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«Wenn ein System ein anderes System schlagen könnte, dann gäbe es gar nicht so was wie ein System«, fuhr der Roulettbesitzer fort.»Dann wäre alles möglich… eine Sache könnte gleichzeitig an zwei Stellen sein, oder zwei Sachen könnten an einer Stelle sein, die eigentlich nur für eine Platz hat.«

«Nun gut…«, antwortete Kid überlegen.»Sie haben ja mein Spiel gesehen, und wenn Sie denken, daß es nur eine Glückssträhne ist, dann verstehe ich nicht, warum Sie sich den Kopf darüber zerbrechen.«

«Das ist ja eben das Verfluchte. Wir können nicht anders, als über die Sache nachdenken. Es ist offenbar ein System, das Sie gefunden haben, und doch wissen wir, daß es kein System gibt. Jetzt habe ich Sie fünf Abende lange beobachtet, und alles, was ich herausgekriegt habe, ist, daß Sie einige Nummern vorziehen und daß Sie immer gewinnen. Jetzt haben wir zehn Inhaber uns zusammengetan und wollen Ihnen in aller Freundschaft einen Vorschlag machen. Wir wollen ein Roulett in dem Hinterraum des "Elch" aufstellen, und dann halten wir die Bank gegen Sie, und Sie sprengen unsere Bank. Es wird ganz privatim und vertraulich sein. Nur Sie, Kurz und wir. Was sagen Sie dazu?«

«Ich finde das reichlich umständlich«, antwortete Kid.»Sie können kommen und sehen, wie ich es mache. Ich werde heute abend im Schankraum des "Elch" spielen. Sie können ja dort ebensogut beobachten wie anderswo.«

Als Kid am Abend seinen Platz am Tisch einnahm, hörte der Bankhalter auf zu spielen.»Das Spiel ist geschlossen«, sagte er.»Auftrag des Chefs.«

Die versammelten Spieltischbesitzer ließen sich aber nicht so abweisen. Im Laufe weniger Minuten hatten sie eine Bank auf die Beine gestellt. Jeder schoß tausend Dollar ein, und dann übernahmen sie den Tisch.

«Jetzt versuchen Sie mal die Bank zu sprengen«, sagte Harvey Moran herausfordernd, als der Bankhalter die Kugel auf ihre erste Rundfahrt sandte.

«Räumen Sie mir einen Höchsteinsatz von fünfundzwanzig Dollar ein!«schlug Kid vor.

«Selbstverständlich — nur los!«

Kid setzte sofort fünfundzwanzig Dollar auf Doppelzero und gewann.

Moran wischte sich den Schweiß von der Stirn.

«Immer herein in die gute Stube«, sagte er.»Wir haben zehntausend in die Bank gesteckt.«

Nach anderthalb Stunden gehörten die zehntausend Dollar Kid.

«Die Bank ist gesprengt«, teilte der Bankhalter mit.

«Haben Sie jetzt genug davon?«fragte Kid.

Die Spieltischbesitzer sahen sich an. Sie hatten tatsächlich Respekt bekommen; sie, die wohlgenährten Schützlinge der Gesetze des Zufalls, waren endlich einmal klein geworden. Sie hatten einen Gegner gefunden, der entweder mit diesen Gesetzen in besserer Verbindung stand als sie oder höhere und bisher unbekannte Gesetze angerufen hatte.

«Wir geben es auf!«sagte Moran.»Bist du einverstanden, Burke?«

Der dicke Burke, dem die Spieltische in der Kneipe von M. u. G. gehörten, nickte.

«Das Unmögliche ist Tatsache geworden«, sagte er.»Dieser Kid hat ein richtiges System erfunden. Wenn wir ihn weitermachen lassen, plündert er uns alle aus. Wenn wir überhaupt unsere Tische in Betrieb halten wollen, sehe ich keinen anderen Ausweg, als daß wir die Höchstgrenze der Einsätze auf einen Dollar oder auf zehn Cent oder gar auf einen Cent herabsetzen. Bei den Sätzen kann er an einem Abend nicht viel gewinnen.«

Alle sahen Kid erwartungsvoll an. Er zuckte die Achseln.

