Выбрать главу

Trinitrotoluol, dem rasantesten, bisher bekannten

Sprengmittel. Dr. Ebberlings Spaltung setzt eine Sprengwirkung von 50000 Tonnen frei, allerdings bei einer Atombombe von 2 1/2 Kilogramm Gesamtgewicht an spaltbarer Masse Plutonium.«

General Monzalez kaute auf seinen Lippen. Seine

Augenwinkel zuckten vor Erregung. Jetzt, als Dr. Sebaio schwieg, schnellte er von seinem Stuhl auf und drückte Dr. Ebberling beide Hände.

«Wundervoll!«schrie er.»Einzigartig! Sie sind ein Genie, Senor! Aber — «, er ließ die Hände los und sah sich im Kreis um,»- was bedeutet diese Meldung aus Los Alamos? Ist man in Amerika so weit wie bei uns? Ist man weiter? Unsere Regierung ist sehr beunruhigt.«

Dr. Jose Cabanera brannte sich eine Zigarette an, aber Dr. Sebaio riß sie aus dem Mund.

«Sollen wir alle in die Luft fliegen?«schrie er. Die Nerven gingen mit ihm durch. Die Anspannung der letzten Tage, das Sitzen an den Meßapparaten, das Aufschichten der großen Graphitwürfel, in denen das spaltbare Uran eingelassen war, der Blick in ein Reich von Energie und Kraft, die noch nie ein Mensch wie ein Sklave in der Hand hielt, zerstörten seine Selbstbeherrschung.»Wir können nur warten«, schrie er den General an.»Sagen Sie denen am grünen Tisch von Madrid, sie sollen einmal hierherkommen, sie sollen sehen, was hier geschaffen wird, und dann sollen sie uns fragen: warum, weshalb, warum nicht… «

«Ich denke da an einen Marokkaner, der für uns in Washington Spitzendienste leistet. Er ist als Portier in einer Bar beschäftigt und verfügt über gute Verbindungen. Kezah ibn Menra heißt der Bursche. «General Monzalez sah die Herren der Reihe nach an.»Wenn Sie dem Kriegsministerium genaue Angaben geben könnten, wäre es möglich, ibn Menra so einzusetzen, daß wir Genaueres über die Forschungen Dr. Paersons erfahren.«

«Das ließe sich machen. «Prof. Dr. Ebberling schlug eine rote Aktenmappe auf und überflog die Papiere, die sie enthielt.»Ich könnte Ihnen die Dinge aufschreiben, die wir gerne wissen möchten«, sagte er langsam.»Nur bitte ich, Ihrem Agenten einzuschärfen, im Falle eines Mißlingens nie zu sagen, für welche Macht er arbeitet.«

«Das ist selbstverständlich. «General Monzalez beugte sich über die Papiere, die ihm Dr. Ebberling zuschob. Auch Dr. Sebaio und Dr. Cabanera traten näher.

«Was wir brauchen, ist vor allem die genaue Angabe, ob Prof. Paerson Plutonium spaltet oder Helium. Ferner brauchen wir Pläne der Cyclotronen von Hanford, der Betatrone, der Cockcroft-Walton-Protonbeschleuniger, der…«

Zwei Wochen später.

In diesen zweimal sieben Tagen geschah vieles. In New York sagte Malik sein berühmtes Veto, in Italien trat der Po über die Ufer und vernichtete das Leben von Tausenden von Menschen, in Deutschland wurde ein Massenmörder verurteilt, in Frankreich streikten die U-Bahn-Schaffner. Wohin man blickte, häuften sich die Meldungen der Katastrophen. Die Welt hatte Stoff für Wochen, die Zeitungen druckten höhere Auflagen, in den Illustrierten saßen die Redakteure und rieben sich die

Hände.

Es passierte wieder etwas in der Welt. Und dann im Sommer, der schlechten Zeit aller Zeitschriften.

Die Rotationsmaschinen sausten. Ihr Donnern klang über die Straßen.

In diesen zwei Wochen aber sprang in der Nähe von Lubbock am Rande des Llanos Estacados, wenige Meter vor den Ufern des Flusses Double Mountain Fork, in einer regnerischen, gewitterdurchschauerten Nacht, der deutsche Spion Heinz Behrenz aus einer japanischen Langstreckenmaschine ab, die am nächsten Morgen, mit einem roten Kreuz unter den Tragflächen, kurz hinter Cap Colnett auf Nieder-Kalifornien in Mexiko gesichtet und wieder in Richtung auf den Stillen Ozean aus den Augen verloren wurde.

