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Ich sah erst ihn, dann Bob an. Aber Bob war offensichtlich ebenso ratlos, weil er nicht wußte, was Harley meinte.

»Na, komm schon! Bob, warum sagst du mir nicht, über welchen heißen Draht du das vom Beben gestern erfahren hast?«

Bob zuckte die Schultern. »Ich hab’ die Vorhersage gemacht, das ist alles.«

»Ah, klar! Aber du hast sie genau auf die Nase getroffen, und Lieutenant Tsuya und wir zwei haben absolut falsch gelegen.« Danthorpe zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

»Ich hab’ gar keinen heißen Draht gehabt«, erklärte Bob nachdrücklich. »Ich hab’ nur die Instrumente abgelesen und die Grundsätze der Seismologie angewandt. Sicher wußte ich doch nicht, daß es zu einem Beben kommen würde.«

»Aber es hat eines gegeben. Eskow, du bist ein richtiger Hai!« Er blinzelte auch mich an. »Und Eden ist auch einer. Weißt du das?« Er setzte sich auf Bobs Lager und flüsterte vertraulich. »Ich hab’ natürlich mit meinem Dad über das Beben gesprochen. Ich konnte ihm selbstverständlich nicht sagen, was wir hier tun, aber wir kamen dann rein zufällig auf das Thema der Bebenvorhersage. Und Dad sagt, in einem genauen Vorhersagesystem stecken Millionen!«

»Natürlich«, erwiderte Bob ernsthaft. »Aber das Geld ist doch am unwichtigsten dabei, Harley. Denk doch an die vielen Leben! Ein zuverlässiges System der Vorhersage sollte Tragödien vermeiden können wie jene im Nansei Shoto Dome.«

»Klar, natürlich. Aber ich rede vom Geld. Weißt du, ein ganz geschickter Bursche braucht nicht auf ein großes Beben zu warten. Er kann ein Vermögen auch an einem kleinen verdienen, an so einem wie gestern ... Und mein Dad sagt« - er schaute mich dabei seltsam an - »ein Händler hat es auch getan.«

Nach einer verblüfften Pause fragte Bob: »Wovon redest du eigentlich?«

Danthorpe grinste. »Frag doch ihn«, antwortete er und deutete auf mich. »Frag ihn mal nach seinem Onkel.«

Ich wußte gar nichts. »Meinen Onkel, Stewart Eden? Den meinst du doch? Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Willst du damit etwa sagen, Onkel Stewart sei hier in Krakatau Dome?«

Danthorpe hob die Schultern. »Ich weiß nicht, ob er da ist oder nicht. Aber ich weiß, was mein Vater sagt. Gestern war der Makler deines Onkels jedenfalls sehr aktiv an der Börse. Verschiedene Papiere gingen weg wie warme Semmeln. Er wußte, daß es heute eine Marktpause geben würde. Und ich vermute, er wußte auch, daß es ein Beben geben würde, das die Marktpause veranlaßt.«

Er schaute mich wieder mit diesem merkwürdig respektvollen Ausdruck an. »Für deinen Onkel«, sagte er nachdrücklich, »war es nämlich ein Millionen-Dollar-Beben!«

Mir verschlug es den Atem. Ich wußte, daß mein Onkel Stewart überall Geldanlagen in Unternehmen der Tiefsee hatte. Ich wußte, daß er manchmal recht wohlhabend, dann wieder einmal ziemlich bankrott war. Lange ehe er Edenit erfand, hatte er mit der See ein gefährliches Spiel getrieben und dabei sein Gehirn und sein Geld und oft genug auch das Leben eingesetzt. Manchmal hatte er gewonnen. Nun, alle TiefseeStädte waren dafür Beweis! Aber oft hatte ihn die unschlagbare See doch besiegt.

Aber dies - Geld aus einem Unglück ziehen! Nein, das konnte ich niemals glauben. Diese Andeutung lenkte mich aber von Bob Eskow ab. »Komm doch, Jim«, drängte Danthorpe, »wo ist er? Ist er jetzt in Krakatau Dome?«

»Als ich zuletzt von ihm hörte, war er in Marinia, ich glaube, in Thetis Dome. Ich habe keine Ahnung, wo er jetzt ist.«

»Na, klar.« Aber Harley Danthorpe schien enttäuscht zu sein. »Mein Dad hätte ihn furchtbar gerne kennengelernt.«

Bob lächelte angestrengt. »Darauf möchte ich wetten«, sagte er mit rauher Stimme. »Und ich wette, er selbst ist durchaus fähig, aus einem Beben ein paar Millionen ‘rauszuholen.«

Das war keine sehr hübsche Bemerkung, doch Danthorpe nickte. »Selbstverständlich. Beide sind doch am heißen Draht. Sie müßten doch auch zusammenarbeiten können.«

Ich zweifelte sehr heftig daran, daß mein Onkel Stewart mit dem alten Hai Ben Danthorpe zusammenarbeiten würde, sagte es aber nicht. Außerdem betrat da Yeoman Harris unser Quartier.

