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»Keine Entschuldigung, was?« fragte Tsuya gereizt. »Natürlich nicht. Nun, Sie bleiben alle drei hier und arbeiten an den Vorhersagen. Ich werde eine Ermittlung in die Wege leiten. Es geht natürlich nicht an, daß Eigentum der Flotte gestohlen wird.«

Besonders dann nicht, fügte ich für mich hinzu, wenn es sich um ein so geheimes Projekt wie die Vorhersage von Beben handelte. Er ging also, um das Personal der Station zu befragen.

Als er zurückkam, war sein Gesicht der reinste Gewitterhimmel. »Ich will wissen, was mit diesem Instrument geschehen ist«, sagte er. »Vor zwei Wochen war es da, weil ich es selbst in die Kiste legte.« Er schaute einen nach dem anderen an. »Wenn jemand von Ihnen weiß, wer es weggenommen hat, dann soll er reden! Haben Sie jemanden gesehen, der etwas aus der Station wegtrug?«

Ich schüttelte den Kopf, doch da fiel mir Bob ein und der kleine Hausmeister. Hatte Bob ihm etwas gegeben? Ausgesehen hatte es so. Aber sicher wußte ich es nicht. Also schwieg ich.

»Na, schön«, brummte Lieutenant Tsuya. »Ich muß es also dem Kommandanten berichten. Und nun möchte ich diese Vorhersagen sehen.«

Schweigend zeigten wir ihm unsere Karten und synoptischen Diagramme und die ausführlichen Vorhersagen, die wir nach unseren eigenen Instrumentenablesungen gemacht hatten.

Lieutenant Tsuya sah sie sehr genau an und runzelte die Brauen. Er hatte natürlich seine eigene Vorhersage im normalen Stationsprogramm erstellt, und die verglich er nun mit den unseren. Die seine war die amtliche Vorhersage dessen, was man in Krakatau Dome an Erdbewegungen, größeren und kleineren, in den nächsten vierundzwanzig Stunden zu erwarten hatte.

Es war deutlich zu erkennen, daß ihm etwas nicht gefiel.

Er schaute uns über seinen dunkelgerahmten Gläsern an.

»Genaue Vorhersagen«, erinnerte er uns, »hängen von genauen Beobachtungen ab.«

Harley Danthorpes Arbeit und die meine gab er zurück mit der Bemerkung »zufriedenstellend.«

Dann wandte er sich an Bob. »Eskow, Ihren Angaben kann ich nicht folgen. Sie haben für heute 21 Uhr ein Beben der Stärke zwei vorhergesagt. Ist das richtig?«

»Ja, Sir«, erwiderte Bob mit steinerner Miene.

»Hm. Ich verstehe. In der offiziellen Vorhersage der Station gibt es keine solche Angabe, Eskow. Enthalten ist sie auch nicht in der Arbeit von Eden oder Danthorpe. Wie erklären Sie sich das?«

»So habe ich die Instrumente abgelesen, Sir«, antwortete Eskow. »Fokus zwanzig Meilen Nord-Nordwest von Krakatau Dome. Der thermale Fluß .«

»Verstehe«, schnappte Lieutenant Tsuya. »Ihr Wert für den thermalen Fluß liegt nahezu fünfzig Prozent niedriger als jener der beiden anderen Berechnungen. Die Spannungen werden also nicht abgebaut. So ist es doch, oder?«

»Jawohl, Sir.«

»Aber ich bin mit Ihren Ablesungen nicht einverstanden«, fuhr der Lieutenant nachdenklich fort. »Ich fürchte, deshalb kann ich Ihnen keine gute Note für diese Vorhersage geben. Tut mir leid, Eskow. Ich muß Ihren Paß streichen.«

»Aber Sir ...«, begann Bob. »Ich meine, Sir, ich habe fest mit einem Paß gerechnet.«

»Geht nicht, Eskow«, erwiderte der Lieutenant kalt. »Ein Paß ist eine Belohnung für die zufriedenstellende Erfüllung von Pflichten. Diese Vorhersage ist nicht zufriedenstellend. Wegtreten!«

Im Quartier duschten Danthorpe und ich und schlüpften in unsere scharlachrote Uniform, damit wir bei Yeoman Harris unseren Paß abholen konnten.

Bob war verschwunden, während wir duschten. Mir war das angenehm, denn ich ließ ihn äußerst ungern allein zurück. Hartley Danthorpe ließ sich natürlich von nichts stören. Er blubberte vor Plänen und Hoffnungen. »Komm, Eden«, drängte er. »Komm doch mit. Zum Dinner bei meinem Vater. Er wird dir zeigen, was man in der Tiefsee alles kochen kann! Er hat einen Küchenchef - prima! Komm doch, Eden!«

Yeoman Harris sah ihn säuerlich an, doch ehe er etwas sagen konnte, klingelte das Telefon. »Jawohl, Sir«, keuchte er mit seiner Asthmastimme. »Sofort, Sir.« Er legte auf. »Ihr zwei, wißt ihr, wo Kadett Eskow ist?« fragte er.

