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In einer der folgenden Nächte zog Heinz Behrenz mit einem Trupp Arbeiter von Santa Fe die berühmte Straße nordwestlich in die Berge, um dann am Straßenkreuz von einer Militärstreife kontrolliert zu werden.

«James Nichols«, sagte er zu einem Offizier, der über dicken Listen saß. Blätter raschelten, im Schein der starken Lampe wirkte das Gesicht Behrenz wächsern und leblos.

«James Nichols«, wiederholte der Offizier langsam. Er kreuzte einen Namen auf der Liste an.»Kehrer und Schlepper in Block VI. Passiert.«

Der Paß bekam einen Tagesstempel. Heinz Behrenz wurde weitergeschoben. Der Nächste trat in den Lampenschein.

Aufatmend stieg er auf den Lastwagen, der am Straßenrand wartete. Beim Aufsteigen betastete er noch einmal den Paß in seiner Brusttasche. Tausend Dollar, dachte er. Auf der Welt ist alles käuflich, auch der Arbeiter James Nichols, der jetzt irgendwo auf der Fahrt nach Osten war. Nach Kanada, hatte er gesagt. Mit tausend Dollar kann man ein neues Leben anfangen.

Das Anrucken des Wagens riß ihn aus seinen Gedanken. Er fiel gegen andere Menschen, die knurrten und ihn wegstießen.

Der Wagen fuhr. Hinein in die Berge. Über eine schmale, kurvenreiche Straße. Vier Posten kontrollierten sie, viermal nannte er seinen neuen Namen James Nichols.

Beim Morgengrauen passierten sie die innere Sperrzone. Frierend und fluchend fuhr der Arbeiterwagen in die Canons ein. Die ersten Häuser tauchten auf… ein Hochplateau mit kleinen Bauten, ein Canon mit gewölbten

Betondecken, schlanke, hohe Schornsteine, die aus den Felsen emporwuchsen.

Los Alamos.

Heinz Behrenz steckte die Hände in die Taschen seines dünnen Anzuges. Seine Blicke gingen von Bau zu Bau.

Er hatte das Gehirn Amerikas erreicht.

Die erste fremde Macht griff nach dem Geheimnis Prof. Paersons.

Japan.

*

Am nächsten Morgen brachte Dr. Bouth Mabel bis an den äußeren Posten. Er hatte ihr seinen Wagen geliehen und beugte sich nun zum Fenster hinein.

«Wenn du in Santa Fe Zeit hast, so bring mir bitte eine neue Pfeife mit«, bat er sie und strich ihr noch einmal über die Hand, die das Steuerrad hielt. Sie nickte ihm zu, lächelte, spitzte die Lippen, als wolle sie ihn küssen und fuhr langsam an.

Ralf winkte ihr nach, bis sie um die Felsenecke bog. Er sah noch ihre Hand, als sie vom Steuer aus sein Winken erwiderte. Dann hörte er nur das Brummen des starken Motors, der sich schnell entfernte.

Es sollte für lange Zeit das letzte sein, was er von Mabel Paerson gesehen hatte…

In Santa Fe hatten Wassilij Gregoronow und Piotre Zanewskij seit langer Zeit wieder ruhig und angenehm geschlafen. Sie hatten sich gebadet, waren frisch rasiert und sauber gekämmt, frühstückten umfangreich und setzten sich dann in ihren schweren Cadillac. Fast außerhalb der Stadt, auf der Straße nach den Bergen, verloren sie das Gesicht der lässigen Vornehmheit und hielten das Auto an. Gregoronow nahm aus der Tasche einige Zettel und reichte sie Zanewskij herüber.

«Das ist das Neueste, Genosse Kommissar«, sagte er leise, als könne man hier belauscht werden.»Von dem russischen Konsulat wurde mir gestern abend auf der Toilette des Hotels eine genaue Angabe gemacht.«

Zanewskij, ein Mann mittleren Alters mit dem kantigen Gesicht eines europäisch-asiatischen Mischlings und der Brutalität erzogenen Fanatismus' blätterte die Papiere durch.

«Prof. Dr. Paerson hat eine Tochter, Mabel. Hellblond, mittelgroß, auffallend hübsche Erscheinung«, las er leise.»Das ist eine der dümmsten Angaben, die ich kenne. In diese Klassifizierung lassen sich einige tausend amerikanische Mädchen pressen. Weiter: verlobt mit Dr. Ralf Bouth, dem Assistenten Paersons. Dr. Bouth ist über alle Forschungen genauestens orientiert und gehört zu den wenigen, die auch in die neuen Spaltungen eingeweiht wurden. Mabel Paerson kann als Druckmittel gegen Dr. Bouth erfolgreich benutzt werden. «Zanewskij pfiff durch die Zähne.»Nicht übel«, sagte er anerkennend.»Die Leute im Konsulat haben einen Blick für den treffenden Augenblick. «Er las weiter in den Zetteln und nickte ab und zu.

