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»Na, seid ihr endlich still? Gut so. Ich verspreche euch eines: Wenn ich mit meinen zwei Millionen endlich in der Karibik angekommen bin – was so circa morgen Mittag der Fall sein dürfte –, dann werde ich euch zum Gedenken in der ersten Kirche, die ich sehe, zwei Kerzen stiften. Für die beiden tapferen, aber blöden Katzen, die dachten, dass sie jemanden wie mich hereinlegen können.« Er lacht bösartig. »Zwei Katzen. Einen Menschen! Harhar!«

Fauch und Funkel – was für eine bodenlose Gemeinheit! Ich nehme ein letztes Mal Anlauf – und rutsche wieder an der Kartonwand ab.

»Also ihr beiden – auf Nimmerwiedersehen!«

Seine Schritte entfernen sich. Bald sind sie nicht mehr zu hören und es ist ganz still. Heilige Ölsardine, was nun?

»Winston?«

»Hm?«

»Falls wir das nicht überleben, wollte ich dir schon mal sagen, dass ich froh bin, dich als Freund zu haben. Ich hatte viel Spaß mit dir. Und das mit dem Helden, das habe ich ganz ernst gemeint.«

Mir wird noch wärmer. Und das liegt ausnahmsweise nicht an der Außentemperatur. »Ja, äh, also, ich …« Bei meinem Kratzbaum! Mein Gestammel ist mir echt peinlich! Auch im Angesicht des Todes sollte sich ein Held ein bisschen geschliffener ausdrücken können! Nächster Anlauf: »Also, ich glaube, ohne dich wäre ich gar nicht so mutig, weißt du? Du machst mich mutig.«

Odette starrt mich mit großen Augen an.

»Wie meinst du das denn?«

»So wie ich es sage. Ohne dich hätte ich mich vielleicht feige vom Acker gemacht, anstatt Karamell zu helfen. Und ganz sicher hätte ich nicht die vier Muskeltiere, äh, Musketiere gegründet. Ich glaube, ich wollte dich beeindrucken.« Ich seufze. »Tja, und jetzt, wo es richtig wichtig wäre, ein Held zu sein, kann ich dir nicht mal aus so einem blöden Pappkarton helfen. Schätze, ich bin eher ’ne Niete.«

»Hey!« Odette knufft mich in die Seite. »Bist du gar nicht! Und was du ganz sicher bist, ist superschlau. Genau genommen kenne ich keine Katze, die schlauer ist als du!«

»Also ich schon.«

»Ja? Wen denn? Also bestimmt nicht Karamell oder Spike.« Sie kichert.

»Nee. Dich natürlich. Du bist die schlauste.« Und die schönste, füge ich in Gedanken hinzu, sage es aber lieber nicht. Ein Karton im Müllcontainer scheint mir für diese Art Geständnis nicht ganz passend.

Dann sagen wir beide gar nichts mehr. Es ist ganz still. Nach einer Weile allerdings beginnt es draußen gewaltig zu rumpeln. Heilige Ölsardine – das wird der Müllwagen sein! Leb wohl, du schöne Welt!

Aber es ist nicht die Müllabfuhr. Als das Rumpeln näher kommt, erkenne ich menschliche Stimmen. Und zwar sehr bekannte: Kira! Und Tom! Und Pauli! Gütiger Katzengott, du hast unsere Gebete erhört! Allerdings frage ich mich, was genau da so rumpelt, denn eigentlich sind Kinder auf Turnschuhen etwas leiser.

»Das ist die Tür?«, höre ich Kira fragen.

Keine Antwort, jedenfalls keine, die ich hören kann. Stattdessen beginnt jemand, Metall gegen Metall zu schlagen. Jedenfalls klingt es so – ein ziemlich lautes Poltern

»Hm, so wird das nichts«, stellt Tom fest. »Wir müssen versuchen, sie irgendwie aufzuhebeln.« Ein leiseres, scharrendes Geräusch, dann kracht es auf einmal laut. Kira, Tom und Pauli jubeln – offenbar haben sie es geschafft! Jetzt macht sich jemand am Container zu schaffen, jedenfalls werden wir ganz schön durchgerüttelt. Und mit einem Mal scheint ein kühler Luftzug am Karton vorbeizustreichen – sofort beginnen Odette und ich mit einem richtigen Rambazamba. Sekunden später schaukelt der Karton: Jemand hebt uns aus dem Container, der Deckel wird geöffnet. Mit einem Satz springen Odette und ich aus dem Karton. Hurra! Endlich wieder frei!

An der frischen Luft angekommen, sehe ich, dass nicht nur Kira, Tom und Pauli gekommen sind: Die Rettungsmannschaft besteht außerdem aus Karamell und Spike. Kira bückt sich und hebt mich hoch.

