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«Laßt mich doch erzählen, wie es zuging«, wandte Kid ein.

«Halt das Maul!«schnauzte ihn der Mann an.»Ich denke, dein Gewehr wird die Geschichte schon verraten.«

Sie untersuchten Kids Gewehr, nahmen die Patronen heraus und zählten sie. Dann untersuchten sie die Mündung und den Verschluß.

«Nur ein Schuß«, entschied der Schwarzbärtige.

Pierre roch an dem Verschluß, während seine Nasenflügel wie bei einem Hirsch zitterten und sich blähten.

«Erst ganz vor kurzem geschossen«, erklärte er.

«Die Kugel ging am Rücken hinein«, sagte Kid.»Er wandte mir das Gesicht zu, als er erschossen wurde. Ihr seht also, daß der Schuß vom andern Ufer gekommen ist.«

Der Schwarzbart überdachte einen Augenblick diesen Einwand. Dann schüttelte er den Kopf.

«Unsinn, damit kommst du nicht durch. Dreh ihn mal mit dem Gesicht gegen das andere Ufer. Siehst du, so hat er gestanden, als du ihn erschossen hast. Einige von euch könnten ja die Fährte untersuchen, ob ihr einige Spuren nach dem andern Ufer finden könnt.«

Sie berichteten gleich darauf, daß der Schnee auf dieser Seite noch völlig unbetreten war. Nicht einmal ein Polarhase hatte sie durchquert. Der Schwarzbärtige beugte sich über den Toten, und als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen kleinen rauhen wollenen Lappen in der Hand. Er untersuchte ihn und fand darin versteckt die Kugel, die durch den Körper gegangen war. Ihre Spitze war flachgedrückt und hatte die Größe eines Halbdollarstückes. Das stumpfe Ende, das in einer stählernen Hülse steckte, war unbeschädigt. Er verglich sie mit einer Patrone aus Kids Gürtel.

«Der Beweis hier genügt, um selbst einen Blinden zu überzeugen, Fremder. Die Kugel hat eine weiche Spitze und eine stählerne Hülse — und deine Kugeln sind von derselben Art. Die Kugel hier ist dreißig, dreißig — deine auch. Die hier stammt von der J.-u.-T.-Waffenfabrik — genau wie deine. Aber jetzt kommst du mit, dann werden wir den Hang hinaufklettern und an Ort und Stelle sehen, wie es vor sich ging.«

«Ich wurde ja selbst aus dem Hinterhalt getroffen«, sagte Kid.»Hier können Sie das Loch in meiner Parka sehen.«

Während der Schwarzbärtige es untersuchte, öffnete einer der Schlittenfahrer das Gewehr des Toten. Allen war klar, daß er nur den Schuß abgegeben hatte. Die leere Patronenhülse steckte noch in der Kammer.

«Ein Jammer, daß der arme Joe dir nicht den Garaus gemacht hat«, erklärte der Schwarzbärtige bitter.»Aber es war immerhin ein ganz feiner Schuß, wenn man das Loch in Betracht zieht, das er selbst bekommen hatte. Also komm mit, du…«

«Untersucht doch erst das andere Ufer«, schlug Kid vor.

«Jetzt hältst du deine Schnauze und kommst mit. Dann mögen die Tatsachen selbst reden.«

Sie verließen die Fährte an der Stelle, wo Kid sie verlassen hatte, und folgten seinen Spuren den Hang hinauf und unter die Bäume.

«Hier er tanzen, um Füße warm halten«, zeigte Louis.»Hier er auf Bauche kriechen. Hier Ellbogen stützen beim Schießen.«

«Und, bei Gott im Himmel, da liegt sogar die leere Hülse, die er gebraucht hat«, stellte der Schwarzbärtige fest.»Jungens, hier ist nur eins zu tun.«

«Erst müßt ihr mich doch fragen, warum ich geschossen habe«, unterbrach ihn Kid.

«Und ich haue dir eins in die Visage, daß dir die Zähne zum Hintern hinausfliegen, wenn du die Fresse nicht hältst. Du hast nur die Fragen zu beantworten, die wir stellen. Also, Jungens, wir sind anständige Leute und gehorchen dem Gesetz, und wir werden diese Sache korrekt behandeln. Wie weit, denkst du, sind wir heute gefahren, Pierre?«

«Zwanzig Meilen, denke ich.«

«Gut, dann errichten wir hier ein Depot von den Ausrüstungen, die wir mitgebracht haben, und schaffen den Kerl da und den armen Joe nach den "Zwei Hütten" zurück. Ich glaube, wir haben genug gesehen, um zu beweisen, daß er aufgehängt zu werden verdient.«

