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»Hm, bisschen seltsam war das schon, oder?« Tom geht es offenbar genauso wie mir. Als wir wieder auf der Straße vor dem Haus stehen, gucken die Kinder noch eine Weile ratlos auf die Eingangstür.

Kira nickt. »Tja, das scheint ja eine ganz schlimme Krankheit zu sein, wenn wir nicht mal zu ihr durften. Seltsam, oder? Wo ihr Klavierlehrer sie gestern Nachmittag doch noch putzmunter fand.«

Pauli zuckt mit den Schultern. »Ist mir aber auch egal. Auf Händchenhalten an Emilias Bett habe ich persönlich sowieso keinen großen Wert gelegt. Jetzt hat sie ihren Krempel – muss sie eben allein sehen, wie sie damit klarkommt.« Sie grinst. »Oder Mutti hilft ihrem kleinen Mädchen.«

»Also, ob die eine große Hilfe ist? Frau Stetten war doch völlig von der Rolle. Ob die immer so konfus ist?« Tom kratzt sich am Kopf.

»Weiß nicht. Meine Mutter wäre aber bestimmt auch aufgeregt, wenn ich sehr krank wäre«, gibt Kira zu bedenken.

»Ja, aber wenn Emilia wirklich soooo wahnsinnig krank wäre, dass man sie nicht mal besuchen kann – wäre sie dann nicht besser im Krankenhaus aufgehoben?«, wirft Pauli ein. »Vielleicht ist sie gar nicht krank, sondern macht nur blau. Und ihre Mutter hatte Angst, dass das rauskommt, wenn wir nachschauen. Das würde schließlich richtig Ärger mit Frau Heinson und der Direx geben. Ich meine: Sich erst die Hauptrolle krallen und dann die Proben schwänzen – das geht doch gar nicht!« Pauli hat völlig recht. Das wäre ein richtiger Hammer und insofern wäre es verständlich, dass Emilias Mutter versuchen würde, es vor uns geheim zu halten.

»Tja, wir werden das nicht herausfinden«, meint Tom. »Schließlich haben wir nur die Hausaufgaben vorbeigebracht, keinen Durchsuchungsbefehl.« Er grinst. »Und sooo wichtig ist es nun auch wieder nicht. Ob sie nun wirklich krank ist ODER nur blaumacht, das Ergebnis ist dasselbe: Weg ist weg. Und solange sie weg ist, ist Kira der Gestiefelte Kater. Coole Idee übrigens, dass du meinen Scherz in die Tat umgesetzt hast, Kira.«

Kira schaut verlegen zu Boden. »Ja, findest du?«

»Auf alle Fälle! Das war doch ein spitzenmäßiger Auftritt! Ich konnte mich kaum beherrschen, nicht ständig den Hauptscheinwerfer auf dich draufzuhalten, so klasse warst du! Und das bei einer Leseprobe – ich war total beeindruckt. Und nicht nur ich: Du hättest mal Fernandez und Heinson sehen sollen, denen stand vor Staunen der Mund offen, als du dein erstes Lied gesungen hast.«

»Genau!«, bekräftigt Pauli. »Das war absolute Weltklasse, ich war superstolz auf dich. Und ich glaube, Leonie hat sich richtig geärgert, dass du so einen tollen Auftritt hingelegt hast.« Sie kichert. »Das war ja noch nie etwas für unsere Leonie – wenn mal andere als sie und ihre tollen Freundinnen im Rampenlicht stehen. Also: Alles richtig gemacht, Kira!«

»Danke, ihr beiden! Das freut mich! Ich hatte schon Angst, ihr würdet mich peinlich finden.«

Tom und Pauli schütteln energisch den Kopf.

»Nee, auf keinen Fall!«, ruft Tom laut. »Von mir aus kann Emilia richtig lange krank sein.«

Kira verzieht das Gesicht. »Das finde ich aber nicht nett. Ich meine, ich freue mich, dass ich jetzt spielen darf – aber ihr deswegen was Böses wünschen?«

»Och, lass sie ruhig ein bisschen krank sein.« Pauli gibt sich ungerührt. »Jetzt ist sowieso erst mal Wochenende und am Montag, Dienstag muss sie sich bestimmt noch schonen. Falls sie eine richtig fiese Sommergrippe oder so was in der Richtung hat, liegt sie mit Sicherheit länger auf der Nase. Ihr Pech, wenn es dann ohne sie weitergeht.«

»Nee, das finde ich zu heftig«, widerspricht Kira. »Wenn sie wieder gesund ist, singe ich eben weiter im Chor. Fernandez und Heinson wissen ja jetzt, was ich kann. Meine Chance wird schon noch kommen. Ich brauche nur etwas Geduld.«

Ah, das ist mein Mädchen! So erwachsen und vernünftig! Wobei: Von mir aus kann die olle Emilia auch bleiben, wo der Pfeffer wächst.

