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«Sie sind mir unheimlich. «Mabel Paerson erhob sich und trat hinter das Bett. In ihren Augen stand keinerlei Schrecken oder Angst, sondern eine Art von Traurigkeit, die schon jenseits der Sphäre lag, in der man das Gefühl der Auflehnung gegen das Schicksal sucht.»Haben Sie persönlich einen Vorteil davon, wenn Sie Ihre schreckliche Arbeit vollendet haben?«

«Ich werde einen Orden bekommen. «Zanewskij lachte leise.»Vielleicht auch eine nette Villa auf der Krim. Die Armee wird mir eine schöne Pension geben. Das wird genügen, um den weiteren Rest meines Lebens mit meiner Familie sorglos leben zu können.«

Mabel Paerson sah Zanewskij groß an.

«Sie haben eine Frau?«

«Ja. Wanda Feodora Zanewskaja.«

«Und Sie haben Kinder?«

«Drei Stück, Miß Paerson. Gregor, Iwanow und die kleine Terufina.«

Er sah Mabel Paerson an, die plötzlich vor ihm stand. An ihrem Blick zerbrach er innerlich. Bewundernd und mit aufquellendem Haß erkannte er, daß sie stärker war als er.

«Was für ein Mensch sind Sie nur…«sagte sie leise.

Er schloß die Augen und wandte sich ab.

«Piotre Zanewskij…«stotterte er.»Sonst nichts…«

Schnell verließ er das Zimmer.

*

Der Brief, den Prof. Dr. Paerson an diesem Tage erhielt, bestätigte die Vermutungen General McKinneys und die geheimnisvolle Funkmeldung. Die Entführung Mabels war eine Erpressung zur Gewinnung des neuen Spaltungsgeheimnisses.

Das Schreiben war ordnungsgemäß mit der Post gekommen, die in Santa Fe besonders kontrolliert wurde. Als Aufgabeort war Panguitch im Staate Utah genannt, ein kleiner Ort nahe dem Bryce Canon National-Park, in dem ein Nebenfluß des Colorado, der sich tief in die Felsen einschneidenden Eskalante, entspringt. Sofort nach Empfang des Schreibens gab Dr. Bouth den Inhalt nach Washington durch, wo General McKinney sämtliche Außenstellen des FBI alarmierte, die innerhalb vier Stunden das gesamte Gebiet Panguitch und Kanab, südlich des Zion-National-Parks umstellte und hermetisch abriegelte. Daß Gregoronow den Brief fast 300 Kilometer südlich des Emmons Peaks aufgegeben hatte, ahnte niemand.

Im Außenministerium lag der Wortlaut des Briefes ebenfalls vor. Der Sinn war klar und konnte nicht mißverstanden werden. General McKinney verlas ihn unter atemloser Spannung aller Anwesenden und schämte sich nicht beim Lesen der Zeilen in große Erregung zu kommen.

Der Brief lautete in seiner kurzen, knappen, deshalb doppelt wirksamen Sprache:

«Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Paerson!

Ihre Tochter befindet sich zur Zeit gesund und der Lage entsprechend auch wohlbehalten in den Händen einer Gruppe, die bereit ist, Ihre Tochter Mabel sofort und ohne weitere Repressalien freizugeben, wenn uns von Ihnen folgende Informationen ausgehändigt werden: a) die Masse, die Sie spalten; b) das Material des äußeren Mantels; c) die Kühlung der neuen Elektronengeschütze sowie der umkonstruierten Brenner; d) die Formel und technischen Daten aller neuen Versuche; e) genaueste Angaben über die jetzige kritische Größe Ihrer Spaltung unter Berücksichtigung der industriellen Auswertung.

Falls Sie diese Angaben zu unterbreiten gewillt sind, wird ein Herr unserer Gruppe Sie oder Ihren bevollmächtigten Vertreter drei Tage nach Erhalt dieses Schreibens im Südcanon von Gleenwood Springs (Colorado) erwarten. Sollten Sie die Polizei oder Militär benachrichtigen und unserem Unterhändler Schwierigkeiten entstehen, wird Ihre Tochter Mabel erschossen werden. Das gleiche trifft zu, wenn Sie sich weigern sollten, uns die Angaben zu machen.«

General McKinney schwieg. Die Herren sahen sich an und blickten dann auf ihre Notizblocks.

Das Schweigen war drückend und ohnmächtig.

«Ich stelle fest«, sagte General McKinney laut,»daß keiner der Herren einen Weg weiß.«

Senator Petterson, ein großer, dicker, weißhaariger Mann, schlug mit der Faust auf den Tisch.

