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Bei der Steigung mußten sie alle vom Schlitten und schieben. Aber oben, auf dem Flachland, setzten sie die jagende Fahrt fort. Die Hunde hechelten, jaulten und bellten und legten sich in die Seile, immer wieder angefeuert von den hellen Schreien der Eskimos.

Yenkins und Puckray standen nebeneinander im zweiten Schlitten und klammerten sich an den mit Hundefell überzogenen Haltestangen fest. Ein Eskimo kniete vor ihnen, um ihnen Platz zu machen.

«Das wird die Russen munter machen, wenn wir so mit Trara ankommen!«schrie Puckray hinüber zu Yenkins.

Yenkins winkte ab.»Das ist mir jetzt scheißegal! Der Doc muß versorgt werden. Er hat ja im Lager alles bei sich.«

«Und wer kann damit umgehen? Kannst du Spritzen geben?«

«Wenn's sein muß, kann der Mensch alles!«

Sie zogen die Schals fest ins Gesicht, beugten sich über die Haltestange und verkrochen sich in ihre Pelze. Der eisige Zugwind war wie ein Messer, das in die Haut schnitt.

Nach einer Stunde erreichten sie das Lager. Man hatte sie kommen sehen. Alle standen vor den Zelten, auch die Mädchen. Leutnant Hendricks kam von seinem Beobachtungsstand herüber.

«Die Russen hören und sehen natürlich diesen Krach«, sagte er ruhig.»Aber sie werden annehmen, daß es sich nur um Eskimos handelt. Das ist für uns eine fabelhafte Tarnung. Drei Hundeschlitten. Bernie, haben wir ein Glück! Jetzt erreichen wir auch VENUS XI!«

Cornell hob die Schultern. Er ging hinüber zu den Mädchen, die verrückt spielten, sich umarmten, lachten, sich küßten und herumsprangen wie beim Karneval in Rio.»Gerettet!«schrie ihm Lili entgegen.»Wir sind gerettet! Hundeschlitten! Uns kann gar nichts mehr passieren.«

«Das ist kein Grund, sich gleich mit den Eskimos ins Bett zu legen!«sagte Cornell trocken. Er gab Joan einen Kuß und wollte gerade hinzufügen:»Nun haltet endlich den Mund, Girls!«Doch da kam Hendricks gelaufen.

«Ich sehe im Glas Yenkins, Puckray und Slingman!«rief er.»Aber der Doc fehlt.«

Cornell ließ Joan los. Die Mädchen schwiegen betroffen. Das kleine rote Biest Evelyn riß Hendricks das Fernglas aus der Hand und suchte die Schlitten ab.

«Es sind nur drei«, stammelte sie.»Wo haben sie mein Bärchen gelassen? Wo ist Pauli? Wo ist er geblieben?«

«Nun drehen Sie nur nicht durch, Evelyn!«sagte Cornell energisch.»Wir werden das gleich erfahren! Vielleicht ist er im Lager der Eskimos geblieben, um alles Weitere vorzubereiten.«

Die Hundeschlitten waren jetzt deutlich sichtbar. Sie jagten in einem Höllentempo übers Eis. Das Gekläff der Hunde flog ihnen voraus, es war der einzige Laut in dieser eisigen, klaren Stille. Geduckt liefen die Männer der POSEIDON I den Schlitten entgegen und gaben Zeichen. Im Bogen fahren! Nicht von der Küste herankommen, sondern von der Landseite! Tami Tamaroo, der auf Beobachtungsposten stand, rutschte im Schutz der Eismauer heran und machte Cornell Meldung.

«Die Russen haben es gehört, Sir! Ihr Turm ist besetzt, und sie suchen mit den Ferngläsern das Land ab.«

«Dann sollte man gleich einen Hundeschlitten demonstrativ am Rande des Felsens entlangfahren lassen«, sagte Cornell.»Das wird die Russen beruhigen.«

«Auf dem dritten Schlitten liegt etwas Großes!«schrie Evelyn. Sie schaute noch immer durchs Glas.»Und Slingman steht drauf. Pauli ist etwas passiert! Sie bringen ihn! Mein Bärchen! Dort im Schlitten liegt Pauli.«

Sie rannte den Schlitten entgegen. Ihre Pelzmütze fiel auf das Eis, ihr rotes Haar wehte frei wie eine zerzauste Fahne um ihren Kopf.

«Aufhalten!«brüllte Cornell.»Haltet das Mädchen fest! Daß die Eskimos eine rote Flagge zur Begrüßung schwenken, glauben selbst die Russen nicht! Aufhalten!«

Ein kleiner Sergeant stellte Evelyn ein Bein. Sie stolperte darüber, stürzte hin und schlug wild um sich, als zwei Mann sie festhielten. Dann waren die Schlitten da. Sie hielten. Die Hunde heulten wie toll, wälzten sich auf der Erde und standen dann zitternd in den Seilen. Aus ihren Fellen stiegen dichte Dampfwolken. Cornell, Hendricks und fünf Mann waren die ersten, die die Schlitten erreichten. Ihnen rannte Yenkins entgegen.

