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Jetzt, an diesem schönen Tag, der so blau und harmlos aussah, daß man vergaß, wie dreckig eigentlich die Lage war, band sich Dr. Blan-dy — zunächst versuchsweise — zwei Kistendeckel unter die Fellstiefel und rutschte damit übers Eis.

«Das ist was für Skihasen!«lachte er, nachdem er ein paar Meter gelaufen war.»Übrigens, das werde ich dem Admiral sagen. Hier haben wir einen Fehler in der Ausrüstung der POSEIDON I entdeckt! Wenn man uns schon zum Nordpol schickt, hätte man uns auch Ski mitgeben müssen!«

«Wir sollten unter dem Eis durch, Doc!«sagte Cornell.»Von Landgang ist nie die Rede gewesen. «Er beugte sich zu Blandy vor und senkte die Stimme.»Glauben Sie wirklich, daß Sie noch einmal den Admiral sprechen werden?«

«Jetzt ja, Bernie. Bei diesem Wetter! Wenn es so bleibt, habe ich die größte Hoffnung, daß wir es bis VENUS XI schaffen. Ha, dieses Wetter! Ich bekomme Frühlingsgefühle.«

«Es sind genau vierunddreißig Grad Frost, Doc!«

«Und in mir sind hundert Grad Lebenslust. Da bleiben immer noch Sechsundsechzig Plus übrig, genug, um zu platzen!«Er band die Kistendeckel fester um seine Stiefel und stand wieder auf.»Bernie, opfern Sie noch sechs Deckel. Ich möchte mit drei Mann herumlatschen und mir die Gegend ansehen. Vielleicht entdecken wir etwas.«

«Was denn?«

«Einen Wegweiser nach New York.«

«Die Entfernung stimmt nicht, Doc!«lachte Cornell.»Aber Sie sollen Ihre sechs Kistendeckel haben.«

Eine halbe Stunde später glitten Dr. Blandy, Slingman, Yenkins und der Maat Puckray auf ihren Kistendeckeln über das Eis. Sie wandten sich nach Norden, in die Richtung, wo die Radarstation VENUS XI liegen sollte. Yenkins hatte das kleine Funkgerät mitgenommen, nicht um selbst zu senden, sondern um zu versuchen, Zeichen von

VENUS XI aufzufangen.»Auch das wäre ein Wunder!«sagte Dr. Blandy.»Wenn das so weitergeht, werden wir den Papst mit Arbeit tüchtig eindecken!«

Sie winkten den andern zu und schlurften davon.

Hendricks stand hinter der Eismauer und beobachtete durch das Fernglas das sowjetische U-Boot. Auch dieses genoß den schönen Tag. Auf der Turmplattform standen eine Menge vermummter Männer, einige Deckschotten waren aufgeklappt. Russische Matrosen rannten auf Deck hin und her. Ein Raketenwerfer hinter dem Turm war ausgefahren und versank jetzt wieder, um gleich wieder hochzukommen.»Trockenschießübung. Sie wollen nicht einrosten.«

«Das ist ein sorgloser Verein«, sagte Hendricks zu Cornell.»Wenn die wüßten, was unter ihnen liegt.«

«Mir ist ein Rätsel, daß sie unser Boot nicht auf dem Radar sehen«, sagte Cornell sinnend.

«Vielleicht sehen sie es und bleiben deshalb so ruhig liegen. Sie warten ab, was der Commander macht. «Hendricks setzte das Glas ab. Sein Gesicht war mit Eis überkrustet. Gefrorener Atem.»Sobald er sich bewegt, greifen sie ein. Bleibt er auf Grund, lachen sich die Russen da oben ins Fell und hungern ihn aus. Sie haben Zeit, viel Zeit.«

«Ich möchte jetzt nicht an Nicholsons Stelle sein. «Cornell tappte zurück zum Zelt. Hendricks folgte ihm. Für ihn war es beruhigend, daß die Russen anscheinend nicht daran dachten, an Land zu gehen. Wozu auch?

«Wie will der Commander aus dieser Falle heraus?«

Dr. Blandy und seine drei Begleiter schlurften unterdessen nach Norden über das Eis. Sie trugen Brillen mit gefärbten Gläsern, denn die Blendung war sehr stark, und ohne diese Brillen war es möglich, zu erblinden. Sie tappten auf ihren Kistendeckeln etwa zwei Stunden über das Festlandeis, dann senkte sich das Land zur Küste hin, führte in einem sanften Gefälle zum Meer, das hier teilweise zugefroren war. Breite und dicke Eisschollen schaukelten auf dem Wasser. Dr. Blandy zeigte hinunter. Bizarre Eistürme, wie Stalagmiten in einer Tropfsteinhöhle, bildeten den Rand der Küste, bald blauweiß schimmernd in der Sonne, bald funkelnd wie Bergkristall.

«Wunderschön«, sagte Blandy. Slingman, bis zu den Augen vermummt, schüttelte den Kopf.