«In diesem Falle würde ich eine ganze Bande von Leuten anstellen, um an Ihren Tischen zu spielen. Ich kann ihnen zehn Dollar für vier Stunden zahlen und noch gut dabei verdienen.«

«Dann müssen wir einfach unsere Läden zumachen«, antwortete der dicke Burke.»Wenn Sie nicht…«, er zögerte und ließ seine Augen über die Gesichter seiner Kollegen schweifen, um festzustellen, ob sie mit ihm einig wären,»wenn Sie nicht bereit sein sollten, die Sache von einem rein geschäftlichen Standpunkt aus zu betrachten. Zu welchem Preis wollen Sie Ihr System verkaufen?«

«Für dreißigtausend«, antwortete Kid.»Das macht nur dreitausend Dollar für jeden.«

Sie besprachen seinen Vorschlag miteinander und nickten dann zustimmend.

«Und Sie werden uns Ihr System verraten?«

«Selbstverständlich.«

«Und Sie werden uns versprechen, in Dawson nicht mehr Roulett zu spielen?«

«Fällt mir gar nicht ein«, erklärte Kid bestimmt.»Aber ich will versprechen, nicht mehr nach diesem System zu spielen.«

«Gott bewahre«, rief Moran entsetzt.»Sie haben also noch andere Systeme erfunden?«

«Einen Augenblick«, rief Kurz.»Ich muß mit meinem Partner sprechen. Komm mal, Kid… gehen wir ein bißchen abseits.«

Kid folgte ihm in eine ruhige Ecke der Schankstube, während Hunderte von neugierigen Blicken ihn und Kurz betrachteten.

«Hör mal, Kid…«, flüsterte Kurz mit seiner heiseren Stimme,»vielleicht ist es doch kein Traum. Und in dem Falle würdest du wahnsinnig sein, es so billig zu verkaufen. Du hast die Kerle jetzt da, wo du sie haben wolltest. Es stecken Millionen in dieser Sache. Aber quetsch' sie bis aufs Blut, bis aufs Blut, Kid!«

«Aber wenn es doch nur ein Traum wäre?«fragte Kid freundlich.

«Dann mußt du um des Traumes und des heiligen Michaels willen eine tüchtige Menge Pinke aus den verfluchten Spieltischbesitzern herausquetschen. Was, zum Deibel, hilft dir alles Träumen, wenn du dich nicht zu dem richtigen, wirklichen, todsicheren, endgültigen Schluß durchträumen kannst?«

«Gott sei Dank ist es kein Traum, Kurz.«

«Dann verzeih ich's dir nie, wenn du die Sache für dreißigtausend abgibst.«

«Wenn ich sie für dreißigtausend verkaufen kann, wirst du mir um den Hals fallen, wach werden und feststellen, daß du gar nicht geträumt hast. Es ist nämlich kein Traum, Kurz. In einigen Minuten wirst du entdecken, daß du die ganze Zeit wach gewesen bist. Ich will dir was sägen: Wenn ich es jetzt für dreißigtausend verkaufe, dann tue ich es, weil ich muß.«

Als Kid an den Tisch zurückgekehrt war, teilte er den Spielbesitzern mit, daß er an seinem Angebot festhalte. Sie wollten ihm Anweisungen über je dreitausend Dollar geben.

«Verlange gleich Goldstaub«, riet ihm Kurz.

«Ich möchte bemerken, daß ich den Betrag nur in Goldstaub nehme«, sagte Kid.

Der Besitzer des "Elch", bekam die Anweisungen, und Kid nahm den Goldstaub in Empfang.

«Jetzt will ich gar nicht mehr aufwachen«, kicherte er, als er das Gewicht der einzelnen Beutel nachprüfte.»Alles in allem macht es ungefähr siebzigtausend Dollar. Es ist ein teurer Spaß geworden, jetzt die Augen aufzumachen, aus den Decken zu kriechen und das Frühstück zuzubereiten.«

«Worin besteht nun Ihr System?«fragte der dicke Burke.»Wir haben jetzt bezahlt, und wir wollen es auch haben.«

Kid führte sie an den Tisch zurück.

«Jetzt, meine Herren, müssen Sie ein bißchen Geduld haben. Es ist kein gewöhnliches System. Es kann vielleicht kaum ein gesetzmäßiges System genannt werden, aber sein großer Vorteil liegt darin, daß es Erfolg bringt. Ich hege freilich gewisse Zweifel, aber darauf kommt es ja nicht an. Sie werden selbst sehen. Herr Bankhalter, wollen Sie sich bereit halten! Warten Sie, bitte, ich werde "26" nehmen. Denken Sie, daß ich darauf setze! Halten Sie sich bereit… jetzt!«