«Der Doc ist schwer verletzt!«schrie er.»Ein Eisbär! Er muß sofort behandelt werden! Los! Schnell!«

Sie hoben Blandy vom Schlitten und brachten ihn in das große Zelt. Er wurde vorsichtig auf eine Luftmatratze gelegt, und Cornell begann, ihn auszuwickeln. Blandy schwebte in einem Zustand von Wachsein und Dahindämmern. Was um ihn herum geschah, nahm er nur undeutlich wahr… kehrte das volle Bewußtsein zurück, war auch das wahnsinnige Brennen in Brust und Rücken wieder da, und er knirschte mit den Zähnen.

Während Cornell und Slingman den Verletzten aus dem Mantel schälten, brachten drei Männer draußen die tobende und schreiende Evelyn ins Frauenzelt. Sie war mit Worten nicht zu beruhigen, und es war auch unmöglich, daß zwei oder drei Mann sie ständig festhalten konnten.

«Sorry, Miß!«sagte ein stämmiger Gefreiter höflich. Dann zielte er vorsichtig, aber doch stark genug mit der Faust auf Evelyns Kinn und schläferte sie mit einem klassischen K.o. ein. Lili, die neben ihr hockte, starrte den Gefreiten giftig an.

«Sie Untier!«sagte sie.»Sie Mistkerl!«

«Wissen Sie was Besseres, Miß?«fragte der Gefreite.»Wenn sie aufwacht und nicht friedlich ist, sollten Sie einen kleinen Nachschlag versuchen.«

Im großen Zelt hatten sie Dr. Blandy mittlerweile ausgezogen. Nackt lag er da, ein Berg aus Muskeln und Knochen, aber trotz aller Stärke zur Strecke gebracht durch eine einzige Bärenumarmung. Die Wunden sahen furchtbar aus. Die Brust war aufgerissen, und aus dem Rük-ken hatte der Eisbär mit einem Hieb ein großes Stück Fleisch herausgehackt. Was Blandy befürchtet hatte, war Tatsache: Mit den Prankenhieben waren eine Menge Fellhaare und Stoffetzen in die Wunden geraten. Aus der Rückenwunde ragte ein ganzes Fellbüschel heraus.

«O Scheiße!«sagte Cornell immer wieder. Er kniete neben Blandy, den man auf die Seite gelegt hatte, um an beide Wunden heranzukommen.»Den Koffer vom Doc her! Schnell! Und heißes Wasser! Zuerst muß der ganze Mist aus den Wunden raus!«

«Kannst du das denn?«fragte Hendricks.»Das sitzt tief drin. Da bleibt immer etwas zurück. Da muß ein Arzt ran — «

«Kannst du einen zaubern?«Zwei Männer rannten aus dem Zelt, um das heiße Wasser zu besorgen. Dafür kamen die Eskimos herein, grinsten freundlich die Offiziere an und beugten sich über Blan-dy. Sie betrachteten die Wunden genau, sprachen dann miteinander und gingen wieder hinaus. Slingman brachte Blandys Sanitätskoffer und klappte ihn auf. In ihm war alles enthalten, was man brauchte: Medikamente, Instrumente, Verbandszeug und sogar ein Beatmungsgerät. Nur müßte man damit umgehen können… für einen Laien war das ein Labyrinth aus Tuben und Schachteln, verchromten Kästen und Spritzen.

Cornell wühlte in dem großen Instrumentenkasten und holte eine lange Pinzette heraus.»Das zuerst!«sagte er unsicher.»Und Mull, Hendricks! Da, die Schere auch!«Er beugte sich über Blandys dicken Kopf. Das Gesicht war gerötet und fühlte sich heiß an. Begann bereits das Wundfieber? Cornells Gaumen wurde knochentrocken.»Doc«, sagte er,»können Sie mich hören? Doc, reißen Sie sich zusammen. Wir brauchen Ihre Angaben, was wir mit Ihnen machen sollen.«

Blandys Augen bewegten sich. Er hörte und verstand, was Cornell sagte, aber es war ihm unmöglich, zu antworten. Ein paarmal setzte er an, aber der verrückte Schmerz zerriß die Worte, bevor sie von seinen Lippen kamen.

Cornell wartete nicht länger. Mit der Pinzette ergriff er die Haarbüschel und riß sie aus der schrecklichen Rückenwunde. Sie begann wieder zu bluten. Hendricks hielt Zellstoff darunter und fing das Blut damit auf.»Da im Kasten liegt blutstillende Watte«, sagte er heiser.»Es steht drauf. Claudenwatte.«

«Für kleine Wunden! Wie willst du dieses Loch damit zustopfen?«

Cornell zupfte immer noch Fellhaare aus der Wunde. Blandy ächzte und zuckte mit den Beinen. Sein ganzer Körper bäumte sich gegen die Schmerzen auf.