»Eden?« fragte er und schaute sich um. »Ah, da sind Sie ja. Sie sollten sich sofort bei Lieutenant Tsuya auf Station K melden. Punkt acht Uhr.«

Soweit war es schon fast. »Bin schon dort«, versprach ich.

Trotzdem zögerte ich noch, denn ich wußte nicht, was er von mir wollte. »Sie haben keine Ahnung?«

»Ich und eine Ahnung?« schnappte er. »Ihr Kadetten steckt schon tiefer in der Klemme als ihr ahnt ... Und Sie, Eskow? Ich würde ja eine Menge dafür geben, wenn ich wüßte, wo Sie gestern abend waren, als Ihr Paß fehlte.«

»Ich dachte, den hätten Sie gefunden«, erwiderte Bob mit unschuldiger Miene.

»Hab’ ich, hab’ ich! Aber wo war er, als ich ihn nicht finden konnte? Sie könnten ihn nicht zum Beispiel heimlich weggenommen, benützt und wieder zurückgelegt haben?«

Bob schaute nur höflich drein, doch für mich reichte das. Ich hatte aber keine Zeit, darüber nachzudenken, denn Yeoman Harris setzte schon zum Akademie-Motto an: »Die Gezeiten warten nicht, Eden!« bellte er, und ich war weg wie der Blitz.

Geistesabwesend schaute Lieutenant Tsuya auf, als ich in die Station kam. Er murmelte etwas und besah sich seine Karte. Er war rund um die Uhr im Dienst gewesen. Wann er schlief, ahnte ich nicht. Sein rundes Gesicht war schlaff vor Müdigkeit, aber seine Augen waren, wie immer, hellwach.

Er arbeitete an einer sehr stark unterteilten Karte, auf der besonders die Erd- und Felslagen unter der Kuppel genauestens eingezeichnet waren, auch die große Java-Falte. Dort zeichnete er sorgfältig mit roter Tinte eine Fehlerlinie ein, dann schaute er auf.

»Eden«, sagte er, »ich hörte, Sie wurden gestern bei dem Beben verletzt.«

Ihm entging offensichtlich gar nichts. »War nicht schlimm, Sir. Nur ein Kratzer.«

»Ja.« Er nickte und lehnte sich zurück. »Krakatau Dome hat Glück gehabt. Wäre es ein großes Beben gewesen wie im Nansei Shoto ...« Er schüttelte den Kopf und schloß für einen Moment die Augen. »Sie, Eden, haben es nicht vorhergesagt.« Er knetete überanstrengte Muskeln an seinem Nacken. »Das ist keine Schande. Ich hab’s auch nicht vorhergesagt. Nur Bob Eskow tat es.«

»Jawohl, Sir.« »Wie gut kennen Sie eigentlich den Kadetten Eskow?«

»Warum . Nun ja . « Die Frage kam recht überraschend, und ich war perplex. »Wir sind gute Freunde, seit wir gemeinsam als elende Landratten zur Akademie kamen, Sir.«

»Hm. Ich verstehe. Und wie, glauben Sie, war er in der Lage, dieses gestrige Beben vorherzusagen?«

Die Frage war gut, nur hatte ich keine ebenso gute Antwort. Ich hätte freilich wissen müssen, daß er gerade diese Frage stellen würde, denn dem Lieutenant entging nichts.

Ich sagte: »Sir, ich habe keine Erklärung dafür.«

Der Lieutenant nickte. »Sie hätten aber gerne eine, Kadett Eden, nicht wahr?«

»Ich weiß nicht, wie Sie das meinen, Sir.«

Lieutenant Tsuya wurde nachdenklich. »Ich habe ihn ausgefragt und bekam von ihm zur Antwort, seine Vorhersage gründe sich auf die Beobachtungen, die wir alle gemeinsam gemacht hätten. Es ist richtig, daß seine Beobachtungen seine Vorhersage stützen, wenn man sie von einem bestimmten Standpunkt aus sieht. Das ist eine Sache der Möglichkeiten, der Wahrscheinlichkeiten. Ich war der Meinung, das Beben sei sehr unwahrscheinlich; Sie und Kadett Danthorpe waren der gleichen Meinung, nur nicht Kadett Eskow. Nein! Er hielt es für wahrscheinlich.« Er sah mich scharf an. »Ich wundere mich darüber, Eden, und Sie tun das auch.«

Ich sagte nichts, aber ich dachte unwillkürlich darüber nach, was und wieviel dieser Lieutenant wußte.

»Eden«, fuhr er fort, »ich werde Sie ins Vertrauen ziehen. Sie kennen doch den Gezeitenvater, den Jesuiten und Seismologen, nicht wahr?«