Dem Kerl ist das völlig schnuppe. Im Gegenteiclass="underline" Jetzt schüttelt er mich auch noch. »So, mein Freundchen. Du hast Glück, wenn ich dich ins Tierheim bringe und dich nicht gleich in die Schrottpresse schmeiße! Und deine Kollegin hier«, er greift nach Odette und bekommt sie ebenfalls im Genick zu fassen, »die kommt gleich mit. Blöde Biester! Ich kann Katzen sowieso nicht leiden!«
Da hängen wir beide nun, Odette und ich, und sosehr wir auch strampeln, es nutzt uns nichts. Der Kerl hat einen Griff aus Stahl. Heilige Ölsardine, ich will nicht ins Tierheim!!!
Die Tür schwingt wieder auf und das Erste, was ich von meiner sehr unbequemen Lage aus sehen kann, ist ein gigantischer Berg aus aufgetürmten schwarzen Haaren. Babuschka! Ich war noch nie so froh, sie zu sehen!
»Hey, Sie! Was Sie machen mit mein liebe Katze? Wollen etwa stehlen? Geben Sie sofort her«, ruft sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldet, »sonst rufe ich Polizei!«
Völlig verdattert lässt der Kerl uns fallen. Ich lande unsanft, was mir aber egal ist. Hauptsache, ich bin den Schmerz im Nacken los. Auf dem Boden liegend, fällt mir endlich ein, woher ich den Grobian kenne: Es ist der Schulhausmeister. Besser gesagt: seine Krankheitsvertretung!
Keine Pelmeni für Werner.
Dafür aber eine neue Aufgabe für unwillige Musketiere.
»Schon wieder Fischstäbchen?« Werner guckt enttäuscht, als ihn nach dem Segelausflug nicht die erhofften Pelmeni erwarten, sondern ein zarter Hauch Seelachsfilet durch die Wohnung weht. Babuschka, die gerade aus der Küche kommt, sagt nichts dazu, sondern zwinkert uns nur verschwörerisch zu. Kira, Pauli und Tom zwinkern zurück. Wir sitzen auf dem Boden vor dem Flügel und tun so, als hätten wir gerade noch geübt. Das heißt natürlich, die Kinder tun so. Weil ich weder zwinkern noch in Texten blättern kann, bemühe ich mich, wenigstens auch ein bisschen verschwörerisch dreinzublicken. Es ist ein schweres Katerleben! Und ich muss es ganz allein durchstehen – Odette, Karamell und Spike sind nämlich nach unserem Ausflug zum Schrottplatz gleich unten im Hof geblieben. Vier Katzen in der Wohnung: Das war Babuschka eindeutig zu viel.
Werner seufzt. »Am Ende des Tages wird Winston das einzige Mitglied der Familie Hagedorn sein, das diese Spezialität einmal probieren durfte.«
Anna klopft ihm auf die Schulter. »Keine Sorge, Herr Hagedorn. Es wird schon noch klappen mit den Pelmeni. Aber es ist doch auch toll, dass hier alle so fleißig geübt haben, dass meine Mutter nicht groß zum Kochen gekommen ist.« Dann dreht sie sich zu uns um. »So, dann wollen wir jetzt aber auch mal etwas von den Künstlern hören!«
Kiras Gesichtsfarbe wechselt. Ich glaube, sie wird rot. Ich glaube deshalb, weil ich doch als Kater kein Meister im Farbensehen bin. Aber aus meiner Zeit als Mädchen weiß ich, dass die Welt ziemlich bunt ist und insbesondere Menschen gern die Farbe von reifen Tomaten annehmen, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Eben so wie Kira in diesem Moment.
»Ähm, ja, also«, stammelt sie, »das soll doch eine Überraschung werden – wenn ihr es jetzt schon hört, dann ist die Premiere gar nicht mehr spannend für euch.«
»Och, das stört mich nicht.« Anna lässt nicht locker.
»Äh, ja, aber ich habe leider gerade ziemliche Halsschmerzen, ich kann gar nicht mehr singen«, behauptet Kira nun.
