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Und da passierte etwas.

Wir kamen zum Straßenausgang und schauten hinaus auf die Radiale Sieben, durch die nun viele Menschen rannten, um Sicherheit zu finden oder nach Hause zu eilen und ihren Besitz zu schützen. Schäden schien es aber keine gegeben zu haben. Lieutenant Tsuya flüsterte mir zu: »Wenn es nur kein weiteres Beben mehr gibt ...«

»Es wird noch weitere sieben geben«, sagte da mein Onkel Stewart laut und deutlich.

»Sieben!« Der Lieutenant wirbelte herum, sein Gesicht war verzerrt. »Dann geben Sie also zu, daß .«

Den Satz konnte er nicht vervollständigen.

Das alte Gebäude zitterte unter den Restspannungen des Bebens. Nicht nur die Innenwände waren brüchig. Ein altes, reich verziertes Gesims über der Tür knackte ein wenig, es gab ein Geräusch wie einen tiefen Seufzer, das Ding hing noch ein bißchen in der Luft - und krachte herunter.

»Spring, Jim!« schrie mir Gideon zu, und ich sprang. Nicht mehr ganz rechtzeitig, denn ich knallte in Harley Danthorpe, dieser in den Lieutenant. Es war ein altes, häßliches Ding, zum Glück für uns nur aus Gips, nicht aus Granit, aus dem zu sein es vorgab. Trotzdem traf es mich noch an der Schulter, so daß ich zusammen mit Harley und dem Lieutenant so etwas wie einen Salto tat. Ich hörte noch ein paar Schreie und ein Getümmel, dann war ich weg.

Als ich wieder da war, hörte ich Lieutenant Tsuya wie einen übergroßen Raben kreischen, weil seine Beine eingeklemmt waren. »Mörder! Verräter! Sie sind davongelaufen! Stewart Eden, dich krieg’ ich noch, und wenn es meine letzte Tat auf Erden ist!«

Gideon und mein Onkel waren in der allgemeinen Verwirrung glatt entkommen.

Als wir endlich den Lieutenant frei hatten und uns mit der Stadtpolizei in Verbindung setzen wollten, waren zu viele kostbare Minuten vergangen. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, da der Bebenalarm noch andauerte. Verrückte Ge-schichten interessierten keinen, besonders dann nicht, wenn ein Flottenoffizier von Konterbande, Atomzündern und künstlichen Beben redete.

Lieutenant Tsuya wandte sich schließlich voll Bitterkeit an mich. »Na, schön, Kadett Eden«, bellte er. »Was haben Sie jetzt noch zur Verteidigung Ihres Onkels zu sagen? Er hat die Flucht ergriffen, und das beweist seine Schuld.«

Was sollte ich darauf antworten?

16. Der Eindringling auf Station K

Krakatau Dome hatte ganz schöne Prügel bezogen, doch die Stadt hatte noch genügend Reserven, um darüber wegzukommen; sie war durchgerüttelt worden, aber mehr nicht.

Endlich schafften wir es, einen Trupp der Tiefsee-Mariner von der Flottenbasis zu veranlassen, sich um die Nuklearzünder in meines Onkels Tresor zu kümmern. Wir selbst eilten zurück zur Station K, um die Auswirkungen des Bebens zu überprüfen.

»Stärke Vier«, stellte Lieutenant Tsuya fest und sah finster drein. »Komisch. Nein, erstaunlich! So weit können wir doch von unserer Vorhersage gar nicht abweichen!«

Lieutenant McKerrow hatte vor Schlafmangel rotgeränderte Augen, denn er hatte die Station K die ganze Zeit über allein gehalten. »Schau doch selbst, Tsuya«, schnappte er. »Ich glaube, wir liegen ziemlich schief mit unserer Vorhersage!«

Aber Lieutenant Tsuya ließ sich so schnell nicht überzeugen. »Hol die Crew von der Geosonde heraus«, bellte er. »Neue Messungen! Instrumente überprüfen, neuen Kartensatz anlegen! Ich will innerhalb von dreißig Minuten eine neue Vorhersage sehen! Ich glaube nämlich nicht, daß dies das von uns vorhergesagte Beben war.«

Schlafen. Ich wollte nur noch schlafen, doch wir hatten jetzt keine Zeit dazu. Lieutenant Tsuya hatte recht, und wir mußten wissen, was jetzt kommen müßte, egal ob wir erschöpft waren oder nicht. Stimmte es, daß die meisten der kürzlichen Beben von Menschen künstlich erzeugt worden waren, so bestand die große Gefahr, daß das von uns vorhergesagte schwere Beben doch noch kommen würde. Das letzte in Stärke Vier war ja nur eine kleine Probe gewesen. Und wenn uns das große traf, machte es nichts aus, ob wir dazu ausgeschlafen waren oder nicht.

