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Aber MOLE war ja noch im Zustand der Erprobung. Da waren tausend Probleme zu lösen, Überlebensprobleme. Allein die Kühlung war, wie Bob noch in Dixon Hall bemerkt hatte, ein sehr ernsthaftes Problem. Dann der Druck. Edenit war sicher ungeheuer wirksam, aber konnte es auch dem Druck der Erdkruste standhalten? Und dann der Schutz vor atomarer Verseuchung. Ich wußte, daß der erste atomisch-ortholytische Bohrer in Nevada das ganze Gebirge verseucht hatte, so daß ein weites Gebiet eingezäunt und für mindestens hundert Jahre aufgegeben werden mußte.

Das waren so viele Probleme, die ich sowieso nicht lösen könnte. Ich versuchte mich also davon abzulenken.

Bob. Ich kannte ihn gut. Er würde es lernen, alles das anzunehmen, was auf ihn zukam. Trotzdem hatte ich das Gefühl, er hänge sich etwas zu sehr in Probleme, die sich vielleicht niemals stellen würden.

Wie wenig ich doch wußte ...

Aber Bob war von uns dreien nicht der Besorgteste. Hinter uns hinkte Harley Danthorpe drein, als sei seine Ausrüstung plötzlich tonnenschwer geworden. Ständig murmelte er etwas vor sich hin, von der Wichtigkeit seines Vaters, von der Würdelosigkeit, noch zehntausend Fuß tiefer hinabgeschickt zu werden.

Der heiße Draht nach drinnen schien abgerissen oder zu heiß zu sein, und er tat mir ehrlich ein bißchen leid.

5. Beben-Vorwarnung!

So tief unten gibt es keinen natürlichen Tag. Seit sich in Urzeiten die Ozeane aufgefüllt hatten, herrschte dort finsterste Nacht. Das Leben in der Tiefe bedurfte keiner Sonne als Uhr. Die Tiefsee-Zeit, die das Flotten-Observatorium auf den Bermudas setzt, ist überall dieselbe.

Um 15.15 Uhr erschien Yeoman Harris in unserem Quartier, um uns zur Station K zu bringen.

In einem Elevator kamen wir bis zum Boden der Kuppel, der noch unter den Docks lag. Aber von hier aus mußten wir noch ein ganzes Stück tiefer. Wir kamen durch die düsteren Lagerräume, schauten in finstere Tunnels mit den Luftleitungen und dem Röhrengewirr, das die ganze Stadt über uns versorgte und hörten das dumpfe Pochen der Pumpen, die aus Millionen von Leitungen das Tropf- und Sickerwasser sammelten, es in ein Abwasserbecken der Stadt leiteten und es dann unter ungeheurem Druck an die Meeresoberfläche beförderten.

»Jetzt haben wir den halben Weg«, bemerkte Yeoman Harris trocken, als wir in einen Tunnel kamen, dessen Bogendach aus schwarzem Basaltgestein bestand. Hier konnte man noch die Bohrstellen erkennen aus der Zeit, da die Kuppel gebaut wurde, um deren Verankerung aufzunehmen. Sehr viel erklärte uns Harris gewiß nicht. Er schien ein großer Schweiger zu sein.

Ein bewaffneter Posten trat uns aus einem metallenen Postenhäuschen entgegen. »Halt!« rief er.

Yeoman Harris zeigte ihm eine Kopie unseres Marschbefehls. Das war keine Höflichkeitsinspektion, auch kein militärischer Drill, das hier war ernst gemeint. Der Posten prüfte jedes Wort nach, und als er den Marschbefehl zurückgab, hatte ich den Eindruck, er habe ihn auswendig gelernt. Hier wurde einiges sehr ernst genommen, soviel war sicher.

»Kommt jetzt weiter«, brummte der schweratmende alte Yeoman und führte uns an dem Posten vorbei zu einem anderen Elevator.

Der hier war für mich eine völlig neue Sache. Eigentlich war er nur ein kleiner, runder Käfig, der in einem kreisrunden Schacht hing. Aber der Schacht war aus lebendem Fels gehauen, und innen schimmerte die Edenit-Beschichtung.

Hier war der Druck wesentlich höher als sonst irgendwo. Hier unten konnte man nicht einmal dem starren Basalt trauen, der die Ozeane der Welt wie eine Tasse umfaßt. Sogar der Basalt könnte einbrechen unter dem gewaltigen Druck von See und Gestein, und deshalb war er mit Edenit beschichtet worden.