Den einsamen Mann, der sich am Rande des Flusses aus seinen Fallschirmgurten löste und den Schirm in einer Benzinflamme verbrannte, sah niemand. Auch als er nach Lubbock kam und sich an dem berühmten Punkt der Vier-Bundesstraßen-Kreuzung stellte, den Lastwagen zuwinkte und aussah wie ein armer, verluderter Tramp, beachtete ihn niemand, sondern man ging an ihm vorbei wie an all den Landstreichern, die durch die Vereinigten Staaten ziehen. Ein Lastwagen nahm ihn mit, nachdem er zwei Stunden gewinkt hatte. Er fuhr nach Amarillo, südöstlich von Santa Fe, dem Ziel der Reise.

In diesen vierzehn Tagen keuchte auch ein großer, schwerer Cadillac durch die Rocky Mountains, von Los Angeles kommend und durch das herrliche Plateau des Colorado fahrend, auf der vielleicht schönsten Straße der Welt, die von Kalifornien quer durch die Rockies, vorbei am kleinen Colorado bis nach Albuquerque am Rio Grande führt.

Wassilij Gregoronow und Piotre Zanewskij saßen in diesem Wagen und starrten hinaus auf die Canons und die wilden Wasser des Colorados, auf die Schluchten, in denen noch heute der Grislybär haust und die Pelzjäger wie vor hundert Jahren auf das Wild lauern.

Auch sie beachtete niemand. Es waren Überlandfahrer, vielleicht Kaufleute, die einen Job im Süden oder im Goldenen Westen getätigt hatten. An den Tankstellen fragte man nicht viel. Mein Gott, das Englisch, das sie sprachen, klang hart und holprig. Aber wer achtete in Amerika darauf, wo es mehr Fremde gibt als in jedem anderen Land der Erde?

Der schwere Cadillac fuhr schnell und ungehindert bis nach Santa Fe, wo er vor dem besten Hotel hielt.

In diesen vierzehn Tagen raste, von Osten kommend, ein anderer Wagen über die breite Regierungsstraße fast quer durch den Kontinent. Ein schmaler, brauner Mann saß hinter dem Steuer, mit scharfen Augen und schmalen Lippen. Sein heller Sommeranzug verstärkte die leicht negerhaften Züge, die vom Kinn aus bis zur Stirn zogen.

Der Marokkaner Kezah ibn Menra fuhr von Washington nach Santa Fe, in seiner Tasche auf dünnstem Seidenpapier, das man im Falle der Gefahr verschlucken konnte und sich von der Magensäure noch vor dem Auspumpen des Magens auflösen ließ, die genauen Pläne und Angaben von Prof. Ebberling aus Tanarenia.

Auch ibn Menra stieg in Santa Fe ab — nicht wie die Russen im besten Hotel, sondern in einer Herberge am Stadtrand, wo die Arbeiter aus den Canons und aus Alamos während der Ferien vorbeikamen und in Andeutungen die Spannung der Bevölkerung auf dem laufenden hielten.

Neben ihm, in einer Herberge für Tramps, saß Heinz

Behrenz auf seinem Feldbett und stopfte sich die Strümpfe. Um ihn herum saßen oder lagen andere Tramps, Arbeiter, die zu Fuß oder von den nahen Orten nach Santa Fe gekommen waren, um sich hier anwerben zu lassen für die geheimnisvollen Arbeiten in den Canons, von denen sie nur wußten, daß man jeden Tag Güterzüge voll Gestein in die Werke fuhr, aber nichts anderes herauskommen sah als Schlacken, schwarz, verbrannt, unter den Fingern wie Lehm zerbröckelnd.

Ein Ring schloß sich um Los Alamos.

Um Prof. Dr. Paerson und Dr. Ralf Bouth.

Ein Ring, geboren aus der Sucht, das Geheimnis des Untergangs zu ergründen.

Ein stiller, nächtlicher Kampf um das Monopol des Atoms.

Ein Streit um die Angst der Menschheit —.

In Los Alamos ging unterdessen alles seinen geregelten, seit Jahren eingespielten Gang.

Prof. Dr. Paerson war wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Der radioaktive Strahl hatte nur seinen Arm gestreift und hinterließ nichts als einen dünnen Streifen zerstörten Hautgewebes, das in einigen Wochen durch eine Hautverpflanzung ersetzt werden sollte.

Auch Mabel war noch in Los Alamos — sie wollte den Ort der Einsamkeit nicht mehr verlassen. Sie begleitete deshalb in dem weißen Kittel einer Laborantin ihren Vater oder Dr. Ralf Bouth in die Labors und die riesigen Anlagen der Atombrenner. Sie war überall, wo man sie brauchte. Sie fragte nicht mehr, warum. Sie kehrte nicht mehr ihr Inneres nach oben, um diesen Männern zuzuschreien, welch eine Angst sie über die Menschen bringen. Nein, auch sie fühlte Angst, aber nicht Angst mehr vor den Atomen, sondern Angst um die zwei

Menschen, denen ihr Herz gehörte… um ihren Vater und Dr. Bouth.