Als er sie in die Jacke steckte, sah ihn Gregoronow von der Seite an.

«Ist alles klar, Genosse?«

«Ja. Fahren wir.«

«Wohin?«

Piotre Zanewskij lachte auf. Er blickte aus dem Fenster und wies nach allen Seiten.»Wohin du willst, du Esel«, schrie er vergnügt. Dann wurde er still und meinte:»Es ist am besten, wir bleiben hier auf der Straße außer Sichtweite der ersten Kontrolle. Vielleicht hilft uns der Zufall und spielt uns ein dickes Tier in die Hände.«

«Und dann?«

Zanewskij wies nach hinten in den Wagen, wo eine flache, dunkle hailederne Tasche auf den Polstern lag.

«Dann wird Wassilij Gregoronow die Tasche nehmen und ein wenig Chloroform auf einen Ballen Watte gießen. Das Weitere findet sich dann…«Er lachte wieder vor sich hin.»Es ist doch merkwürdig«, stellte er philosophisch fest,»daß überall die Methoden die gleichen sind, was, Genosse?«

Der Zufall spielte an diesem Tage eine große Rolle in dem Spiel, an dem das Leben eines ganzen Erdballs hing. Es war eine Rolle, die das Schicksal in diesen Augenblicken ungleich verteilte und die Regie ein wenig von seinem Haß gegen die Menschen legte, die es wagten, es herauszufordern.

Zanewskij und Gregoronow warteten drei Stunden am Straßenrand. Sie waren ausgestiegen, zogen ihre Overalls über und schraubten am Motor ihres Wagens herum, als habe eine Panne sie gezwungen, an dieser unmöglichen Stelle der Straße anzuhalten. Sie beschmierten ihre Gesichter mit Öl und Stauferfett, Zanewskij legte sich unter die Vorderräder, aber so, daß er die Straße vor sich im Auge behielt und jede Bewegung wahrnahm. Gregoronow arbeitete unter der geöffneten Motorhaube und schraubte stundenlang Zündkerzen aus und ein, denn der Betrieb auf der Straße nahm von Minute zu Minute zu.

Die auswärtigen Arbeiter des Atomwerks fuhren nach Schichtwechsel zurück in die umliegenden ärmlichen Lehmhütten-Dörfer.

Lastwagen nach Lastwagen ratterte vorbei. Man beachtete die beiden Männer im Overall nicht oder man warf einige Scherzworte hinüber wie:»Dreht doch den Benzinhahn auf!«oder» am linken hinteren Rad klebt 'n Kaugummi!«was die beiden Russen mit kräftigen Originalflüchen beantworteten. Dann wurde es etwas stiller, die auswärtige Schicht war heimgefahren.

Gregoronow richtete sich auf und trat an den unter den Rädern liegenden Zanewskij heran.

«Die Zündkerzen glühen schon vom Raus- und Reinschrauben«, meinte er sarkastisch.»Es scheint wenig Sinn zu haben, hier noch länger zu warten. Was Sie >dicke Tiere< nennen, die verlassen bei Einbruch der Dunkelheit ihren Fuchsbau.«

Zanewskij kroch unter den Rädern hervor. Er dehnte die etwas steif gewordenen Glieder und klopfte sich den Staub vom Overall und Hose. Sein breites Gesicht war mit Öl fast unkenntlich gemacht.

«Machen Sie den Motor wieder zu und dann ab«, brummte er mißmutig.»Vielleicht hat das Konsulat doch recht, wenn es vorschlägt, Dr. Bouth oder sonst einen nach Santa Fe zu locken unter dem Vorwand, eine neue Erfindung anzubieten. «Er wischte sich über das Gesicht, betrachtete seine schmierige Ölhand und verzog wie vor Ekel das Gesicht.»Es ist nur gefährlicher. «Er wandte sich ab und blieb plötzlich stehen.»Aber Sie haben doch schon ganz andere Sachen gedreht. Gregoronow. Sie müssen es doch können.«

«Man müßte es versuchen. «Gregoronow warf die Motorhaube zu und klappte die Verschlüsse herab. Dann wischte er sich die schmutzigen Hände an einem Lappen ab, der um die Werkzeuge gewickelt war.»Fahren wir zurück nach Santa Fe«, fragte er, bevor er die Tür öffnete,»oder wollen wir noch ein wenig bis zur Sperrzone fahren? Vielleicht kann man was sehen?«

«Wir wollen nichts sehen, wir wollen was erfahren. «Zanewskij war schlechter Laune und betrachtete sich im Rückspiegel.»Wie ein Kuli sieht man aus, ich möchte mich anständig waschen! So kann ich doch nicht ins Hotel zurückkommen!«