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McKinney erhob sich blaß. Er ergriff seine Aktenmappe und stopfte das Aktenstück hinein.»Sie wollen uns nicht Ihre Superbombe geben?!«sagte er hart und drohend.

Prof. Paerson schüttelte den Kopf.»Ich kenne keine Superbombe. Ich habe eine neue Spaltung entdeckt, eine Anlage, die es ermöglicht, bis zu 100 Milliarden Elektronenvolt zu erzeugen. Man wird bald nicht mehr von Cyclotronen, Betatronen, Synchrotronen und Kosmotronen sprechen, auch die neue Fokus-Anlage von Brookhaven bei New York wird veraltet sein! In riesigen Magneten von dreiundzwanzig Meter Durchmesser kann ich in einer Vakuumröhre, die von sechzehn Pumpen abgesaugt wird, Protonen abschießen, positiv geladene Atomkernpartikel, die durch den Magneten gezwungen werden, innerhalb der Röhre zu rotieren. Ich werde sie mit elektrischen Stößen beschleunigen, bis sie in einer Sekunde 3.000.000mal innerhalb der luftleeren Röhre herumjagen mit einer Energie von zwei Milliarden Elektronenvolt. Mit dieser Geschwindigkeit prallen sie auf einen Berylliumblock, der in unzählbaren Mesonen zersprüht — jene Partikel, die bisher das größte Geheimnis der Atomkernphysik bedeuten… sie sind der Kitt, der den Atomkern zusammenhält. Mit anderen Worten… ich bin in der Lage, eine vollkommene Spaltung der Atome herbeizuführen… sich durch Doppelmagneten steigernd bis auf 100 ja 200 Milliarden Elektronenvolt!«Paerson sah den erstarrten McKinney lange an.»Wissen Sie jetzt, was das bedeutet? Wissen Sie, was es heißt, wenn kosmische Strahlen, die ich jetzt erzeugen kann, über die Menschheit leuchten und alles Leben einfach in Sekundenschnelle vernichten… nicht eine Stadt wie Hiroshima, sondern mit einem Schlag einen Erdteil wie Asien!«Er lächelte.»Daran denken Sie, McKinney… Vernichtung! Ich denke an die andere Seite: Aufbau! Freiheit der Menschen von allem, was sie heute noch bedrückt! Aber sie werden sie nie erlangen, denn in Ihren Handel wird mein Werk entwürdigt werden zu einem lenkbaren Gott, der Angst heißt. Die Angst der Menschheit. Die nackte Angst!«

McKinney ging zur Tür und öffnete sie. Er war beleidigt, wütend, grenzenlos enttäuscht. Bevor er das Zimmer verließ, wandte er sich noch einmal zu Professor Paerson um.

«Der Präsident wird Sie aus dem Verband von Los Alamos entlassen«, sagte er leise.

«Ich bitte sogar darum, Herr General.«

«Und man wird auf den bekannten Teilen Ihrer

Forschung aufbauen und ohne Sie die Spaltung entdecken.«

«Vielleicht. Es gibt Ehrlose, die kein Gewissen haben und nur den Händedruck sehen, den sie nach geleisteter Arbeit von irgendeiner Persönlichkeit erhalten. Ein Händedruck für den Untergang.«

McKinney schloß die Tür wieder. Er machte einen letzten, verzweifelten Versuch.»Paerson«, sagte er eindringlich.»Seien Sie doch vernünftig.«

Prof. Paerson drehte sich herum. Es war eine Abkehr, wie sie deutlicher nicht ausgedrückt werden konnte.»Erinnern Sie mich nicht an meine Vernunft, McKinney«, sagte er.»Wenn ich an sie allein denken sollte, ging heute noch Los Alamos in die Luft!«

«Sie sind wahnsinnig!«schrie der General.

«Es ist ein Wahnsinn der Erkenntnis. Ein neuer, interessanter Bazillus für die Psychopathen. Es gibt eine seltene Art von Paranoia die Angst vor sich selbst! Ich bin soweit, McKinney, ich darf in keinen Spiegel mehr sehen… ich laufe vor meinem Anblick entsetzt davon.«

«Sie müssen sich erholen, Paerson. Sie müssen ausspannen. Kommen Sie mit nach Washington. Seien Sie einer der Großen unseres Landes. Amerika kann Sie zum reichsten Mann der Welt machen. Sie können über Milliarden Dollar verfügen!«

Prof. Paerson ging zur Tür, die gegenüber McKinney in seinen Schlafraum führte.

