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Gideon sah es und sagte schnelclass="underline" »Oh, ich weiß, dein Onkel ist seit einiger Zeit in seichtem Wasser. Vielleicht war er viel zu großzügig. Ich weiß nur, daß er etwas mehr ausgab als er einnahm - und das seit langer Zeit, Jim.«

»Und was war gestern, Gideon? Hast du nicht die Spekulationen an der Börse ... Waren da nicht Millionen drinnen?«

Gideon sah düster zu Boden. »Das muß dir dein Onkel selbst beantworten, Jim«, sagte er leise.

Ich wechselte das Thema. Was Gideon sagte, stimmte, und ich kannte ja meinen Onkel. Er war schon immer eher ein Träumer. Manchmal löschten seine Träume alle vernünftigen

Überlegungen aus.

»Ich nehme an, mein Onkel Stewart hat Fehler gemacht«, gab ich zu. »Einer meiner Lehrer an der Akademie behauptete immer, Stewart Eden sei nicht einmal ein Wissenschaftler, obwohl er das Edenit erfunden hatte. Er sagte, ein Wissenschaftler hätte das gar nicht getan, denn er hätte das Newton-sche Gesetz gekannt, daß jede Kraft von einer entgegengesetzten, gleichwertigen Kraft ausgewogen werden müsse. Er hätte sich nicht mit so verrückten Dingen wie dem Edenit abgegeben, das diesem Gesetz nicht zu gehorchen scheint. Ich denke, dieser Lehrer beneidete Onkel Stewart nur, weil er den Mut hatte, auch etwas Unwahrscheinliches zu wagen. Es klappte aber.«

»Ja, das klappte«, pflichtete mir Gideon bei. »Aber dein Onkel hat auch viele Dinge gestützt, die nicht klappten.«

»Und was stützt er jetzt wieder?«

Gideon schüttelte den Kopf. »Weißt du, Jim, ich würde es dir sagen, wenn ich es wüßte.«

Er hob seine breiten Schultern. »Du weißt ja, wie dein Onkel seine Geschäfte erledigt. Seine Bücher führt er im Kopf. Wenn er einen Mann finanziert, will er nie etwas Schriftliches mit Unterschriften. Ein Händedruck genügt für Stewart Eden. Er sagt, wenn ein Mann ehrlich ist, genügt ein Händedruck, und wenn nicht, dann hilft auch der schönste schriftliche Vertrag nicht. Sämtliche Anwälte der Tiefsee können einen Lumpen nicht zum ehrlichen Menschen umkrempeln. Und es gibt viele Dinge, die mir dein Onkel nicht sagt, Jim. Nicht weil er sich ihrer schämen müßte, sondern weil er immer so gelebt hat.

Und das, was er mir sagt, Jim, das kann ich nicht weitersagen. Er rechnet damit, daß ich das niemals tue. Nicht einmal bei dir, Jim.«

Ich entschuldigte mich, denn Gideon hatte recht. Mein Onkel vertraute ihm, und ich hatte kein Recht, Gideon zu drängen, dieses Vertrauen zu mißbrauchen.

Aber meine Gedanken waren nicht von der fröhlichsten Art. Ich dachte an das Lieutenant Tsuya gegebene Versprechen, für das ich den Paß bekommen hatte. Mit einfachen Worten: ich hatte versprochen, ein Spion zu werden.

Der Gedanke, es könnte mein Onkel Stewart sein, den ich ausspionieren mußte, war mir nicht gekommen; auch nicht, daß ich Bob Eskow beschatten sollte. Aber so war es doch.

»Jim, mein Junge!« tönte eine Stimme hinter mir.

Die Tür war aufgegangen, und herein kam mein Onkel Stewart Eden!

10. Das Paket im Zellstoff

Ich war so verblüfft, daß ich gar nichts sagen konnte.

Mein Onkel hatte sich sehr verändert. Seine breiten Schultern waren gebeugt, und er hatte einiges Gewicht verloren. Seine Haut war ungesund gelblich, und sein Gang hatte alle Frische verloren und erschien mir schleppend. Seine blauen Augen blinzelten mich trübe an, als erkenne er mich kaum.

»Onkel Stewart!« rief ich.

Er drückte meine Hand mit verzweifelter Kraft. Dann wandte er sich unsicher dem wackeligen Stuhl hinter dem wackeligen Tisch zu und setzte sich langsam. Dann mußte er sich erst die Nase putzen und die Augen wischen. »Ist was nicht in Ordnung, Jim?« erkundigte er sich besorgt. »Ich dachte, du bist in Bermuda.«

»Da war ich, Onkel Stewart. Wir kamen zu einem Spezialkurs hierher.« Dabei beließ ich es. Die Sicherheitsvorschriften ließen weitere Auskünfte nicht zu. Aber ich hatte das Gefühl, mein Onkel wisse es sowieso. »Und wie geht es dir, Onkel Stewart?« fragte ich schnell.

