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«Jetzt kannst du gehen und die Eckpflöcke stecken«, sagte Kurz.»Dort, wo ich vorhin Eis zum Kaffee holte, hab' ich Kies gesehen, und jetzt werde ich mal — nur so zum Spaß — etwas Wasser machen und eine Pfanne von dem Kies auswaschen.«

Kid entfernte sich mit der Axt in der Hand, um die Pfähle zu stecken. Er begann seinen Rundgang von dem Pfahl von Nummer siebenundzwanzig unterhalb des Flusses und ging dann im rechten Winkel durch das kleine Tal bis zu dessen Rand. Er tat es methodisch, fast automatisch, denn sein Gehirn beschäftigte sich mit Erinnerungen an den vorhergehenden Abend. Er hatte irgendwie das Gefühl, die Herrschaft über die feinen Linien und festen Muskeln dieser Füße und Fesseln errungen zu haben, die er mit Schnee gerieben hatte, und ihm schien, daß diese Herrschaft sich auf die ganze Frau erstreckte. Unklar und doch heftig quälte ihn das Gefühl, daß ihm dies alles gehörte. Es kam ihm vor, als brauchte er nur zu Joy Gastell zu gehen, ihre Hände zu nehmen und ihr zu sagen:»Komm.«

Als er in diesem Zustand herumging, machte er eine Entdeckung, die ihn die Herrschaft über die weißen Füße einer Frau gründlich vergessen ließ. Am Rande des Tales steckte er keinen Eckpfahl ab. Er kam überhaupt gar nicht bis zum Rand des Tales, sondern sah sich statt dessen einem andern Bach gegenüber. Er merkte sich dort eine Wiese, die schon abgesteckt war, und eine große, leicht zu erkennende Fichte. Dann ging er zu der Stelle am Bach zurück, wo die Pfähle standen. Er folgte dem Bachbett, umging die Ebene in einem hufeisenförmigen Bogen und stellte dabei fest, daß es sich nur um einen einzigen Bach, nicht um zwei Wasserläufe handelte. Dann watete er zweimal von einem Ende des Tales bis zum andern durch den tiefen Schnee — das erste Mal ging er von dem unteren Pfahl im Claim siebenundzwanzig aus, das zweite Mal vom oberen Pfahl in Nummer achtundzwanzig und entdeckte dabei, daß der obere Pfahl dieses Claims unterhalb des unteren im ersten Claim stand. In der grauen Dämmerung des gestrigen Abends, als es schon fast dunkel gewesen war, hatte Kurz beide Claims innerhalb des Hufeisens abgezeichnet.

Kid trottete zu dem kleinen Lager zurück. Kurz hatte soeben das Waschen des Kieses in seiner Pfanne beendet und konnte sich nicht länger halten, als er ihn sah:

«Jetzt haben wir's geschafft!«brüllte er und hielt die Pfanne hoch.»Schau nur her! Eine saubere Portion Gold! Zweihundert Dollar auf den Tisch des Hauses, wenn ich mich nicht irre. Gold hat der Bach also genug schon im Waschkies. Ich habe viele Goldminen in meinem Leben gesehen, aber solche Butter, wie die hier, hatte ich noch nie in der Pfanne.«

Kid warf einen gleichgültigen Blick auf das rohe Gold, goß sich dann eine Tasse Kaffee ein und setzte sich. Joy merkte, daß irgend etwas nicht stimmte, und sah ihn mit fragenden und besorgten Augen an.

Kurz war dagegen tief entrüstet, daß sein Kamerad so gleichgültig schien.

«Warum guckst du nicht her und kommst ganz aus dem Häuschen vor Freude?«fragte er empört.»Wir haben hier ein hübsches kleines Vermögen, wenn du nicht deine edle Nase über Pfannen mit zweihundert Dollar rümpfst.«

Kid nahm einen Schluck Kaffee, bevor er antwortete.»Sag mal, Kurz, warum haben unsere beiden Felder solche Ähnlichkeit mit dem Panamakanal?«

«Was meinst du damit?«

«Nun, die östliche Einfahrt zum Kanal liegt westlich von der westlichen — das ist alles.«

«Red schon weiter«, sagte Kurz.»Ich verstehe den Witz nicht.«

«Um es kurz zu sagen, du hast unsere beiden Felder in einem großen hufeisenförmigen Bogen abgezeichnet…«

Kurz setzte die Pfanne mit dem Gold in den Schnee und stand auf.»Weiter…«, wiederholte er.