«Bitte, gehen Sie, General!«sagte er laut.»Gehen Sie sofort, ehe ich Sie hinauswerfen lasse!«

McKinney prallte zurück.»Paerson!«schrie er.»Was fällt Ihnen ein?!«

«Gehen Sie! Ich habe Ihnen nichts, gar nichts mehr zu sagen. «Damit ließ er McKinney stehen und verließ das Zimmer. Er schloß sich ein und verbat sich, gestört zu werden.

Wie ein geprügelter Junge verließ General McKinney das Haus von Prof. Paerson und ging zurück zu dem Gästehaus von Los Alamos.

Dort saß er jetzt und blickte über die Canons hinweg in den Himmel.

Plötzlich erhob er sich und ging in das Schreibzimmer. Er nahm den Hörer vom Telefon ab und schaute auf seine Armbanduhr.

«Bitte, direkte Leitung Washington, Nummer 34 876, Apparat 7. «Er wartete ein paar Minuten, dann knackte es in der Hörmuschel.»Hier McKinney«, sagte er. Seine Stimme hatte wieder den alten, festen Klang.»Herr Staatssekretär, ich habe Ihnen eine Hiobsmeldung zu machen. Professor Dr. Paerson weigert sich, sein Atomgeheimnis preiszugeben.«

Es war eine Zeitlang still in Washington, dann sagte der Staatssekretär langsam:»Im Interesse der Vereinigten Staaten lassen Sie Professor Paerson festnehmen und inhaftieren. Ich komme in zwei Tagen nach Los Alamos. Geben Sie Paerson Hausarrest und umstellen Sie unauffällig das Haus durch private Detektive. «Man hörte, wie schwer es dem Mann am Telefon im Weißen Haus von Washington wurde, diese Worte auszusprechen. Auch McKinney schluckte krampfhaft, als habe er einen Kloß in der Kehle.

«Und wie denken Sie sich das weitere?«

Der Staatssekretär überlegte lange. Es dauerte Minuten, ehe er antwortete. Man hörte nur seinen Atem.

«Ich weiß es nicht«, sagte er endlich.»McKinney — warum weigert er sich denn?«

«Aus Angst vor einem neuen Krieg.«

«Aus Angst?«Der Mann im Weißen Haus blickte auf seinen Schreibtisch. In einem schmalen goldenen Rahmen lachten ihn seine Frau und drei kleine Kinder entgegen. Es war eine Aufnahme, die er selbst bei einem Ausflug an die Chesapeake-Bucht gemacht hatte. Im Hintergrund sah man die Türme von Annapolis.»Aus Angst«, sagte er leise.»McKinney, ich habe ungeheure Achtung vor diesem Menschen.«

General McKinney ließ den Hörer fallen. Er kam sich klein und unnütz vor. Er fühlte sich abseits stehen. Lange blickte er an sich herunter. Der Waffenrock, die Uniformhose, die Knöpfe, die Schulterstücke, die goldenen Sterne.

Ich bin Soldat, dachte er und richtete sich an diesem einen Wort auf. Ich bin ein Mensch, der gehorcht. Ich habe Vernunft, ich habe Ehre, ich habe Gewissen, ich habe sogar einmal gesagt, ich kenne die Liebe… warum weigere ich mich, Paersons Gedanken zu verstehen? Weil ich Soldat bin? Weil ich gehorche?

Er verließ das Schreibzimmer und ging hinüber in das Kasino der Wachtruppe. Lächelnd betrat er es, jovial, lustig, aber mit jener Verkrampfung im fröhlichen Ton, daß es schwer war, ihm die gehobene Stimmung zu glauben.

Er unterhielt sich mit den Offizieren, er spielte einige Runden Billard und erörterte die politische Lage. Er rauchte Zigarren und stieß mit den Offizieren mit einem Glas Whisky an.

So verging der Tag. Er schickte keine Detektive zu Professor Paerson, er befahl keinen Hausarrest, er bewachte ihn nicht.

Zum erstenmal in seinem Leben gehorchte er nicht einem Befehl.

Und er wußte nicht, warum er es tat. Er fühlte nur, daß es Menschen gab, die stärker waren als er. Stärker nicht mit der Waffe, sondern unbesiegbar in der Kraft ihrer Seele.

Menschen, die Angst hatten. Angst, die er nie kannte.

Es war eine neue Welt, in die er gekommen war.

Und diese Welt betäubte ihn.

In dieser Nacht im Kasino von Los Alamos sah man den General McKinney zum erstenmal in seinem Leben betrunken. Es war ein Festtag für die Offiziere, die ihn singend nach Hause brachten.