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Das ist leichter gesagt als getan, aber ich gebe mein Bestes. Spike und Karamell rekeln sich selbstzufrieden in der Sonne, ganz so, als wollten sie sagen: Was soll’s? Das wird doch sowieso nichts. Das ärgert mich und spornt mich an, noch gründlicher zu überlegen. Ist mir in letzter Zeit etwas Außergewöhnliches aufgefallen?

Im hintersten Winkel meines Hirns beginnt etwas zu klingeln. Sehr leise noch, aber eindeutig ein Klingeln. Mir ist tatsächlich vor Kurzem etwas aufgefallen, aber was war es noch? Eine winzige Kleinigkeit, eigentlich völlig unbedeutend. Aber schon seltsam. Es war … es war … Mist, warum komme ich nun nicht darauf?

»Mir ist wirklich etwas aufgefallen, aber mir fällt einfach nicht mehr ein, was es war. Und vielleicht hat es auch gar nichts mit der Entführung zu tun«, beginne ich zögerlich.

Odette schaut mich durchdringend an. »Versuch, dich zu erinnern, Winston! Jede Kleinigkeit ist wichtig!«

Spike schnaubt. »Odette, das ist doch sinnlos! Wir finden schon noch ein anderes Abenteuer für uns vier Muskeltiere. Aber sich in die Arbeit der Polizei einzumischen, bringt doch nichts. Überlassen wir das langweilige Schnüffeln lieber den Spürhunden und konzentrieren uns auf spannendere Sachen.«

SCHNÜFFELN! Genau das ist es! Der Geruch! Der Geruch von Weihnachtsbäumen! Der ist mir in letzter Zeit doch häufiger mal aufgefallen: in der Schule und dann bei dem Erpresserbrief. Und natürlich in meinem Traum. Das muss einfach die Spur sein, nach der wir die ganze Zeit suchen! Aufgeregt springe ich auf dem Unterstand hin und her.

»Ich hab’s! Es ist mir wieder eingefallen! Wir suchen etwas, das nach Weihnachtsbaum riecht!«

Karamell schüttelt den Kopf. »Winston, du weißt, wie sehr ich dich mittlerweile schätze, aber das ist völliger Unsinn. Es ist ein herrlicher Spätsommer, die Kinder essen Eis, wir Katzen liegen in der Sonne und du faselst etwas von Weihnachtsbäumen?«

»Falsch, mein Freund. Du hörst mir nicht richtig zu. Ich rede von etwas, das nach Weihnachtsbäumen riecht

»Hm, du meinst, wie der Erpresserbrief?« Odette ist einfach so schlau! Sie weiß natürlich sofort, was ich meine.

»Genau. Das meine ich. Und ich habe diesen Geruch auch schon in der Schule gerochen, als ich mit Kira die Theaterprobe besucht habe und Emilia krank war.« Das mit dem Traum behalte ich vorsichtshalber für mich, sonst halten mich meine Freunde noch für verrückt. Oder besser: für verrückter als ohnehin schon.

»Welche Theaterprobe? Welche Schule?« Spike guckt verwirrt. Kein Wunder. Von meinem Leben als Schulkater weiß er natürlich nichts.

»Ich habe eine Rolle in dem Theaterstück, das gerade an Kiras Schule einstudiert wird. Ich muss dabei immer auf der Bühne hin und her laufen. Und dabei ist mir der Geruch nach Weihnachtsbäumen aufgefallen. Genau an dem Tag, an dem Emilia verschwunden ist. Ich weiß nur nicht genau, wo der Geruch herkam.«

Spike bläst die Backen auf. »Pffff! Das wird ja immer komplizierter. Wo sollen wir denn da mit unseren Ermittlungen anfangen?«

»Na, das ist doch jetzt wohl sonnenklar!« Odette springt auf. »Natürlich in der Schule! Zu viert finden wir bestimmt ganz schnell heraus, woher der Geruch stammt. Los geht’s! Winston, zeig uns den Weg!«

»Halt, halt«, bremse ich ihren Tatendrang. »So einfach ist das nicht! Erstens ist heute Samstag, da hat die Schule gar nicht auf. Und zweitens sind Tiere in der Schule eigentlich verboten. Ich bin auch nur ausnahmsweise erlaubt. Also, wenn wir da einfach alle reinmarschieren, schmeißt uns Frau Rosenblatt schneller wieder raus, als wir Miau sagen können.«

»Wer ist denn nun wieder Frau Rosenblatt?« Armer Spike. Er ist mittlerweile völlig durcheinander.