»Ich nehme an, in der Unterkunft«, sagte Harley. »Harris, geben Sie uns doch endlich unsere Pässe.«

»Moment noch. Das war Lieutenant Tsuya. Er will, daß Eskow sich um 20 Uhr bei Station K für eine Spezialaufgabe meldet. Und er ist nicht in der Unterkunft.«

Harley und ich schauten einander an. Wo konnte er nur sein? Doch nirgends sonst als in der Unterkunft.

»Was wohl die Spezialaufgabe ist?« fragte Harley.

Ich nickte. Wir beide konnten es uns leicht vorstellen. 20 Uhr, also eine Stunde vor dem von Bob vorausgesagten Beben. Der Lieutenant wollte offensichtlich, daß Bob um diese Zeit im Dienst war, um ihm zu beweisen, daß seine Vorhersage nicht stimmte, und zwar auf eine Art, die Bob nicht anzweifeln konnte. Und Bob war nicht da.

»Sein Paß fehlt«, sagte Yeoman Harris und zeigte uns die leere Schublade, wo er gelegen hatte, seit Lieutenant Tsuya ihn zurückzog. »Ich wollte ihn zerreißen. Jetzt ist er nicht mehr da.«

Ich fand das unverständlich. Bob benahm sich in allerletzter Zeit seltsam; diese Sache mit dem kleinen Chinesenhausmeister, danach das Verschwinden des Mikroseismometers. Aber Bob war mein Freund. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Bob aus irgendeinem Grund seinen Dienst schwänzte oder sonst so eklatant gegen alle Vorschriften verstieß.

»Dann sucht ihn aber mal besser«, riet uns Yeoman Harris. »Lieutenant Tsuya ist ein guter Offizier, solange ihr spurt.«

Wir nahmen unsere Pässe und eilten wortlos in unser Quartier zurück. Bob war nicht da. Und seine Ausgehuniform auch nicht.

»Was sagst du nun dazu, er ist ausgerückt!« rief Harley Danthorpe.

»Du kannst dich wieder abregen. Bob ist ein guter Kadett«, sagte ich ihm. »Er tut so etwas nicht.«

»Wo ist er denn dann?«

Darauf wußte ich allerdings keine Antwort.

7. Leben am Rand

Harley sagte in seiner Besserwisserart: »Du hast eben nicht den heißen Draht nach innen. Bob ist jetzt sicher oben in der Kuppel und macht sich eine gute Zeit. Verlaß dich drauf.«

»Nein, das glaube ich nicht«, widersprach ich ihm, aber insgeheim fürchtete ich, Harley könne doch recht haben.

Die Posten prüften unsere Pässe, und wir nahmen den Elevator zur Kuppel. Da kamen wir durch den Lärm der Pumpenräume und der Luftanlage, an den Anlegestellen der schlanken Fracht-Tiefsee-Boote vorbei, die sich zum Entladen in eine Edenit-beschichtete Druckkammer schieben mußten.

»Suchen wir nach ihm«, sagte ich plötzlich.

»Ha, du glaubst also selbst ...«

Er sah mein Gesicht, hob die Schultern und setzte eine andere Miene auf. »Ich sag dir was«, begann er ein wenig zögernd, »mir macht es ja nichts aus, aber in drei Stunden bin ich bei meinen Leuten zum Dinner verabredet. Kommst du mit?«

»Hilf mir erst Bob suchen«, sagte ich.

»Meinetwegen. Warum nicht? Aber laß dir sagen, das Essen bei meinem Vater lasse ich nicht aus. Wenn wir ihn bis 19 Uhr nicht finden .«

Auf einem Rollsteg näherten wir uns der Kuppelmitte.

»Die meisten Männer suchen sich für ihre Freizeit den oberen südöstlichen Oktanten aus«, erklärte mir Harley mit Kennermiene. »Wir nennen ihn den Weißen Weg, und dort sind die Läden, Theater und Restaurants. Ihr Landratten müßt natürlich auf den Rollwegen sehr vorsichtig sein. Paß auf, wie ich mich einstemme.«

»Ich bin eigentlich keine richtige Landratte«, berichtigte ich ihn.

»Hm. Ansichtssache«, meinte er. »Sicher, du hast ein paar Wochen in einer Kuppel verbracht, aber ich war mein ganzes Leben lang hier. Ich weiß nicht, was du sonst bist, aber was du für mich bist, das weiß ich.« Er grinste breit. »Komm, ich geb dir einen ordentlichen Einblick, während wir gehen.«