«Es gibt da keinen Ausweg mehr! Die Arbeit geht weiter!«

«Und Mabel Paerson?«

Petterson schielte zu dem General hinüber.»Wie verhält sich Prof. Paerson?«

«Er ist vollkommen zusammengebrochen. Er wird seine

Arbeit niederlegen. Das Labor führt im Augenblick Dr. Bouth. Prof. Paerson ist unfähig, irgendwelche Verhandlungen zu führen.«

Petterson schnaufte und steckte die Fäuste in die Hosentaschen.

«Es geht nicht um ein Mädchen«, brummte er.»Es geht um die Welt!«

«Das weiß Prof. Paerson. Aber Sie haben doch auch eine Tochter, eine sehr schöne Tochter sogar, Herr Senator?«

«Lassen Sie Virgin aus dem Spiel, Herr General«, schnaubte Petterson.»Ich habe keine Atome gespalten! Ich habe mir nicht diese Bürde aufgeladen.«

«Aber Sie verlangen von anderen, daß man sie trägt!«

Der Staatssekretär des Außenministeriums hob beide Hände.

«Meine Herren — bitte keine privaten Diskussionen. Wenn ich einen Vorschlag machen darf: hinhalten! Wenden wir die Taktik der Russen an… verhandeln mit der Gruppe, zögern wir die Entscheidung hinaus… vielleicht eine oder zwei Wochen. Bis dahin haben wir Mittel gefunden, Miß Paerson zu erlösen. Wir werden außerdem in einer sehr scharfen Note in Moskau gegen dieses Vorgehen protestieren.«

«Wie Sie wünschen. «McKinney packte seine Aktenmappe ein.»Ich fliege heute mit dem Regierungsflugzeug selbst nach Los Alamos und werde mit Paerson sprechen. Vielleicht haben wir die Möglichkeit, mit falschen, aber glaubwürdigen Angaben die Russen zu täuschen. Wenn Dr. Bouth in der Lage ist, innerhalb drei Tagen eine unmögliche Spaltung technisch und formelgetreu auszuarbeiten, hätten wir vielleicht eine Gelegenheit, neben der Auslösung Miß Paersons den russischen Forschungen durch eine gewaltige

Atomexplosion einen Riegel vorzuschieben.«

«Nicht übel. «Der Staatssekretär erhob sich. Senator Petterson knöpfte sich den Hemdkragen auf. Es war ihm schwül geworden.

«Wenn man bedenkt«, sagte er,»daß man in zehn Minuten über den Fortbestand der Erde entscheiden kann, kann man an gar nichts mehr glauben.«

*

Wenn man aus Tokio hinausgeht, nach Süden hin, liegt der Flußlauf des Roku hinter den Häusern der Riesenstadt. In den weiten Schilfwäldern, die bis nach Kowa reichen, wiegen sich die Blumenboote im trägen, lehmig gelben Wasser. Es sind die Boote, die tagsüber den schwimmenden Markt Tokios bilden, auf denen es Obst gibt, Gemüse, Reis, gebratene Hühner und gesottenen Fisch in Öl. Man kann hier seinen Reisschnaps trinken, den widerlich süßen Sakhi, der schmeckt wie brennendes Zuckerwasser und den Europäer nach zwei Gläsern umwirft, man kann hier seinen Curry essen, seinen Stockfisch mit Sahnetunke und kleinen Klößen aus gesäuertem Fischmehl. Hier, auf diesen Blumenbooten wohnen die fleißigen japanischen Wäscher, die in Oberhemd blütenweiß und gestärkt mit feinstem Reispuder aus den alten, schmutzigen Bottichen zaubern; es wohnen hier die Geldwechsler, die Lackmaler, die Tonformer, die Korbflechter und des Abends, wenn über Tokio das Lichtermeer der Glühlampen aufflammt, die Armee der Mädchen für käufliche Liebe.

Seit Tokio der Sitz der amerikanischen Besatzungszentrale ist, herrscht lautes und vielfältiges Leben an diesen Blumenbooten auf dem Roku. Es fällt nicht auf, wenn gut gekleidete Männer aller Hautfarben bei Dunkelheit an den Ufern stehen oder an den Bootsstegen im Schilfwald verhandeln. Eine Blüte ist über die Blumenboote gekommen, ein Wohlstand, wie ihn die Kulis, die Getretenen, die Rechtlosen, die Menschen, deren Sehnsucht eine Handvoll Reis und ein getrockneter Fisch war, es nie erträumten.

So fiel es auch nicht auf, daß außerhalb Tokios ein kleiner schmutziger Sportwagen parkte und zwei elegant gekleidete Japaner dem Ufer des Roku zugingen. Sie beeilten sich nicht, sondern blieben öfter stehen, blickten auf ihre Armbanduhren und sahen einer Gauklertruppe zu, die auf dem flachen Dach eines Bootes vor einigen angetrunkenen amerikanischen GIs ihre trickhaften Kunststückchen zeigten.