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Ich nicke. »Hab ich.«

»Cool. Schade, dass Spike und Karamell gerade nicht da sind. Die wollten es doch nicht glauben. Und was hat Kira dazu gesagt? Wie findet sie den Plan?«

»Na ja, also, ähem … sie findet ihn richtig gut.«

Das ist jetzt nicht völlig gelogen. Ich bin mir sicher, dass sie ihn gut finden wird, wenn sie ihn denn erst mal kennt. Und ich habe ihn doch schon so gut wie erklärt. Also fast. Irgendwie. Und den Rest hole ich schon noch nach.

»Sehr gut, Winston! Dann können wir endlich loslegen und das arme Kind retten!«

»Genau. Aber wo sind eigentlich Karamell und Spike? Hast du eine Ahnung?«

»Nee. Die habe ich seit unserer kleinen Besprechung vorhin nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich liegen die irgendwo rum und schlafen. Spike ist nicht der Fitteste und Karamell ziemlich ängstlich – ich glaube, der heutige Tag war zu viel für sie.«

Ich seufze. Zwei von vier Muskeltieren können wir schon mal vergessen. Na toll!

»So, Winston«, mischt sich Kira ein, »was ist jetzt? Kommt Odette mit?«

Als Antwort maunze ich und trotte hinter Kira her, die wieder zur Straße geht. Odette folgt uns und so tigern wir zu dritt in Richtung Emilias Haus. Ein Mädchen und zwei Katzen. In diesem Moment habe ich plötzlich das Gefühl, dass die Idee, ausgerechnet wir könnten Emilia retten, ziemlich verrückt ist. Liegt aber vielleicht nur daran, dass auch mein Tag schon ziemlich lang war.

»Schön, dass du es so schnell geschafft hast! Deine beiden Freunde sind schon da.« Emilias Mutter begrüßt uns sehr freundlich und bittet uns ins Haus. »Oh, da ist ja noch eine Katze dazugekommen! Niedlich, die beiden!«

Niedlich? Wir sind nicht niedlich! Wir sind Agenten! Obwohl die Bemerkung bestimmt nett gemeint war, ärgert sie mich. Und weckt meinen alten Kampfgeist wieder. Wenn hier jemand Emilia befreit, dann doch wohl wir!

Frau Stetten führt Kira ins Wohnzimmer. Dort auf dem Sofa sitzen schon Tom und Pauli und winken uns freundlich zu.

»Hallo, Kira, hallo, Winston!«, begrüßt uns Tom. Dann fällt sein Blick auf Odette. »Oh, und wer ist das?«

»Odette«, erklärt Kira. »Eine Katze aus unserem Hinterhof. Auch sehr schlau. Falls wir vierbeinige Unterstützung brauchen, ist sie bestimmt nicht schlecht.«

Odette knufft mich mit ihrer Schnauze in die Seite. »Hey, ich denke, sie kennt den Plan?«

»Äh, ja, tut sie ja auch.«

»Aber was heißt denn dann, falls wir vierbeinige Unterstützung brauchen? Es ist doch genau umgekehrt – wir brauchen zweibeinige Unterstützung. Den Hauptjob erledigen wir Katzen. Und wenn wir den Verbrecher haben, dann sagen wir – also du – den Kindern Bescheid. So machen wir’s!«

Bei meinem Katzenklo, Odette kann ganz schön anstrengend sein!

»Das ist doch Haarspalterei. Ich habe Kira klargemacht, dass wir den Fall irgendwie zusammen lösen müssen. Und das werden wir auch tun.«

»Hm«, Odette beäugt mich misstrauisch, als ob sie mir nicht recht glauben würde. Ich beschließe, das zu ignorieren. Für solches Geplänkel haben wir nun keine Zeit. Wir müssen schließlich ein Kind retten, maunz!

Frau Stetten stellt ein paar Gläser auf den Tisch und gießt den Kindern etwas zu trinken ein. Dann setzt sie sich ebenfalls. Sie sieht sehr müde und blass aus, so, als habe sie in der Nacht zuvor gar nicht geschlafen.

»Ich bin wirklich froh, dass ihr gekommen seid. Mein Mann war heute nicht gerade nett zu euch – aber wir haben eben sehr große Angst um Emilia. Da reagiert man schon mal ein bisschen komisch. Ich hoffe, ihr versteht das.«

Tom, Pauli und Kira nicken. Ich nicke zwar nicht, aber ich verstehe es auch. Nicht auszudenken, jemand hätte Kira entführt!

»Aber ich finde euren Vorschlag, uns zu helfen, richtig gut. Deswegen habe ich mir auch eben Toms Telefonnummer aus der Klassenliste rausgesucht und ihn gebeten, noch einmal herzukommen.« Sie seufzt und schaut in die Runde. »Die Polizei hat momentan jedenfalls keine heiße Spur, die sie verfolgt. Und es ist genau so, wie ihr vermutet habt: Es gab schon einen Versuch, das Lösegeld zu übergeben. Leider hat der Entführer wohl gemerkt, dass die Polizei vor Ort war, und hat sich nicht blicken lassen. Beim nächsten Mal muss es einfach klappen, sonst …« Ihre Stimme fängt an zu zittern, dann bricht sie ab.