»Frau Rosenblatt ist die SEHR strenge Schuldirektorin, also die Chefin der Schule. Der bleibt nichts verborgen, schon gar nicht drei neue stromernde Katzen.«

»Pöh!« Odette gibt sich unbeeindruckt. »Für dieses Problem gibt es eine ganz einfache Lösung. Wir waren uns heute Morgen einig: Wir müssen mit den Kindern zusammenarbeiten, dann finden wir den Entführer und befreien Emilia. Und das ist jetzt die Gelegenheit für eine Zusammenarbeit. Kira muss nur dafür sorgen, dass Karamell, Spike und ich auch bei dem Stück mitspielen dürfen. Und wenn wir dann erst mal im Gebäude sind – zack! –, fangen wir an zu suchen. Sobald wir einen Verdächtigen haben, übernehmen die Kinder. Die können dann der Polizei Bescheid sagen – dafür brauchen wir sowieso menschliche Verbündete.«

»Ich weiß nicht«, beginnt Karamell sehr zögerlich. »Eine Schule? Das ist doch ein Ort, an dem ganz viele Kinder sind, oder? Da ist es bestimmt furchtbar laut.«

Im Grunde genommen hat er damit natürlich völlig recht. Aber wenn ich vor Odette gut dastehen will, muss ich die Sache nun entschlossen in die Pfote nehmen.

»So laut nun auch wieder nicht«, wiegele ich ab. »Ich finde Odettes Plan gut. Ich werde Kira fragen.«

Spike schnaubt. »Kira fragen? Winston, manchmal glaube ich, du bist ein bisschen plemplem. Also, ein netter Kerl. Aber eben plemplem.«

Ich will gerade etwas Unfreundliches erwidern, als Kira in der Hofeinfahrt auftaucht. Sie hatte mir auf dem Rückweg von Familie Stetten noch einen Ausflug in den Hof gegönnt, aber nun scheint Zapfenstreich zu sein.

»Winston, genug geflirtet! Du kommst jetzt mal wieder mit hoch. Du weißt doch, wie allergisch meine Mutter momentan auf deine Ausflüge reagiert.« Sie geht zum Unterstand und nimmt mich auf den Arm.

»Genug geflirtet?«, fragt Karamell erstaunt. »Wie meint sie denn das?«

Maunz und heilige Ölsardine! Hier soll doch keiner wissen, wie gern ich Odette mag, Kira! Aus den Augenwinkeln beobachte ich Odette. Guckt sie irgendwie komisch? Nein, Gott sei Dank nicht. Offenbar hat sie Kiras kleine Anspielung nicht verstanden.

»Äh, keine Ahnung, wie sie das meint«, rede ich mich raus. »Ist doch auch egal. Hauptsache, sie nimmt uns Montag alle mit in die Schule. Ich kläre das. Macht euch keine Sorgen. Ist ein Kinderspiel für mich.«

Odette nickt freundlich, aber während mich Kira wegträgt, kann ich noch sehen, wie Spike und Karamell völlig ungläubig die Köpfe schütteln. Ich weiß genau, was sie denken: Plemplem!

Menno! Euch zeig ich’s!

Erziehung auf Russisch. Essen auf Italienisch. Schummeln auf Deutsch.

»Na, war Katerrr wieder verschwunden?« Babuschka beäugt mich misstrauisch, als Kira mich ins Wohnzimmer trägt und sich zusammen mit mir auf das Sofa setzt.

Kira schüttelt den Kopf. »Nö. Ich habe ihn nur ein bisschen im Hof herumlaufen lassen. Winston braucht seine Freiheit!«

Genau! Weil ich nämlich ein wilder und gefährlicher Typ bin und es mir als reiner Stubenkater mittlerweile viel zu langweilig ist! Ähem, okay, das ist nur die halbe Wahrheit: Eigentlich gefällt es mir in der Wohnung ziemlich gut, nur kann ich Odette wohl kaum beeindrucken, wenn ich den ganzen Tag auf dem Sofa herumliege. Aber wem erzähle ich das – Babuschka kann mich doch nicht verstehen.

»Kira, kak charascho schto ja nakanezta sdes. Ja budu w buduschtschem pamagat twajej mame schtobi sdes nakanez vazaril parjadak!«

Kira zuckt mit den Schultern. »Oma, ich verstehe leider kein Russisch mehr. Du musst Deutsch mit mir sprechen.«

Maunz – das ist aber eine faustdicke Lüge! Denn seitdem ich selbst in Kiras Körper steckte, weiß ich, dass sie ausgezeichnet Russisch versteht. Warum will Kira das denn nicht zugeben? Ob ihr vielleicht nicht passt, was Babuschka gerade gesagt hat? Dass sie hier endlich mal für Ordnung sorgen will. Selbst als Kater verstehe ich das jetzt noch. Gefallen tut mir die Vorstellung einer für Ordnung sorgenden Babuschka allerdings auch nicht. Ich finde nämlich, bei uns ist alles in Ordnung.