Harris schob uns in den Käfig hinein und drückte auf einen Knopf. Der Käfig fiel unter uns weg, hinab in die schimmernde Tiefe; sie schimmerte in allen möglichen und unmöglichen Farbschattierungen je nach dem Druck, dem der Schacht ausgesetzt war. Für mich war das ein beruhigender Anblick, denn mit Edenit war ich ja aufgewachsen, und die Geschichte dieses Materials war so etwas wie eine Familiengeschichte. Aber Harley Danthorpe war kalkweiß. Und Bob wandte sein Gesicht ab.

Ein paar Minuten später verließen wir den Käfig in zehntausend Fuß Tiefe unter dem Meeresboden. Über uns befanden sich nahezu zwei Meilen soliden Gesteins, darüber die Masse des Krakatau Dome, eine ganze Stadt mit Menschen, Industrie, der Flottenbasis und den wuchtigen Säulen des Börsengebäudes, und darüber dann noch einmal drei ganze Meilen Ozean.

Wir kamen durch eine Edenitschleuse in einen Bogentunnel. Hier gab es kein Edenit. Vielleicht war auch nur dieser Schacht so gefährdet, denn hier war nur die rauhe Oberfläche des Druckbetons, der vor Feuchtigkeit glänzte. Zehntausend Fuß unter dem nächsten freien Wasser, und doch hingen überall die Wassertropfen, die von dem ungeheuren Druck durchgepreßt wurden. Während wir zusahen, wurden diese Tropfen langsam größer, daraus entstanden winzige Rinnsale, die sich dann in den kleinen Gullys verloren, die an den Wänden in den Basaltboden geschnitten waren.

»Hier unten gibt’s kein Edenit«, erklärte Yeoman Harris brummig. »Geht nicht. Wenn wir in den MOLEs hinausgehen, kämen wir nicht durch.«

Wortlos schauten wir einander an. Was sollten wir auch sagen?

Von den isotopischen Troyonröhren ergoß sich weißes Licht über uns. Wir standen in einer kleinen Gruft von einem Büro, salutierten und meldeten uns bei Lieutenant Tsuya, unserem neuen kommandierenden Offizier, unserem unmittelbaren Vorgesetzten.

»Danthorpe«, sagte er fröhlich. »Eskow. Eden.« Er schüttelte einem nach dem anderen die Hand. Er war mager und jung und sah sehr lebendig und recht energisch drein. »Freut mich, Sie zu sehen, Eden.« Und wie heftig er mir die Hand schüttelte! »Ich weiß eine Menge über Ihren Onkel. Guter Mann. Achten Sie nicht auf das Geschwätz mancher Leute. Die sind nur eifersüchtig.«

»Vielen Dank«, antwortete ich, doch das war es eigentlich nicht gewesen, was ich hören wollte. Dann waren also die Gerüchte über Onkel Stewart schon bis hierher durchgedrungen!

Nun wandte er sich an uns alle. »Gut, Sie alle hier zu haben. Setzen Sie sich doch. Wir fangen gleich mitten drin an.«

Wir setzten uns. Es war kalt hier. Trotz des weißen Lichtes schien es recht düster zu sein; das kam von den schwarzen, feuchten Wänden und schon allein von dem Bewußtsein, daß Meilen von Fels und Wasser über uns waren.

Lieutenant Tsuya lachte, als errate er unsere Gedanken. »Sie wundern sich wohl, weshalb es hier nicht heiß ist.«

Ich nickte. Er hatte recht. Ich war der Meinung gewesen, so tief in der Erde hätte die Temperatur um einige Grade höher sein müssen, nicht niedriger. Mich fröstelte hier.

»Das ist zum Teil eine Sache der Psychologie«, erklärte Lieutenant Tsuya. Dazu lachte er über sein ganzes rundes Kürbisgesicht. »Teils kommt das Wasser hier, teils daher, daß wir aus diesem Fels einen Kaninchenbau gemacht haben. Aber keine Angst. Es wird warm genug sein, wenn ihr erst einmal die Geosonden einsetzen müßt.«

»Geosonden ...« Danthorpe schluckte. »Lieutenant, ich möchte sofort um einen Urlaub von vierundzwanzig Stunden bitten, damit ich meine Familie besuchen kann. Mein Dad«, fügte er stolz hinzu, »ist Mr. Benford Danthorpe, ein sehr wichtiger .«

»Weiß ich«, unterbrach ihn der Lieutenant, und sein Lächeln schwand. »Hier gibt es jedoch keinen Urlaub. Oder so schnell wenigstens nicht. In den nächsten zwei Wochen seid ihr alle drei täglich sechzehn Stunden beschäftigt. Keiner wird auch nur eine Minute Freizeit haben. In vierundzwanzig Stunden gibt es nur acht Stunden Freizeit, die ausschließlich zum Schlafen benützt werden. Alles andere ist Dienst. Und den Schlaf braucht ihr.«