Tom, der direkt neben ihr sitzt, legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Frau Stetten, ich glaube, dass wir Ihnen helfen können, den Entführer aufzuspüren. Wir sind viel unauffälliger als Polizisten. Auf uns achtet der bestimmt nicht.«

Na, und auf mich und Odette achtet der noch viel weniger! Genau genommen gibt es mit Sicherheit nichts Unauffälligeres als zwei scheinbar streunende Katzen. Wir sollten hier also nicht länger rumsitzen, sondern endlich mal mit der Suche anfangen. Das heißt, ich könnte eigentlich schon mal damit beginnen. Vielleicht gibt es hier ja noch einen Hinweis, irgendetwas, das nach Weihnachtsbaum riecht.

Ich schleiche vom Sofatisch weg und laufe kreuz und quer durchs Wohnzimmer, meine Nase immer dicht über dem Parkett, schnüffelnd. Wahrscheinlich sehe ich aus wie ein doofer Hund, aber das ist mir egal. Immerhin ist es für einen guten Zweck.

Odette sitzt weiter neben dem Sofa und beobachtet mich. »Sag mal, was treibst du da?«

Ich halte kurz inne. »Überprüfung der Spurenlage. Sehr wichtige Ermittlungstaktik«, antworte ich dann knapp.

»Aha.« Odette kommt näher. »Und? Schon was gefunden?«

Ich schüttle den Kopf und schnüffle weiter. Hoffentlich entdecke ich bald etwas. Ich will mich nicht umsonst vor Odette zum Clown gemacht haben.

Als ich an der Tür zum Flur entlangschnuppere, höre ich etwas klappern. Nur eine Sekunde später weht der Hauch eines Hauches Weihnachtsbaum durch den Türspalt. Sofort bin ich wie elektrisiert! Ich stürze in den Flur, immer der Nase nach. Und da sehe ich ihn auch schon liegen: einen Briefumschlag. Jemand muss ihn gerade durch den Briefkastenschlitz an der Eingangstür geworfen haben! Vorsichtig schnuppere ich an dem Brief: Eindeutig! Weihnachtsbaum!

Schnitzeljagd.

»Odette! Komm schnell!«

Sekunden später steht sie neben mir. »Ist es das, was ich denke?«

»Ja. Riecht nach Weihnachtsbaum. Das muss ein neuer Erpresserbrief sein! Ist gerade erst eingeworfen worden. Schnell, lass uns die Menschen holen! Sie müssen uns die Tür aufmachen – vielleicht erwischen wir den Erpresser noch!«

Blitzschnell sause ich wieder ins Wohnzimmer, den Brief zwischen die Zähne geklemmt. Ich springe kurz entschlossen auf den Sofatisch, lande dabei einigermaßen elegant zwischen den Wassergläsern der Kinder und lasse den Brief genau auf die Mitte des kleinen Tisches fallen.

»Winston! Benimm dich gefälligst und komm runter da«, zischt Kira mich an.

»Hey«, ruft Pauli überrascht, »guckt doch mal, was er da mitgebracht hat! Einen Brief!«

Aufgeregt springt Tom auf. »Vielleicht ist das ein neues Erpresserschreiben!« Er will gerade danach greifen, da kommt ihm Emilias Mutter zuvor und fischt den Umschlag mit einem Papiertaschentuch zwischen den Fingern vom Tisch.

»Vorsicht! Falls die Nachricht wirklich vom Erpresser stammt, dürfen wir keine Spuren zerstören. Wartet mal, ich hole einen Brieföffner.«

Warten? Ganz schlechte Idee! Bis dahin ist der Entführer doch längst über alle Berge! Ich springe wieder vom Tisch und beginne, laut zu fauchen und zu maunzen. Dann renne ich wieder zur Wohnzimmertür und fauche weiter.

»Winston will, dass wir ihm folgen!«, ruft Kira und läuft hinter mir her. Auch die anderen stehen auf und kommen zu mir. Ich sprinte weiter in den Flur, setze mich vor die Haustür und beginne, an ihr zu kratzen. Odette tut es mir gleich. Jetzt müssen die Menschen doch begreifen, dass sie die Tür öffnen sollen.

Tun sie auch! Kira greift zur Klinke und drückt sie runter. Kaum steht die Tür nur einen Spalt offen, renne ich los. Auf den Stufen vor dem Haus riecht es tatsächlich auch noch ein bisschen nach Tannenbaum, aber es ist schon merklich schwieriger, hier so etwas wie eine Fährte auszumachen. Langsam bekomme ich ein bisschen Respekt vor der Fähigkeit von Hunden, einem Geruch zu folgen. Ist gar nicht so einfach, vor allem, wenn noch viele andere Gerüche durch die Luft wirbeln. Wie sagt Werner immer: ›Irgendwas kann jeder.‹ Und das können Hunde echt gut! Auch wenn sie natürlich nicht so schlau sind wie wir Katzen.