«Der obere Pfahl von achtundzwanzig steht zehn Fuß unterhalb dem von siebenundzwanzig.«

«Du meinst, daß wir nichts gekriegt haben, Kid?«

«Schlimmer noch: wir haben zehn Fuß weniger als gar nichts bekommen.«

Kurz lief wie der Blitz zum Ufer hinab. Fünf Minuten später war er schon wieder da. Auf Joys fragenden Blick hin nickte er. Ohne ein Wort zu sagen, ging er zu einem Baumstamm und setzte sich. Dann starrte er in den Schnee vor sich hin.

«Wir können ebensogut das Lager abbrechen und nach Dawson zurückwandern«, sagte Kid und begann die Decken zusammenzulegen.

«Es tut mir leid, Kid«, sagte Joy.»Ich bin ja an allem schuld.«

«Es ist alles gut«, sagte er.»So etwas kann alle Tage passieren, wissen Sie.«

«Es ist meine Schuld, nur meine Schuld«, wiederholte sie hartnäckig.»Aber Papa hat für mich ein Claim beim Finderclaim abgesteckt, wie Sie ja wissen. Ich überlasse Ihnen meinen.«

Er schüttelte den Kopf.

«Kurz?«bat sie.

Kurz schüttelte den Kopf und begann zu lachen. Es war ein ungeheures Gelächter. Das Kichern und Prusten wurde allmählich zu einem Gebrüll, das aus übervollem Herzen kam.»Ich bin nicht etwa hysterisch geworden«, sagte er.»Zuweilen finde ich die ganze Welt so verdammt komisch, und jetzt eben geht es mir so.«

Sein Blick fiel zufällig auf die Pfanne mit dem Gold. Er ging hinüber und gab ihr feierlich einen Fußtritt, daß das ganze Gold in den Schnee flog.

«Es gehört ja nicht uns«, sagte er.»Es gehört dem Idioten, den ich heut nacht fünfhundert Fuß weiter hinaufjagte. Mich ärgert dabei nur, daß es genau vierhundertneunzig Fuß zuviel waren — zu seinen Gunsten! Komm jetzt, Kid! Wir gehen nach Dawson zurück. Und wenn du Lust hast, mich totzuschlagen, kannst du es tun — ich werde keine Hand rühren.«

4

«Komisch, daß du gar nicht spielst«, sagte Kurz eines Abends im "Elch" zu Kid.»Liegt es dir denn gar nicht im Blut?«

«Natürlich«, antwortete Kid.»Aber ich habe auch die Zahlen im Kopf. Ich will was Reelles für mein Geld haben.«

Der ganze große Schankraum um sie her hallte wider von dem Knattern und Rasseln und Rumpeln der zwölf Roulette, an denen pelzgekleidete Männer in Mokassins ihr Glück versuchten. Kid machte eine Handbewegung, die all diese Leute umfaßte.

«Schau sie dir an«, sagte er.»Die nüchternen Zahlen erzählen mir, daß sie heute nacht mehr verlieren als gewinnen werden und daß die meisten von ihnen in diesem Augenblick im Verlust sitzen.«

«Du bist sicher ein guter Rechner«, murmelte Kurz bewundernd.»Und meistens hast du ja auch recht. Aber es gibt auch so etwas wie Tatsachen! Und es ist eine Tatsache, daß es ganze Glückssträhnen geben kann. Es gibt Augenblicke, in denen jeder Idiot, der nur spielt, gewinnen muß. Das weiß ich, denn ich habe selbst Spiele genug mitgemacht und mehr als einmal erlebt, daß die Bank gesprengt wurde. Die einzige Methode, zu gewinnen, ist, ruhig abzuwarten, bis man eine Vorahnung bekommt, daß jetzt die Glückssträhne angesaust kommt, und sie dann bis zum letzten auszunutzen.«

«Das klingt ja sehr einfach«, sagte Kid kritisch,»so einfach, daß ich gar nicht begreifen kann, wie man überhaupt verlieren kann.«

«Der Fehler ist ja eben«, gab Kurz zu,»daß die meisten Leute ihre Vorahnungen mißverstehen. Es ist natürlich hin und wieder auch geschehen, daß ich mich in meinen Vorahnungen geirrt habe. Man muß eben versuchen, es herauszukriegen.«

Kid schüttelte den Kopf.

«Das ist auch nur eine Art Berechnung, Kurz. Die meisten Männer irren sich aber in ihren Ahnungen.«