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Wie einsam es hier doch ist, dachte sie, indem sie aus dem Fenster blickte.

Sie schrak zusammen, aus ihren Gedanken gerissen. Eine Stimme sagte leise:

«Wasser…«

Dr. Bouth hatte sich ein wenig aufgerichtet und schaute sich um. Mabel stürzte zu ihm hin und umfaßte ihn.

«Ralf«, jauchzte sie.»Ralf… du bist wieder da… Ich habe dich wieder… Oh, Ralf…«Sie küßte ihn und legte ihn zurück in das Stroh. Dann tauchte sie ein Stück Mullbinde in das Wasser und legte es ihm zwischen die Zähne. Gierig saugte Dr. Bouth das Wasser aus dem Stoff. Dabei irrte sein Blick umher, durch die Hütte, über Mabel, an das offene Fenster.

«Wo sind wir?«fragte er schwach.

«Am Emmons Peak, Ralf. Du hast lange geschlafen… und ich habe gewartet, bis du wieder aufwachtest. «Sie wusch ihm das Gesicht, das blasse, von Bartstoppeln dicht übersäte, ausgemergelte Gesicht mit den brennenden Augen darin.

«Du mußt ruhig liegen«, sagte sie und bettete ihn vorsichtig um.»Du darfst dich nicht so viel bewegen. Und nicht sprechen, Ralf… hörst du?«

Er nickte und lächelte schwach. Er sah ihren flinken Händen zu, die ihn verbanden und ihm ein Stück Fleisch gaben.

«Wie gut du bist«, sagte er leise.

«Ich liebe dich doch, Ralf.«

«Und die Russen?«Er sah sie plötzlich ängstlich an.»Wenn sie uns hier finden?«

«Sie werden uns nicht finden. «Mabel biß die Zähne aufeinander. Ich darf es ihm noch nicht sagen. Wenn er es weiß, wird er unruhig und springt vielleicht auf. Er muß ganz ruhig bleiben, ganz ruhig…»Ich glaube, Zanewskij und Gregoronow sind weit weg«, meinte sie doppelsinnig.

«Hoffentlich haben wir unsere Spur gut verwischt. «Dr. Bouth trank in langen Schlucken die heißgemachte Vogelbouillon. Er kam nicht auf den Gedanken, zu fragen, Woher sie sie habe… er wußte nicht, wie lange er im Fieber gelegen hatte, er dachte an ibn Menras Rucksack und trank zufrieden.

«Das tut gut«, sagte er aufatmend und ließ sich ins Stroh zurücksinken.»Wenn es geht, ziehen wir morgen weiter, Mabel.«

«Du bist noch zu schwach, Ralf. Laß uns noch einen Tag warten.«

Dr. Bouth sah in die Flammen des offenen Feuers in der Ecke.

«Wir müssen zurück nach Los Alamos. Man wird nicht wissen, wie man sich verhalten soll. Dein Vater wird völlig zusammengebrochen sein. «Er blickte zu Mabel hin.»Vielleicht hat man das Auto mit Heinz Behrenz gefunden? Das wäre eine Hoffnung. Man wird uns hier suchen.«

Soll ich ihm sagen, daß in acht Tagen keiner gekommen ist? Daß wir hier mitten in Amerika doch am Ende der Welt leben? Oder am Anfang? Sie schüttelte den Kopf. Dr. Bouth lächelte.

«Warum schüttelst du den Kopf, Mabel?«

Sie schrak empor.»Ach. Nichts, Ralf. Habe ich mit dem Kopf geschüttelt?«

«Ja.«

«Es war aber bestimmt nichts. «Sie setzte sich zu ihm und nahm seine Hände.»Du sollst doch nicht soviel sprechen. Du sollst ganz ruhig liegen.«

Dr. Bouth lag eine Weile ruhig und schaute Mabel unverwandt an. Sie sieht schlecht aus, dachte er. Das Gesicht ist so eingefallen und schmal geworden. Tiefe Ringe liegen ihr unter den Augen. Sie hatte Angst um mich, sie dachte, ich wache nicht wieder auf. Doch dieser kurze Schlaf hat mir gut getan. Noch eine Nacht, und ich kann weiter. Wenn wir uns nach links halten, kommen wir in zwei Tagen an die Straße.

«Wie lange habe ich geschlafen?«fragte er in die Stille hinein.

Mabel schaute auf seine Hände.»Ein paar Stunden«, log sie.»Ich habe mich unterdessen ein wenig in der Umgebung umgesehen und konnte dich verbinden.«

«Hier ist es schön, nicht wahr, Mabel?«Dr. Bouth lächelte sie schwach an.

«Ja, Ralf. Hier ist es schön.«

«Etwas weiter, vielleicht zwanzig Minuten zu Fuß, ist ein Fluß. «Mabel schauderte zusammen. Dr. Bouth sah es nicht und sprach weiter.»Er ist voller wilder Strömungen und schießt zwischen zwei Felsen hindurch.«

«Du kennst den Fluß?«Mabels Zunge war schwer wie Blei. Die Worte schmerzten, als sie sprach.

