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Er war immer noch in der Küche von Gwen Meighens Apartment in der Stewardess Row. Gwen war nach ihrer Dusche noch nicht erschienen, und während des Wartens, hatte er, wie von ihr vorgeschlagen, Tee gemacht. Auf der Suche nach Tassen und Untertassen hatte er den Küchenschrank geöffnet.

Vor sich hatte er vier dicht mit Flaschen gefüllte Fächer. Es waren alles Portionsflaschen, die gerade jene Menge Schnaps enthielten — anderthalb Unzen —, die die Fluglinien ihren Gästen unterwegs servierten. Die meisten Flaschen trugen über den Firmennamen kleine Etiketts der Fluggesellschaft, und alle waren ungeöffnet. Nach einem schnellen Überschlag schätzte Demerest, daß es an die dreihundert waren.

Schnäpse von Fluggesellschaften hatte er schon früher in Stewardessenwohnungen gesehen, doch noch nie so viele auf einmal.

»Im Schlafzimmer haben wir noch mehr versteckt«, sagte Gwen vergnügt hinter ihm. »Wir sparen ihn für eine Party. Ich denke, das reicht, meinst du nicht?«

Sie war unhörbar in die Küche gekommen, und er drehte sich zu ihr um. Wie stets, seit Beginn ihrer Affäre, war er von ihrem An- blick wieder bezaubert. Obwohl er ein Mann war, dem es nie an Umgang mit Frauen gefehlt hatte, wunderte er sich in solchen Augenblicken immer wieder von neuem, daß er Gwen überhaupt je besessen hatte. Sie trug den vorgeschriebenen Uniformrock mit Blu- se, worin sie jünger aussah, als sie war. Ihr offenes Gesicht mit den hohen Backenknochen hielt sie ihm entgegen, und ihr volles schwarzes Haar glänzte unter der Küchenlampe. Gwens tiefdunkle Augen sahen ihn lächelnd und bewundernd an. »Du kannst mich richtig küssen«, sagte sie. »Ich habe mich noch nicht geschminkt.«

Er lächelte, denn ihr klares klangvolles Englisch entzückte ihn wieder einmal. Wie vielen Mädchen auf englischen Mittelklasse-Internaten war es auch Gwen gelungen, alles was an der englischen Aussprache gut ist, zu erwerben und das Schlechte abzulegen. Zuweilen animierte Vernon Demerest Gwen geradezu zum Reden, nur des Vergnügens wegen, ihr zuzuhören.

Jetzt hielten sie sich ohne zu sprechen umarmt, und ihre Lippen antworteten den seinen leidenschaftlich.

Etwa nach einer Minute riß Gwen sich los. »Nein!« sagte sie energisch. »Nein, Vernon, Lieber. Jetzt nicht.«

»Warum denn nicht? Wir haben doch noch Zeit.« In Demerests Stimme lag etwas Dumpfes, eine rauhe Ungeduld.

»Weil ich dir gesagt habe, daß ich mit dir reden will und wir nicht für beides Zeit haben.« Gwen zog ihre Bluse zurecht, die aus dem Rock gerutscht war.

»Herrgott«, brummte er. »Erst versetzt du mich in Glut und dann ... Na schön, ich werde bis Neapel warten.« Er küßte sie zarter. »Auf dem ganzen Weg nach Europa kannst du an mich denken, wie ich im Cockpit sitze und auf >schmoren< geschaltet bin.«

»Ich werde dich schon wieder in Hitze bringen, das verspreche ich dir.« Sie lachte und lehnte sich dicht an ihn, fuhr ihm mit ihren langen, schlanken Fingern durch das Haar und über das Gesicht.

Er stöhnte »Mein Gott — das tust du ja jetzt schon!«

»Dann ist es jetzt genug.« Gwen nahm seine Hände, die um ihre Taille lagen, und schob sie entschlossen fort.

Sie wandte sich von ihm ab, um die Schranktür zu schließen, die er geöffnet hatte.

»Halt, warte mal einen Augenblick. Was hat es mit dem ganzen Zeug da auf sich?« Demerest wies auf die Portionsflaschen mit ihren Fluglinienetiketts.