»Du armer, armer Kater! Wie bist du da bloß reingeraten?« Ich maunze so mitleiterregend ich nur kann und Kira knuddelt mich sofort. Herrlich! Tut das gut nach dem ganzen Stress! »Sei bloß froh, dass du so tolle Freunde gefunden hast«, erzählt Kira weiter. »Wenn uns die beiden nicht in der Schule gesucht hätten, dann wären wir niemals hierhergekommen!«

Und dann wären Odette und ich im Müllschlucker gelandet? Oh weh! Also haben wir unsere Rettung Spike und Karamell zu verdanken? Na, da bin ich aber platt! Ich maunze und betrachte die beiden. Kira scheint zu verstehen.

»Tja, die beiden hier haben in der Schule so ein Theater gemacht, dass ich richtig Angst bekommen habe. Ich wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Also bin ich einfach von der Probe abgehauen.«

Tom und Pauli nicken.

»Ja, das war eine richtig coole Aktion«, bestätigt Tom. »Du hättest mal die Heinson und diesen komischen Dramaturgen sehen sollen. Da war aber richtig was los – voll sauer waren die, als Kira einfach von der Bühne runter ist. Wir sind natürlich gleich mit. Ehrensache!«

Ich gucke zum Boden hinunter. »Aber woher wusstet ihr denn, wo wir sind?«, frage ich Spike.

»Karamell hatte da so ein Gefühl – er meinte, dass er sich gar nicht vorstellen kann, dass der komische Schmidt mit dem ganzen Geld kreuz und quer durch die Stadt fährt. Ist doch viel zu gefährlich, wegen der Polizei und so. Deshalb ist er euch gefolgt – und er lag goldrichtig: Ihr habt es im Auto wahrscheinlich gar nicht bemerkt, aber im Grunde seid ihr nur einmal um die Ecke und dann in dieses Garagendings gefahren. Tja, und da ist Karamell dann auch heimlich hineingeschlüpft und hat alles beobachtet.«

»Wow, Karamell, das hätte ich dir echt nicht zugetraut! Weltklasseidee! Du hast uns das Leben gerettet!«

Karamell blinzelt bescheiden. »Ach was. War doch selbstverständlich. Einer für alle und alle für einen, oder? Ich hatte schon ziemliche Angst, als ich gesehen habe, was der Typ mit euch anstellt. Schließlich wollte ich selbst auf keinen Fall noch mal in der Mülltonne landen. Also habe ich mich gut versteckt und bin wieder raus, als der Typ die Garage verlassen hat. Dann habe ich Spike auf dem Schrottplatz eingesammelt und wir sind zur Schule gelaufen – den Rest der Geschichte kennt ihr ja.«

Auch Odette ist völlig erstaunt. Karamell als Held der Stunde, wer hätte das gedacht?

»Als wir aus der Schule raus sind, sind wir natürlich erst mal zum Schrottplatz gelaufen«, erklärt Kira weiter, »wir dachten ja, ihr seid noch da. Aber Karamell und Spike haben uns ziemlich schnell hierhergelotst. Am Garagentor sind wir dann gescheitert. Deswegen ist Tom noch mal zurück zum Schrottplatz und hat einfach einen Bollerwagen mit ein paar nützlichen Werkzeugen mitgehen lassen. Unter anderem ein Brecheisen. Und das kam hier gerade zum Einsatz.«

Aha! Das war so laut! Wer hätte gedacht, dass Kinder und Katzen zusammen zu so einer Meisterleistung fähig sind?

Tom grinst von einem Ohr zum anderen. »Jetzt müssen wir nur noch Emilia finden, dann ist der Fall gelöst. Ziemlich gut, oder?«

»Ja, aber nicht gut genug!«, kommt es auf einmal von der anderen Seite der aufgebrochenen Tür. Die Stimme verursacht bei mir sofortige Schreckstarre: Salemke! Er ist zurück! »Wenn ihr denkt, ihr könnt mir in die Suppe spucken, müsst ihr früher aufstehen. Oder leiser sein. Ich konnte euch eben bis in meine Wohnung hören.«

Mit zwei schnellen Schritten ist er bei uns und greift sich Pauli. Die schreit und wehrt sich, aber Salemke hält sie fest, seinen Arm ganz eng um ihren Hals geschlungen.

»Ende der Vorstellung, liebe Schulkinder und liebe Katzen! Ihr seid jetzt artig und kommt mit.«

»Herr Salemke!«, schreit Kira. »Lassen Sie sofort Pauli los! Was fällt Ihnen ein? Und wo haben Sie Emilia versteckt?«

Aber Salemke lacht nur. »Das ist ja niedlich! Der Gestiefelte Kater ist böse auf mich.« Dann verhärten sich seine Gesichtszüge. »Jetzt hört mir mal zu, ihr blöden Gören: Entweder ihr macht sofort, was ich sage, oder ich nehme eure Freundin hier mit. Und das wird ihr nicht gefallen, das schwöre ich euch!«