«Ja. Ich habe dort zweimal geangelt. Damals war ich noch Student und verlebte meine Ferien in den Rockies, weil es eben zu einem Studenten unserer Gruppe gehörte, wenigstens einmal in den Rockies in Zelten übernachtet zu haben. Ich habe fast eine Woche an dem Fluß gelebt. Es war eine schöne, unbeschwerte Zeit.«

«Das glaube ich, Ralf. «Mabel lehnte den Kopf an seine Schulter.»Du«, sagte sie, um nichts von dem schrecklichen Fluß zu hören,»ich glaube, wir können unseren Hochzeitstermin nicht einhalten.«

Er lachte leise. Man sah, daß ihm das Lachen in der Wunde schmerzte.

«Wir sind uns ja bis heute nicht über dein Kleid einig. Ich will, daß du aussiehst wie eine Prinzessin.«

Sie schaute an sich herunter… die zerrissene Bluse, der zerfetzte Rock, die nackten, blutigen, aufgeschlagenen Beine.

«Eine Lumpenprinzessin«, lächelte sie.»Magst du mich denn noch, so, wie ich jetzt bin?«

Ich muß ihn ablenken, dachte sie dabei. Ich muß dumm reden, wie eine kleine, verliebte Gans, nur, damit er nicht an sich denkt, an die verzweifelte Situation, in der wir uns befinden. Ich muß ihn alles vergessen lassen. Ich muß ihn fröhlich und glücklich machen.

In diesen Stunden und Tagen wuchs sie über sich hinaus.

Sie küßte Ralf, sie legte sich neben ihn, drückte sich eng an ihn und ließ sich von seinen bebenden, schwachen Händen streicheln, sie ging auf in dem Opfer, ihn in diesen Stunden des Wiedererwachens zum Leben zu belügen.

Er muß ruhig sein… er darf sich nicht aufregen… Er muß denken, um uns herum ist der Frieden… die Freiheit. Er weiß ja nicht, wie schwer verwundet er ist, wie hoffnungslos er vor drei Tagen aussah.

Und während er sie küßte, dachte sie an die Möglichkeit, wegzukommen, ihn über die Berge zu schleppen, hinein in die Zivilisation… in die wirkliche Rettung.

Dr. Bouth blieb nicht lange wach. Nachdem er noch etwas gegessen hatte, schlief er wieder ein. Aber es war ein anderer Schlaf als das heiße Dämmern der vergangenen Tage. Er schlief fest und mit gesunden, tiefen Atemzügen.

Mabel erhob sich von seiner Seite, deckte ihn wieder zu und ging wieder hinaus in den Wald, um Vögel zu schießen. Nun, da sie wußte, daß Zanewskij und Gregoronow nicht mehr waren, schleppte sie auf eine Felskuppe in der Nähe der Hütte einen großen Haufen Reisig, dünne Äste, vermischt mit dickeren Stämmen, feuchte Blätter und faulendes Wurzelwerk. An trockenen Ästen brannte sie den Haufen an und schüttete dann die schwelende Flamme zu. Mächtig und breit stieg eine Rauchsäule über die Bäume in den Sommerhimmel — eine graue Wolke, dick und schwer. Sie zog in breiten Schwaden über den Wald und mußte, wenn ein Mensch in der Nähe war, gesehen werden.

Sie warf noch einige nasse Zweige auf den glimmenden Haufen. In dicken Wolken quoll der Rauch.

Er war ihre letzte Hoffnung auf fremde Hilfe.

*

General McKinney saß in dem Gästehaus von Los Alamos.

Professor Dr. Paerson hatte ihn gestern abend endlich empfangen. Die Unterredung war kurz und heftig. Nach ihr wußte McKinney, daß nicht das Atom den Menschen, sondern der Mensch das Atom besiegte.

McKinney hatte nicht lange gezögert mit dem, was er vorzubringen gedachte. Er hatte seine Aktenmappe auf den Tisch gelegt, Professor Paerson zu seiner weltumwandelnden Erfindung gratuliert und dann die Akte aus der Tasche genommen.

Die Verwendbarkeit der neuen P-Bombe im Krieg.

Professor Dr. Paerson hatte diesen Titel gelesen und die Akte unaufgeschlagen über den ganzen Tisch hinweg fortgeschoben.

«Um mir dieses vorzulegen, kommen Sie extra von Washington herüber?«fragte er.

McKinney hatte genickt.»Der Präsident wünscht es. Die außerordentliche Wichtigkeit Ihrer Erfindung macht ein schnelles und entschiedenes Handeln notwendig. Wir müssen den Vorsprung, den Amerika dank Ihrer genialen Leistung hat, nicht nur beibehalten, sondern noch mehr vergrößern.«