«In Alabama fühle ich mich wohler, Doc!«rief er durch seine Vermummung.»Ich mag die Kälte gar nicht.«

Yenkins rumpelte zu Blandy und packte ihn am linken Ärmel.»Doc, hören Sie das auch?«

«Was?«

«Hundegebell!«

«Sie spinnen, Yenkins!«Blandy lauschte angestrengt. Aber was er hörte, war nur ein Rauschen in seinem Kopf. Der Blutdruck, dachte er. Das verdammte Saufen und Rauchen! Und man kommt langsam in die Jahre. Verflucht nein, nicht langsam, sehr schnell geht das mit dem Klapprigwerden! Früher bin ich auf Skiern stundenlang herumgepirscht, und jetzt merke ich zwei läppische Stunden von den Haarspitzen bis zum Zehennagel!» Ich höre nichts! Bill, ihr Schwarzen habt doch ein Ohr, das den Furz einer Ameise hört. Hörst du was?«

Slingman schob seine Fellkappe hoch und legte seine Ohren frei.

«Jetzt fährt er seine Teleskope aus!«rief Yenkins lachend.

Und Puckray sagte:»Es geht um Hundebellen, Bill. Nicht um den Gesang der Marsmenschen.«

«Arschlöcher!«Slingman lauschte, und plötzlich verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen.»Hunde. Tatsächlich Hunde. Viele Hunde. Yenkins hat recht. Da sind Hunde in der Nähe!«

«Und wo Hunde sind, sind auch Menschen!«schrie Puckray.»Doc, wir sind gerettet. Gerettet!«

«Ich höre gar nichts. «Blandys dröhnende Stimme verhallte in der weißen Einsamkeit. Er atmete ein paarmal tief durch, um das Rauschen seines Blutes im Kopf zu dämpfen. Von jetzt ab wird weniger gesoffen und geraucht, dachte er. Dafür wird häufiger mit roten Haaren gespielt… einen Ausgleich muß der Mensch ja haben. Aber jetzt kam der Laut auch zu ihm. ganz fern und fremd in dieser Stille.»Haltet die Fresse, Jungs!«sagte Blandy.»Jetzt hör auch ich was.«

«Hunde!«riefYenkins.»Das sind wirklich Hunde, Doc. «Er machte fast einen Luftsprung und hielt sich dabei an dem riesigen Sling-man fest.»Da… sehen Sie doch. An der Küste!«

Blandy starrte hinunter auf das bizarre Eisgebirge. Ganz klein, wie ein Spielzeug, glitten drei Schlitten mit einer langen Kette von Hunden davor über das Eis. Gleichzeitig sahen sie, wie drei Eisbären mit weiten Sätzen flüchteten und versuchten, das Meer zu erreichen. Sechs Hunde sprangen um sie herum. Sie kläfften, wichen den Prankenhieben aus, wenn die Bären stehenblieben und sich zur Verteidigung nach allen Seiten drehten. Sie schnellten vor und versuchten, die Bären zu beißen, und sie heulten auf, wenn die gehetzten Tiere sich wieder in Bewegung setzten.

Die drei Schlitten mit den Zughunden folgten ihnen. In jedem Schlitten hockten zwei Kugeln aus Pelzen.

«Eskimos!«schrie Yenkins.»Mein Gott, haben wir ein Glück! Jetzt haben wir Schlitten und Hunde und können VENUS XI erreichen!«

«Grönland ist ein Wunderland, Doc!«sagte Slingman. Er weinte fast.»Sehr schön. Ich habe schon immer Hunde gemocht.«

«In der Pfanne, ich weiß!«Blandy zeigte nach unten.»Los, Jungs, jetzt zeigt mal, ob man auf Kistenbrettern einen Abfahrtslauf machen kann. Hinunter! Yippiieh!«

Er stieß sich als erster ab, gab sich einen gehörigen Schwung und glitt das sanfte Gefälle hinunter. Es ging besser als erwartet. Es rappelte zwar gewaltig durch den ganzen Körper, die Beine begannen zu zittern, so hart waren die Stöße, die kein Muskel mehr auffangen konnte, aber sie kamen gut voran. Die Eskimos verloren sie jetzt aus dem Blick, und das Knirschen der Kistenbretter übertönte sogar das Hundegebell. Sie erreichten die ersten Eisfelsen, jene wundervoll geformten Säulen, an denen der Wind gearbeitet hatte wie ein einfallsreicher Bildhauer.

Blandy rutschte voraus, ihm folgten Yenkins und Slingman. Den Schluß bildete Puckray. Er mußte vorsichtiger sein, denn er trug das wertvolle Funkgerät auf dem Rücken. Ein richtiger Sturz, und man konnte den Apparat ins Meer werfen.

«Wir kommen genau vor den Eisbären raus!«brüllte Slingman.

«Sie sind weiß!«schrie Yenkins zurück.»Wenn sie einen Schwarzen sehen, fallen sie vor Schreck tot um!«