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Porter schüttelte, warf und hatte nur eine Neun. Mit ruhiger Hand karrte er die Würfel in den Lederbecher zurück.

«Danke, Sir.«

Nicholson erhob sich und nahm Porter den Würfelbecher aus der Hand.»Wir könnten jetzt noch zwei Runden spielen. Im ganzen also drei. Möglich, daß Sie dann gewonnen haben. Würfel sind verdammte Dinger, sie lassen sich nicht beeinflussen, es sei denn, sie hätten eine winzige Magnetplatte unter der Eins. Das ist ein alter Spielertrick, bei den Mafia-Leuten sehr beliebt. Es soll da Leute geben, die werfen zweimal die Sechs und dann eine Fünf oder Vier. Sie gewinnen immer. Auch gegen Sie, Porter! Guten Tag, Obermaat!«

Porter sprang auf, nahm stramme Haltung an, antwortete aber nicht. Seine Augen hatten sich verengt, sein dickes bulliges Gesicht war von Schweiß plötzlich überzogen. Er wartete, bis Nicholson den Torpedoraum verlassen hatte, lehnte sich dann gegen einen seiner so geliebten, blankgeputzten tödlichen >Spargel< und angelte mit bebenden Händen nach einer Zigarette.

«Scheiße!«sagte er leise und mit heiserer Stimme.»O du verdammte Scheiße!«

Der nächste auf Nicholsons Liste war der Atommaschinenobermaat Duncan, ein stiller Mann Anfang Dreißig, wie die meisten Vietnamkämpfer dekoriert, und Vater von vier Kindern. Seine blonde, mollige Frau lebte in New England in einem kleinen, rosa gestrichenen Holzhaus und wartete jedesmal auf Duncans Urlaub. Seit er bei den U-Booten war, hatte er fünfmal Urlaub gehabt, und vier Kinder hatte er hinterlassen. Für die kleine Molly Duncan war das schicksalsbedingt.

Duncan, mittelgroß, blondmähnig, eher ein intellektueller Typ, saß vor einer Schalttafel und kontrollierte den Säurezufluß im Atomreaktor. Er war allein. Bernie Cornell hatte auf Befehl dafür gesorgt, daß selbst Chief McLaren in der Offiziersmesse saß und Tee trank.

Duncan zuckte hoch, als der Commander eintrat. Nicholson winkte ab, setzte sich an den eisernen Tisch, den man aus der Wand klappen konnte, zeigte auf die Schalttafel und stellte den ledernen Würfelbecher auf die Tischplatte.

«Ihre Atomgeliebte können Sie mal einen Augenblick unbeaufsichtigt lassen, Duncan«, sagte er ruhig und fast väterlich.

«Aye, aye, Sir!«

Duncan trat von seinem Schaltbrett weg und starrte mißtrauisch auf die Würfel. Auf einen Wink von Nicholson setzte er sich und klemmte die Hände flach zwischen die zusammengepreßten Schenkel.

«Ich möchte mit Ihnen Würfel spielen, Obermaat«, sagte der Commander freundlich.»Um einen Dollar! Gegen Porter habe ich schon gewonnen. Und das mit ungezinkten Würfeln, stellen Sie sich das mal vor! Ich kann mir denken, daß ein Vater von vier Kindern sich sehr aufregen kann, wenn man ihn bewußt um eine Hoffnung bescheißt! Was das mit den Kindern zu tun hat, Duncan? Nun, Familienväter haben meistens einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn! Setzen Sie auch einen Dollar?«

«Nein, Sir«, antwortete Duncan hart und blieb vor dem Tisch stehen. Er starrte auf den Lederbecher und wurde puterrot im Gesicht.

«Kein Geld? Ich leihe Ihnen den Dollar bis zur nächsten Löhnung.«

«Ich habe nie um Geld gespielt, Sir.«

«Vielleicht um Mädchen? Um Rothaarige? Und dann verloren, weil zwei Würfel Magnetseiten hatten. Mafia-Würfel! Boy, hatten wir da eine Wut, nicht wahr? Man hätte Belucci am liebsten gleich an die Wand geworfen wie eine junge Katze.«