Drei Stunden nach Eintritt der Dunkelheit erreichten der Tote, Kid und seine Wächter die "Zwei Hütten". Bei dem unsicheren Schein der Sterne konnte Kid ein Dutzend neugebauter Hütten erkennen, die sich um eine größere, ältere Hütte auf einer Ebene am Flußufer scharten. Er wurde in die alte Hütte geworfen und sah, daß sie von einem riesigen jungen Mann, dessen Frau und einem blinden Greis bewohnt war. Die Frau, die der Mann Luzy nannte, war selbst groß und stark; war von dem üblichen Typ, den man in den Grenzbezirken trifft. Der Alte war — wie Kid später erfuhr — in seinen jungen Jahren Trapper am Stewart gewesen und erst im vergangenen Winter völlig erblindet. Er erfuhr ferner, daß das Lager bei den "Zwei Hütten" von einem halben Dutzend Männern errichtet worden war, die letzten Herbst in ebenso vielen, mit Proviant belasteten Wrickbooten angekommen waren. Sie hatten den blinden Trapper hier vorgefunden und ihre Hütten um die seine herumgebaut. Später Eingetroffene, die mit Hundegespannen über das Eis gezogen waren, hatten die Bevölkerung verdreifacht. Es gab große Vorräte von Fleisch im Lager, und sie hatten Kies gefunden, den sie jetzt auswuschen, wenn er auch freilich nicht viel Gold enthielt.

Im Laufe von fünf Minuten hatten sich sämtliche Männer der "Zwei Hütten" im Raum versammelt. Kid, der an Händen und Füßen mit Riemen aus Elchhaut gebunden war, lag in einer Ecke, wo ihn keiner beachtete, und sah zu. Er zählte im ganzen achtunddreißig Mann, eine wilde, ungehobelte Bande, Leute von der Grenze der Staaten oder Schlittenfahrer aus dem oberen Kanada. Die Leute, die ihn gefangengenommen hatten, gaben immer wieder die Geschichte zum besten, und jeder von ihnen bildete dabei den Mittelpunkt einer aufgeregten, empörten Gruppe.

Man hörte murmeln, daß man ihn einfach lynchen sollte… warum, zum Teufel, warten? Und einmal wurde ein großer aufgeregter Irländer nur mit Gewalt daran gehindert, sich auf den wehrlosen Gefangenen zu stürzen, um ihn zu prügeln.

Während Kid die Leute zählte, bemerkte er plötzlich ein ihm bekanntes Gesicht. Es war Breck, der Mann, dessen Boot Kid durch die Wasserfälle geführt hatte. Er wunderte sich, daß Breck nicht zu ihm kam und ihn ansprach, ließ sich selbst aber nichts anmerken, daß er ihn erkannt hatte. Als Breck sich dann später umdrehte und ihm heimlich ein Zeichen gab, verstand Kid sein Benehmen.

Der Schwarzbärtige, den die anderen Eli Harding nannten, beendete den Streit, ob man Kid sofort lynchen sollte oder nicht.

«Hört jetzt auf mit dem Unsinn!«brüllte Harding.»Macht keinen Quatsch! Der Mann gehört mir. Ich habe ihn gefangen und hierhergebracht. Glaubt ihr denn, daß ich ihn den langen Weg nur geschleppt habe, um ihn lynchen zu lassen? Keine Rede davon. Das hätten wir ja auch dort machen können. Ich habe ihn mitgebracht, damit wir ein unparteiisches Urteil fällen, und — bei Gott im Himmel — er soll es auch haben. Er ist gut gebunden, so daß er sich nicht dünnemachen kann. Schmeißt ihn bis morgen früh auf ein Bett, dann werden wir Gericht über ihn halten, wie es sich gehört.«

Kid wachte auf, wie er mit gegen die Wand gekehrtem Gesicht auf seinem Bett lag. Ein eisiger Zugwind bohrte sich scharf wie ein Messer von vorn in seine Schulter. Als er hier angebunden wurde, hatte er den Zug nicht gespürt. Da die Luft aber jetzt von draußen mit einem Druck von dreißig Grad Fahrenheit unter Null in die heiße Atmosphäre der Hütte wehte, wurde ihm klar, daß irgend jemand von außen das Moos zwischen den Brettern der Wand ausgezupft hatte. Er schob sich so nahe, wie seine Fesseln es ihm erlaubten, heran und reckte dann den Hals so weit, daß seine Lippen genau die Stelle erreichten, wo der Riß sein mußte.»Wer ist da?«flüsterte er.