Er straffte sich. »Mir geht es besser als ich aussehe, Junge. Ich mußte durch ziemlich grobes Wasser, das siehst du ja selbst. Aber das habe ich jetzt hinter mir.«

Ich holte tief Atem. »Das hörte ich, Onkel Stewart. Und ich hörte sogar, du hast letzte Nacht aus dem Beben eine Million Dollar herausgeholt.«

Er sah mich mit ausdruckslosen Augen an. Ich konnte nicht erraten, was er dachte. Dann seufzte er. »Ja, vielleicht hab’ ich das«, meinte er fast gleichgültig. »Es gab einen großen Profit, aber ich bin noch nicht flüssig, Jim.«

Er beugte sich mir entgegen. »Aber was soll’s, über Geld zu reden, Junge? Laß dich anschauen. Du bist ja jetzt ein Mann, Jim. Fast schon ein Offizier.« Leise lachte er und besah sich prüfend den Sitz meiner Uniform. »Ah, Jim. Dein Vater wäre sehr stolz, könnte er dich so sehen.«

Als er sich so zurücklehnte, als seine Augen blitzten, sah er fast wieder gesund aus, so wie in den aufregenden Tagen von Marinia. »Keine Angst, Jim, du und ich, wir beide bekommen das, was wir von dieser Welt wollen! Du wirst Offizier der Tiefsee-Flotte sein, und ich schaffe mir das wieder, was ich verloren habe, Gesundheit und Geld, Jim. Ich bin schon früher immer wieder flott geworden und werde es auch diesmal wieder.«

Nachdenklich schaute er seinen neuen Tresor an.

Gideon hüstelte vorsichtig. »Stewart«, sagte er mit seiner warmen, leisen Stimme, »hast du deine Verabredung vergessen?«

»Verabredung?« Mein Onkel schaute auf seine Uhr. »Was, schon so spät? Jim, ich ...« Plötzlich sah er wieder müde und besorgt aus, und seine Stimme hatte die vorige Wärme und Vitalität verloren. »Jim, mein Junge, ich freue mich, wenn ich mit dir zusammen sein kann, aber im Moment habe ich eine Verpflichtung. Zum Lunch, weißt du. Ich glaube nicht, daß du diesen Mann kennst. Wenn du mich also entschuldigst .«

»Ganz selbstverständlich, Onkel Stewart«, sagte ich und stand auf. »Ich muß jetzt sowieso wieder zurück. Ich rufe dich aber an, sobald ich wieder einen Paß bekommen kann. Dann essen wir zusammen.«

Hier gab es eine Unterbrechung, gerade als ich gehen wollte. Der Lunchpartner meines Onkels kam. Ich kannte ihn. Der Mann war Vater Tide.

Der nette kleine Mann mit dem faltigen Seekorallengesicht redete ununterbrochen auf dem Weg zum Restaurant. »Jim«, sagte er, »Sie sehen aber gut aus.« Er nickte dazu wie ein alter, freundlicher Mönch auf einer alten bayerischen Bierreklame. »Schön! Es ist mir ein Vergnügen, Sie hier zu sehen, ein sehr unerwartetes Vergnügen. Was, Stewart?« Er lachte leise. Es war sein Vorschlag gewesen, zum Lunch mitzukommen, nicht der meines Onkels.

Und dabei hatte ich das bestimmte Gefühl, meinem Onkel wäre es viel lieber, er hätte mich nicht dabei.

An diesem Nachmittag erfuhr ich jedoch nichts. Nicht ein Wort fiel, das mir von einiger Wichtigkeit erschien. Man sprach in erster Linie vom Essen. Fast alles kam aus der See, und zubereitet wurde hier jedes Essen auf orientalische Art, wie es in Krakatau Dome Sitte war. Es schmeckte wundervoll.

Gegen Ende machte Vater Tide eine Bemerkung über seine seismischen Forschungen, und mein Onkel antwortete darauf: »Tut mir leid, Vater. Ich kann nichts mehr zu diesem Projekt beitragen.« Das war alles und zugegebenermaßen nicht viel und vor allem nicht aufschlußreich.

»Stewart, es geht doch nicht nur um das Geld«, erinnerte ihn Vater Tide sanft. »Und die seismische Forschung macht sich erst noch bezahlt. Falls einer weiß, wie Tiefsee-Beben präzise vorherzusagen sind, kann er ein Vermögen damit machen. Das hörte ich wenigstens. Nur so mit der Vorhersage. Oder, wollen wir’s so ausdrücken, auch mit ihrer Erzeugung.«

Der Kaffee in der Tasse meines Onkels schwappte über. Er wischte sich die vom heißen Getränk verbrühten Finger mit der Serviette ab und funkelte Vater Tide wütend an.