«Sir. Ich.«

Nicholson erhob sich wieder.»Ich will keine Erklärung von Ihnen, Duncan. «Er steckte den Dollar ein und griff nach dem Lederbecher mit den Würfeln.»Wir bleiben noch zwei Monate unter Wasser! Zwei Monate! Wir untertauchen den Nordpol, das wis-sen Sie, und wir machen dort einige verflucht gefährliche Übungen. Ich gehe von jetzt ab keine Minute mehr von meinen Befehlen und meinen Plänen ab! Hier an Bord, auf meinem Boot, ja, auf meinem Boot, ist ein Kamerad ermordet worden, und zehn Mann wissen, wer es war! Ich erwarte, daß diese zehn Mann unter sich so mutig sind, die Konsequenzen zu ziehen! Zehn der besten Matrosen der Navy! Zehn Ausgezeichnete. Und dann ein kleines rothaariges Biest, das nichts zu bieten hat als ein heißes Dreieck und zwei halbwegs feste Fleischkugeln. Ist das unser Boot wert, Duncan?«

«Sir, ich.«

«Kein Kommentar! Guten Tag, Duncan!«

Auch Duncan schwieg, schwitzte vor Erregung und spürte im Unterkörper einen Drang, als müsse er sich in die Hose scheißen. Erst als der Commander aus dem Maschinenraum war, hieb er mit beiden Fäusten gegen die Wand und brüllte:»Welche Sau hat uns da verraten? Welche Drecksau war das?«

Nicholson ging die zehn der Reihe nach durch mit einer Akribie, die nur ihm zuzutrauen war. Und überall, wo er mit dem Lederbecher und den Würfeln auftauchte und seinen Spruch vom Spielchen um einen Dollar hersagte, begegnete er verstecktem Entsetzen und kaum verhüllter Angst. Beim letzten Mann, dem Maschinenmaat Dustin Hollyday, einem schon ergrauten, zweiunddreißigjährigen Krieger, der wegen seiner breiten Narbe über der Stirn Vietnam nie vergessen konnte und nachts oft furchtbar davon träumte, bekam Nicholson endlich seine Antwort.

«Ich habe schon gehört, was los ist, Sir!«sagte er, als der Commander bei ihm in der Koje erschien. Hollyday hatte Freiwache.»Ihr Hausieren mit den Würfeln!«Hollyday grinste, doch er stand stramm.»Die Nachrichtenübermittlung im Boot funktioniert besser als das beste Sonar. Es stimmt, Sir. Belucci hat uns betrogen. Mit Magnetwürfeln. Ich selbst habe ihm eine geklebt. Verzeihung, ich habe Belucci eine Ohrfeige gegeben, Sir, in berechtigter Erregung. Aber ihn morden, ein Messer in den Rücken. nein, Sir! Keiner von uns, das garantiere ich Ihnen! Die Weiber, vor allem die Rothaarige — ja, sie machen uns verrückt. Aber wir bleiben doch schließlich Kameraden, Sir — «

«Das sagen Sie, Hollyday!«Nicholson lehnte sich an die Kojenwand.»Trotzdem war jetzt ein rotgelockter Unterleib stärker als alle Kameradschaft!«

«Das ist eine Schweinerei, die ich nicht begreife, Sir! Wenn ich den Kerl herausfinde, der — «

«Er sitzt irgendwo neben uns und blickt uns treu und lieb an, Hol-lyday! Ich danke Ihnen.«

«Wofür, Sir?«

«Daß Sie der einzige waren, der mir gesagt hat, daß ihr um die Rothaarige gespielt habt und daß Belucci euch beschissen hat. Unter euch zehn ist der Mörder!«

«Das weiß ich, Sir. Und ich suche ihn!«

«Ich glaube Ihnen, Dustin. Also bleiben nur noch neun!«

«Und die kaufe ich mir. Ich kann es mit jedem von ihnen aufnehmen!«

«Soll noch ein Mord an Bord passieren, Hollyday? Wir bleiben von nun an permanent unter Wasser. Der Mörder kann nicht weg… wir haben also Zeit. Aber er weiß jetzt, daß wir ihn eingekreist haben. Unsere einzige Aufgabe in diesem Fall muß sein, einen weiteren Mord zu verhindern!«Nicholson atmete tief.»Jenseits des Nordpols, wenn wir wieder aufgetaucht sind, kommt das große Aufräumen. Und das können Sie an alle weitergeben. Ich verspreche euch ein Fegefeuer auf Erden!«

Im Kommandantenraum wartete Doc Blandy und rauchte einen Zigarillo. Dabei unterhielt er sich über das Bordtelefon mit dem Turm, wo Bernie Cornell hockte und sich langweilte. Eine Unterwasserfahrt, und dann noch in dieser Tiefe, war die allergrößte Schweinerei, die es an Bord gab. Man konnte sich nur mit den Meldungen aus dem Navigationsraum und den einzelnen Maschinenkammern beschäftigen, aber da dort alles reibungslos oder von unbestechlichen Com-putern gesteuert ablief, war auch das eher entnervend denn anregend. Blandy legte den Hörer auf, und da stand auch schon Nicholson vor ihm.