehender Bär dazu?" fragte Sägefisch ehrerbietig.