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Mucksmäuschenstill lauschen die Kinder, bis sich die Stimmen vom Flur ins Wohnzimmer verlagern. Glück gehabt! Einen Moment lang hatte ich schon befürchtet, Anna würde noch einmal in Kiras Zimmer gucken. Das macht sie nämlich ab und zu, bevor sie selbst ins Bett geht. Ich habe sie schon ein paarmal dabei beobachtet und fand es immer rührend fürsorglich. Heute wäre es allerdings ziemlich blöd gewesen.

Pauli fängt an zu kichern. »Ich bin schon auf das Gesicht deiner Mutter gespannt, wenn wir hier morgen alle aus deinem Zimmer marschiert kommen.«

Kira guckt grimmig. »Ach ja? Ich überhaupt nicht. Ich wollte auch gerade schon vorschlagen, den Wecker auf fünf Uhr zu stellen. Dann könnt ihr abhauen, bevor Mama oder Werner überhaupt etwas davon mitbekommen.«

Tom tippt sich an die Stirn. »Fünf Uhr? Du spinnst wohl! Das ist ja noch mitten in der Nacht!«

Jetzt ist es wiederum an Kira zu kichern. »Tom, du bist ein echtes Weichei. Fünf Uhr ist eindeutig Morgen. Am besten schlafen wir jetzt mal, dann sind wir um fünf auch fit. Nach dem Frühstück treffen wir uns dann alle wie besprochen wieder auf dem Schrottplatz. Also so gegen neun Uhr, okay?«

Der Plan, den wir – na ja, also die Kinder – in der letzten Stunde ausgeheckt haben, geht nämlich so: Wir nutzen die Erkenntnisse aus dem neuen Erpresserschreiben und den Aussagen von Finn und Lotti und durchsuchen gleich morgen früh den Schrottplatz nach einer Frau mit langen blonden Haaren. Wenn wir sie finden, beschatten wir sie, damit sie uns zu Emilias Versteck führt. Und wenn wir das entdeckt haben, alarmieren wir die Polizei, damit die Emilia befreit. Jetzt muss ich den Kindern nur noch verklickern, dass es viel besser ist, wenn neben drei Agenten noch vier Muskeltiere mit in die Fahndung einsteigen – dann wird aus dem guten Plan ein spitzenmäßiger!

Ich rapple mich also auf, hüpfe in die Kreismitte und fauche, so laut ich kann.

Kira legt den Kopf schief. »Hm, wenn ich nur wüsste, was Winston uns gerade sagen will. Es ist bestimmt etwas sehr Wichtiges!«

Stimmt ganz genau! Ich fauche noch einmal.

»Winston erstaunt mich immer wieder«, stellt Pauli fest. »Ob alle Katzen so schlau sind? Oder ob das noch an eurem Körpertausch liegt?«

Odette maunzt, die Kinder gucken erstaunt.

»Mannomann!«, ruft Tom. »Das wird langsam unheimlich mit den beiden! Ich frage mich sowieso schon die ganze Zeit, woher Winston wusste, dass der Brief heute Abend vom Entführer war. Wusste er doch, oder?« Er guckt mich scharf an, ich miaue zustimmend. »Nicht zu vergessen heute Morgen – den Brief hatte er doch auch schon angeschleppt. Und dann die Sache mit den beiden Kindern. Wie hat Winston die bloß gefunden? Die standen ja gar nicht mehr direkt vorm Haus, sondern waren schon ein ganzes Stück weit weg. Ich werde das Gefühl nicht los, dass diese beiden Katzen irgendetwas wissen, was wir noch nicht gecheckt haben.«

So ist es. Dann werde ich mal versuchen, euch Zweibeiner in den aktuellen Stand unserer Ermittlungen einzuweihen. Ich drücke meine Nase auf den Boden und versuche, Geräusche zu machen, die ansatzweise nach Schnüffeln klingen. Dann schnüffele ich einmal im Kreis, setze mich wieder auf und maunze.

»Hä?« Kira kratzt sich am Kopf.

»Ich glaube, sie haben dich nicht verstanden«, meint Odette trocken. »Es sah aber auch ziemlich seltsam aus. Ein guter Schauspieler bist du jedenfalls nicht.«

»Schönen Dank auch«, erwidere ich gereizt. »Dann mach doch selbst, wenn du eine bessere Idee hast!«

»Hab ich auch!« Sie trabt zu Kira und schnüffelt an deren Händen.

»Hey, das kitzelt!«, ruft Kira.

»Tja, super Idee, Odette«, ätze ich. »Da hat Kira ja sofort geschnallt, was du sagen wolltest.« Odette sagt dazu nichts, sondern schnuppert weiter an Kiras Händen. Dann hört sie damit auf, läuft zu Kiras Schreibtisch, macht einen Satz auf die Tischplatte und beginnt, dort in einem Haufen Papier herumzuschnüffeln.