In diesem Moment juckt meine Schwanzspitze wieder. Heilige Ölsardine! Ich nehme das mit dem Pfeffer zurück. Nicht dass Emilia meinetwegen noch am Ende der Welt landet!

Kein Spaß mit Babuschka.

Dafür mit abenteuerlustigen Hofkatzen.

Was ich an Wochenenden liebe? Ganz einfach: Wenn man als Haustier Glück hat, verwandeln sich Herrchen oder Frauchen dann von denkenden Wesen in lebende Wesen. Davon kann ich als Kater nur profitieren: Ich hasse es nämlich, dass meine Menschen an normalen Wochentagen alles immer so grauenhaft durchgeplant haben. Da sind keine fünf Minuten Zeit mehr drin für Einfach-so-auf-dem-Sofa-Rumliegen oder Völlig-sinnfrei-aus-dem-Fenster-Gucken. Stattdessen: Termin, Termin, Termin, Termin! Furchtbar ist das!

Am Wochenende sieht die Sache zum Glück anders aus. Dann ist Werner ganz entspannt, schläft lang und verbringt danach einen Gutteil seiner Zeit auf meinem Sofa. Na gut, auf seinem Sofa. Und zwar mit der Zeitung und einer Kaffeetasse, die er sich in regelmäßigen Abständen auffüllt. Ich lege mich häufig neben ihn, mache ein kleines Nickerchen oder beobachte ihn einfach beim Lesen. Eigentlich völlig sinnfrei – aber das ist doch das Schöne an der ganzen Geschichte: Endlich mal etwas machen, was sinnlos ist. Einfach, weil es Spaß macht. Herrlich!

Deswegen freue ich mich, dass heute endlich das Wochenende anfängt. Ich liege in meinem Körbchen im Flur und drehe mich genüsslich einmal um die eigene Achse. Während ich die letzten Tage wegen der Projektwoche immer unerfreulich früh aufstehen musste, kann ich jetzt endlich wieder lang ausschlafen. Schnurrrrr, ich liebe es, wenn ich im Halbdunkeln noch einmal wegdämmern kann und … PLING! Jemand hat das Licht im Flur eingeschaltet. UNGEMÜTLICH! Hallo? Was soll das denn?

»So, Winston, raus aus den Federn!« Anna steht vor mir und guckt sehr entschlossen. Brrrr, ich kenne diesen Blick und ich mag ihn gar nicht! Denn er bedeutet, dass nichts und niemand sie von dem, was sie gerade vorhat, abbringen kann. Schon gar kein kleiner Kater wie ich!

Sie rüttelt an meinem Körbchen, ich stelle mich tot.

»Winston, ich muss hier saugen. Also weg da, dein Körbchen steht im Weg. In genau vier Stunden kommt Babuschka am Hauptbahnhof an, dann muss es hier überall wie geleckt aussehen und das Essen muss ich auch noch vorbereiten. Sie ist sehr anspruchsvoll!«

Babuwer? Kenn ich nicht. Ich rühre mich immer noch nicht. Soll mich Anna halt raustragen, wenn sie meint. Ich werde jedenfalls an diesem geheiligten Wochenende keine Pfote rühren! Schließlich muss ich mich von dem ganzen Probenstress auch mal erholen, jawoll!

Ein beherzter Griff, dann hat Anna mein Körbchen samt Inhalt auf dem Arm. Hey, nicht so rabiat! Ich maunze laut auf.

»Ach, stell dich nicht so an, Winston. Es ist immerhin schon sieben Uhr, da kann auch ein verwöhnter Kerl wie du mal aufstehen.« Sie trägt mich rüber in die Küche und stellt mich ziemlich unsanft ab. Aua! Ich bin nicht verwöhnt! Ich werde nur gern pfleglich behandelt und will nicht zu nachtschlafender Zeit aus meinem Bett gezerrt werden. Mit einem Satz bin ich aus dem Korb und an Anna vorbei. Ich weiß, wer mir armem Kater nun Zuflucht gewähren wird: jemand, der erstens am Wochenende auch gern ausschläft und mich zweitens garantiert in sein Bett lässt, damit ich dort mein Nickerchen fortsetzen kann …

Wunderbar – die Tür steht einen Spalt auf! Leise husche ich ins dunkle Zimmer, schleiche quer durch den Raum und springe dann in die Richtung, in der ich die Umrisse des Bettes erkennen kann. Ich lande weich – Treffer! Kira seufzt im Schlaf und dreht sich zur Seite, dabei entsteht genau die Lücke, die ich brauche. Zufrieden kuschle ich mich neben sie in die Bettdecke. Süße Träume, kommt schnell zu Winston!