Während ich mir die Zahlen der Sonde ansah und sie umrechnete, kam ein Trupp der Tiefesee-Mariner herein. Der kommandierende Captain meldete sich: »Lieutenant Tsuya, wir bringen die Nukleargeräte, die Sie fanden, zur Aufbewahrung hierher. Befehl des Stützpunktkommandanten.«

»Hierher?« wunderte sich der Lieutenant. »Wirklich hierher?« Dann brüllte er: »Schafft sofort die Dinger von hier weg! Glaubt ihr denn, ich hab’ noch nicht genug am Hals, daß ich auch noch ein paar lose Bomben brauchen kann, die hier herumkollern auf meiner Station?«

»Tut mir leid, Lieutenant.« Der Captain schien ein wenig amüsiert zu sein. »Befehl des Kommandanten ... Schließlich«, meinte er versöhnlich, »können Sie doch nicht erwarten, daß er diese Dinger irgendwo in der Kuppel läßt. Sie könnten doch losgehen!«

Wir schauten einander nur an, als etliche Mariner hereinkamen und unter der Last der schweren goldenen Kugeln schwankten.

Selbstverständlich lag mehr als ein Körnchen Wahrheit in dem, was der Captain gesagt hatte. Wir waren tief unten im gewachsenen Fels. Station K wurde vermutlich bei einem schweren Beben sofort und für immer zerstört, wohl aber hauptsächlich ertränkt. Und eine Flut brachte keinen nuklearen Zünder zur Explosion, sehr viel eher schon eine schwere Erschütterung.

Wir setzten unsere Arbeit fort, und als der letzte Mariner mit seiner Last hereinkam, bemerkte ich aus dem Augenwinkel heraus eine Gestalt in schwarzem Talar mit einem Klerikerkragen.

Ich starrte ihn an. »Vater Tide!« schrie ich dann.

»Ja, genau.« Er nickte. »Hallo, Jim. Guten Abend, Lieutenant Tsuya. Sie werden hoffentlich nichts dagegen haben, wenn ich hier so hereinplatze.«

Lieutenant Tsuya sprang auf und schüttelte Vater Tide die Hand, als wolle er sie ihm ausreißen. »Glauben Sie mir, Sir, niemand könnte mir willkommener sein. Verstehen Sie, unsere Vorhersagen .«

»Ich weiß«, unterbrach ihn Vater Tide fast fröhlich. »Natürlich. Ich weiß. Sie haben Stärke Zwölf vorhergesagt, und dann mußten Sie mit Stärke Vier zufrieden sein. Aber Sie bezweifeln, daß dieses Beben jenes war, das Sie vorhergesagt haben, nicht wahr? Und ich denke, Sie haben recht damit. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, helfe ich Ihnen, die Ziffern nachzuprüfen.«

Ich hatte inzwischen meine umgerechneten Zahlen auf die Karte übertragen und Harley Danthorpe hatte seine mikroseismischen Ablesungen vervollständigt. Wir waren für die Arbeit bereit.

Jeder begann zu rechnen - die beiden Lieutenants, Harley Danthorpe, Vater Tide und ich. Schwierig war das nicht, denn jeder von uns kannte das Ergebnis schon im voraus.

Vater Tide war zuerst fertig. Er nickte und wartete.

Dann schaute Lieutenant Tsuya auf. »Ich komme auf Stärke Zehn.«

»Ich habe Stärke Elf bekommen«, meldete sich Harley Danthorpe.

Vater Tide pflichtete ihm bei. »Das heißt also, Gentlemen, wir sind uns darin einig, daß ein schweres Beben noch vor uns liegt, vielleicht in nicht mehr als zwölf bis vierundzwanzig Stunden. Richtig?«

Wir alle nickten.

»Das beweist also, daß das letzte Beben nicht das von Ihnen vorhergesagte war. Und das führt mich zu der Annahme, daß es von Menschen erzeugt wurde, möglicherweise von Stewart Eden und jenen, die mit ihm zusammenarbeiten.«

Lieutenant Tsuya nickte.

Lieutenant McKerrow nickte.

Harley Danthorpe warf mir einen vorsichtigen Seitenblick zu. »So sieht es aus«, sagte er.

Und ich ... Was hätte ich tun oder sagen sollen?

Es war auch nicht nötig, denn in diesem Moment schlug ohne Vorwarnung das zweite Beben zu.