»Die da?« Gwen überflog die vier engbepackten Fächer, zog die Augenbrauen hoch und setzte den Ausdruck der beleidigten Unschuld auf. »Das sind doch nur ein paar alte Reste, die die Passagiere nicht haben wollten. Na, Herr Kapitän, Sie werden mich doch wohl nicht melden, weil ich die paar Reste mitgenommen habe.«

Er meinte skeptisch: »So viel?«

»Natürlich.« Gwen ergriff ein Fläschchen Gin, stellte es wieder zurück und untersuchte einen Canadien Club Whisky. »Es ist nett von den Fluglinien, daß sie immer die besten Marken einkaufen. Hättest du jetzt Appetit auf einen?«

Er schüttelte den Kopf. »Das weißt du doch genau.«

»Ja, das weiß ich; aber du brauchst nicht einen so mißbilligenden Ton anzuschlagen.«

»Ich will einfach nicht, daß du bei so etwas erwischt wirst.«

»Keine wird erwischt, und beinahe alle tun es. Sieh doch maclass="underline" Jeder Passagier erster Klasse hat Anspruch auf zwei dieser kleinen Flaschen, aber manche trinken nur eine, und andere wollen überhaupt keine.«

»Die Vorschriften bestimmen, daß der Überschuß abgeliefert werden muß.«

»Ach, du lieber Gott! Das tun wir ja — ein paar liefern wir ab, der Form halber, die übrigen teilen die Mädchen untereinander auf. Genauso ist es mit dem übriggebliebenen Wein.« Gwen kicherte.

»Wir freuen uns immer, wenn ein Passagier so kurz vor Ende einer Reise noch Wein verlangt. Dann können wir offiziell eine neue Flasche aufmachen und ein Glas daraus einschenken . . .«

»Verstehe. Und den Rest mitnehmen.«

»Willst du's mal sehen?« Gwen öffnete einen anderen Schrank. Darin standen ein Dutzend volle Weinflaschen.

Demerest grinste. »Verdammt noch mal.«

»Das gehört nicht alles mir. Meine Mitbewohnerin und eins der Mädchen von nebenan haben auch für die Party gespart.« Sie ergriff seinen Arm. »Du kommst doch auch, nicht wahr?«

»Wenn ich eingeladen werde, warum nicht?«

Gwen schloß die beiden Schranktüren. »Du wirst schon noch eingeladen.«

Sie setzten sich in der Küche hin, und sie goß den Tee ein, den er zubereitet hatte. Er sah ihr dabei bewundernd zu. Gwen besaß die Gabe, aus einem zufälligen Beisammensein wie diesem, etwas Besonderes zu machen.

Amüsiert sah er zu, wie sie aus einem anderen Schrank Tassen von einem hohen Stapel nahm, die alle die Insignien der Trans America trugen. Es war die Sorte, die die Gesellschaft an Bord verwendete. Er sagte sich, daß er wegen der Portionsflaschen nicht so spießig hätte sein sollen; schließlich war es doch nichts Neues, daß Stewardessen »Schmu« machten. Es war nur der Umfang des Hortes, der ihn wunderte.

Die Stewardessen aller Fluglinien, das war ihm bekannt, kamen in ihrer Laufbahn bald dahinter, daß sie ihre Unterhaltskosten verringern konnten, wenn sie in der Galley des Flugzeugs ein bißchen haushälterisch waren. Stewardessen lernten, ihre Flüge mit persönlichem Handgepäck anzutreten, das teilweise leer war, und füllten es mit überschüssigen Lebensmitteln — immer erster Qualität, da ja die Gesellschaften nur das Allerbeste einkaufen. Eine leer mitgebrachte Thermosflasche war geeignet, gesparte Getränke — Sahne oder sogar Champagner — aufzunehmen. Eine Stewardess, die wirklich tüchtig war, das wurde Demerest einmal versichert, konnte ihre wöchentliche Lebensmittelrechnung um die Hälfte senken. Lediglich bei internationalen Flügen, bei denen nach gesetzlicher Vorschrift alle Eßwaren — berührt oder nicht — sogleich nach der Landung verbrannt werden, waren die Mädchen vorsichtiger. Diese ganze Praxis war nach den Betriebsordnungen aller Linien streng verboten — ließ sich aber nicht unterbinden.

Noch etwas anderes merkten die Stewardessen: Und zwar die Tatsache, daß von der beweglichen Ausstattung der Kabinen am Ankunftsort nie eine Inventarprüfung vorgenommen wurde. Ein Grund war, daß die Gesellschaften dazu einfach keine Zeit hatten; ein weiterer, daß es billiger war, ein paar Verluste zu übersehen, als ein großes Theater deswegen zu machen. So gelang es manchen Stewardessen, in überraschenden Mengen allerlei Hausrat zu bekommen: Decken, Kissen, Handtücher, Servietten, Gläser, Eßbestecke. Vernon Demerest war in Stewardessennestern gewesen, in denen fast alle Dinge des täglichen Gebrauchs aus Beständen der Fluggesellschaften zu stammen schienen.

Gwen überrumpelte ihn in seinen Gedanken. »Was ich dir sagen wollte, Vernon: Ich bin schwanger.«

Das wurde so nebenbei gesagt, daß er es zuerst gar nicht aufnahm. Er reagierte verwirrt.

»Du bist was?«