»Hm, ich glaube, das soll Schnüffeln bedeuten«, sagt Pauli schließlich.

»Meinst du?« Tom klingt skeptisch.

»Ja. Erst hat die weiße Katze doch an Kiras Händen geschnüffelt, jetzt an Papier. Also, wenn die Katzen wirklich versuchen, uns etwas zu sagen, dann doch wohl, dass sie etwas Bestimmtes erschnüffelt haben.«

»Genau!«, ruft Kira plötzlich. »Wenn Odette an Papier schnüffelt, meint sie wahrscheinlich den Brief des Entführers – er scheint nach etwas zu riechen, das die Katzen wiedererkannt haben. Vielleicht haben sie so auch die Kinder gefunden. Weil die auch danach gerochen haben.«

Heilige Ölsardine – na endlich! Es hat zwar lange gedauert, aber nun haben wir unsere Zweibeiner auf der richtigen Spur. Ich schnurre zufrieden.

»Also stimmt es, Winston?« Kira mustert mich eindringlich. Ich schnurre noch lauter. »Tja, wenn das so ist, Leute, dann müssen wir Odette und Winston natürlich unbedingt morgen früh mitnehmen.«

»Hurra!« Mit einem lang gezogenen Maunzer springt Odette wieder vom Schreibtisch hinunter und läuft zu mir. »Ich hätte nicht gedacht, dass die Verständigung zwischen Mensch und Katze so toll klappt«, ruft sie begeistert. »Das geht ja richtig einfach! Jetzt müssen wir nachher nur noch Karamell und Spike mitnehmen, dann läuft es genauso, wie wir es geplant hatten. Sag, dass ich das gut gemacht habe, Winston!«

»Ja, hast du gut gemacht. Aber ich vermute, dass es in diesem Fall nur so einfach war, weil Kira schon mal als Katze durch die Gegend gelaufen ist. Sie weiß eben, wie wir Katzen ticken. Die meisten Menschen glauben bestimmt nicht, dass wir logisch denken können.«

»Pah!« Odette klingt empört. »Das kann gar nicht sein! Die Menschenpolizei arbeitet doch sogar mit Hunden zusammen! Also, wenn sie Hunden zutrauen, ihnen zu helfen, muss das doch für uns erst recht gelten! Frechheit!«

»Na ja, Hunde sind eben … unkomplizierter. Also, aus menschlicher Sicht, meine ich. Ich glaube, sie helfen Menschen einfach gern. Und diese Eigenschaft macht sich die Polizei eben zunutze.«

»Wir helfen doch auch gern!«

»Ja, machen wir auch. Aber eben auf unsere Weise. Ich glaube, was Menschen an Hunden mögen, ist, dass Hunde es eben so machen, wie der Mensch es gern möchte. Man kann es ihnen gewissermaßen vorschreiben.«

»Okay, da hast du recht. Vorschreiben lassen würde ich mir das nicht. Trotzdem: Ich helfe gern! Auch Menschen!«

Könnte ich grinsen, jetzt würde ich es tun. Odette ist einfach zu süß, wenn sie sich aufregt.

Eine Seefahrt, die ist lustig.

Vor allem, wenn man gar nicht mitfährt …

Nicht zu fassen! Da ist es einmal richtig wichtig, dass der doofe Wecker klingelt – und dann tut er es nicht! Wo dieses schreckliche Teil doch sonst so laut scheppert, dass ich selbst im Flur davon vor Schreck aus meinem Körbchen falle! Wenn ich nicht sowieso in Kiras Bett liege. Aber heute Morgen: Fehlanzeige. Und so werden wir nicht um fünf Uhr von Kiras Wecker, sondern um neun Uhr von Babuschka geweckt. Grundgütiges Katzenklo – so ein Mist!

»A eta schto jeschtscho takoje? Kak mnoga detej i kak mnoga koshek«, ruft sie laut, was so viel heißt wie Was ist das denn? So viele Kinder und so viele Katzen! Klar. Damit hat Babuschka nicht gerechnet. Schließlich weiß sie nichts von unserem Geheimkommando und ich glaube, das ist auch besser so. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihre Vorstellung von braven Kindern auch solche beinhaltet, die Verbrecher jagen.

Kira rappelt sich von dem Bettenlager hoch und reibt sich verschlafen die Augen. Dann blickt sie sich um und ist mit einem Schlag hellwach.

»Oh nein! Äh … ich meine: Guten Morgen, Babuschka! Ich … äh … ich kann alles erklären!«

Babuschka guckt immer noch sehr erstaunt, sagt aber nichts mehr. Dafür schallt Annas Stimme über den Flur. »Mamuschka, Kira! Wo bleibt ihr denn? Frühstück ist fertig!«