Anna runzelt die Stirn. »Hm, dann sollten wir deine Freunde nach dem Essen verabschieden. Nicht dass du eine Erkältung bekommst und noch alle ansteckst. Vielleicht gehst du zur Abwechslung heute auch mal früh ins Bett, damit du morgen fit für die Schule bist.«
Maunz! Es ist wirklich ein Kreuz mit der Flunkerei – wenn man einmal damit angefangen hat, kommt man nur schwer wieder davon los. Eigentlich wollten wir doch noch unsere große Lagebesprechung abhalten und alle gewonnenen Erkenntnisse unserer Observation zusammentragen. Wobei diese im Wesentlichen daraus bestehen, dass Albert Schmidt, der Vertretungshausmeister, unser neuer Hauptverdächtiger ist. Um nicht zu sagen: unser einziger Verdächtiger, wenn man einmal von der ominösen Frau mit blonden Haaren absieht. Da sind sich alle einig: Nach Babuschkas rasantem Abgang mit zwei Katzen auf dem Arm kam Herr Schmidt auch aus dem Schuppen und wurde von Tom, Pauli und Kira, die hinter einem der Schrotthaufen lauerten, einwandfrei identifiziert. Der Schulhausmeister am Ort der geplanten Lösegeldübergabe – das fanden sie höööchst verdächtig! Und durch einen sehr gekonnten Schnüffeltanz konnte ich meinen Zweibeinern klarmachen, dass auch ich Herrn Schmidt für den Entführer halte. Immer wenn sein Name fiel, habe ich wie wild in der Luft herumgeschnuppert – Kira wusste sofort, was ich meinte, und konnte es den anderen erklären. Der Typ sieht nicht nur verdächtig aus, er riecht auch so!
Aber was machen wir als Nächstes? Das müssen wir nun wohl oder übel morgen in der Schule besprechen, denn jetzt heißt es gaaanz schnell nach Hause rennen, bevor Anna und Werner dort eintrudeln. Dass die nämlich so gelassen auf die ganze Geschichte reagieren wie Babuschka, bezweifelte ich. Besser also, sie erfahren gar nichts davon.
Ich wüsste allerdings zu gern, was Babuschka, die Katzenretterin, über die ganze Geschichte denkt. Seit ihrem Eins-a-Auftritt im Schuppen sehe ich sie wirklich mit ganz anderen Augen – eine echte Weltklasse-Oma! Bisher hat sie außer einem kopfschüttelnden joi, joi noch nicht viel gesagt. Was wiederum beweist, dass sie völlig anders ist, als alle anderen erwachsenen Menschen, die ich kenne. Wahrscheinlich ist sie das, was Kira immer cool nennt. Insofern wäre es gut, Babuschka bei der weiteren Einsatzplanung dabeizuhaben. Aber wir können sie morgen schlecht mit in die Schule nehmen. Als Kira mich das erste Mal in ihre Klasse geschmuggelt hat, hat sie mich in ihrer Schultasche versteckt. Ich würde sagen, da passt Babuschka schon wegen ihrer Hochsteckfrisur nicht hinein!
»Leute, wir sind auf dem richtigen Weg!« Kiras Augen funkeln regelrecht, als sie am nächsten Morgen vor der Schule auf Pauli und Tom trifft. »Ich konnte heute Nacht überhaupt nicht schlafen, weil ich die ganze Zeit darüber nachdenken musste, wie wir es heute am besten anstellen. Denn eines ist wohl klar: Das ist unsere letzte Chance, Emilia zu retten. Ich denke mal, dass die Polizei bei der Lösegeldübergabe alles tun wird, um den Typen dingfest zu machen. Aber wenn das wieder schiefgeht, dann gute Nacht!«
Tom räuspert sich. »Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache. Ich meine, wir sind uns doch jetzt ziemlich sicher, dass der Entführer wahrscheinlich dieser komische Herr Schmidt ist. Warum gehen wir nicht zur Polizei und erzählen, was wir wissen.«
»Nein!« Pauli schüttelt energisch den Kopf. »Was wissen wir denn wirklich? Wir wissen, dass Herr Schmidt momentan unseren Hausmeister vertritt und dass er auf dem Schrottplatz arbeitet. Ist ja nicht gerade eine Sensation und kann auch Zufall sein. Ich glaube nicht, dass die Polizei dafür schon ein Sondereinsatzkommando schickt.«
»UND wir wissen, dass er so riecht wie die Briefe des Entführers – das hat Winston einwandfrei festgestellt«, wirft Kira ein.
»Na ja«, sagt Pauli. Dann sagt sie nichts mehr. Das ärgert mich. Sogar noch mehr, als wenn sie gesagt hätte, dass sie mir nicht glaubt. Der werde ich’s noch zeigen!
»Okay, sagen wir mal, wir haben einen begründeten Verdacht«, überlegt Tom laut. »Dann hilft es nichts: Wir müssen Schmidt weiter beobachten. Vor allem, wenn der die Schule verlässt. Am besten, wir suchen ihn gleich unauffällig und lassen ihn dann nicht mehr aus den Augen.«
Pauli schüttelt den Kopf. »Wie soll das denn gehen? Wir müssen in den Unterricht. Ich glaube nicht, dass uns Prätorius einfach im Schulgebäude herumlaufen lässt, während wir eigentlich Bio haben. Wie willst du ihm das erklären?«